Aufführung am 16. 11. 18
Stockholm zu Gast an der Elbe
Die Elbphilharmonie ist nicht nur das neue Wahrzeichen der Hansestadt und seit ihrer Eröffnung im Januar 2017 ein anhaltender Anziehungspunkt für das Publikum aus aller Welt, sondern reizt auch international hochrangige Orchester, in diesem Saal aufzutreten. Am 16. 11. 2018 war das 1967 gegründete Swedish Radio Symphony Orchestra zu Gast – am Pult der englische Dirigent Daniel Harding, der dem Klangkörper seit elf Jahren als Chefdirigent vorsteht.
Für sein Hamburger Debüt hatte das Orchester als Auftakt ein Werk des schwedischen Komponisten Allan Petterson gewählt – das 1973 entstandene Symphonic Movement. Das 15minütige Stück ist geprägt von nordischer Schwermut, wechselt zwischen melodischen Linien und heftigen dramatischen Ausbrüchen. Orchester und Dirigent konnten schon hier mit der differenzierten Auffächerung der melodischen Inseln, rauschhaften Steigerungen und expressiv dissonanten Abschnitten begeistern.
Im Mittelteil des Programms erklang Robert Schumanns Konzert für Violine und Orchester d-Moll WoO23, wofür die international renommierte russische Geigerin Alina Ibragimova als Solistin gewonnen werden konnte. Sie prägte die Wiedergabe mit ihrem herben Spiel von geradezu männlicher Energie, das sogleich im wuchtigen Auftakt des 1. Satzes imponierte. Der lyrische Mittelsatz bot mit zart aufblühenden und innig verträumten Kantilenen freilich einen überraschenden Kontrast. Virtuose, tänzerisch orientierte Läufe bestimmten den lebhaften 3. Satz, nach welchem die Solistin vom Publikum enthusiastisch gefeiert wurde.
Nach der Pause stand Hector Berlioz’ Symphonie dramatique Roméo et Juliette in Auszügen auf dem Programm – ein Werk, welches in seinen Kontrasten die spielerischen Qualitäten des Orchesters bestens herausstellte. In sphärischem Streicherglanz ertönten die wehmütige Klänge von „Roméo seul“, groß rauschte die „Grand Fete chez Capulet“ auf und wurde so tumultös gesteigert, dass das Publikum sogar in Szenenbeifall ausbrach. Atmosphärisch flirrend und duftig delikat war die „Scène d’amour“ ausgebreitet, geheimnisvoll huschte das Scherzo ”La Reine Mab“ vorüber und evozierte eine solche „Sommernachtstraum“-Stimmung, dass man in jedem Moment den Puck vorbeizuhuschen glaubte. Mit den geradezu schmerzhaften Schlägen von „Roméo au tombeau de Juliette“ und der hymnischen „Invocation“ führte Harding das Konzert zum imponierenden Abschluss.
Bernd Hopppe 18.11.2018