Unbeschwerte Operettengaudi
Eigentlich merkwürdig, das Fred Raymonds „Saison in Salzburg“ erst dieses Jahr seine Erstaufführung in Bad Ischl erlebt, gehört es doch lokal verortet und thematisch, wie Benatzkys „In weißen Rössl“ und Falls „Der fidele Bauer“, mit seiner Tourismusparodie und in Salzburg spielend, genau hierher. Vielleicht tut man sich auch mit dem Komponisten Fred Raymond schwer, denn die „Saison“ wurde in Jahr 1938 (ausgerechnet) in Kiel aufgeführt und fand sofort große Verbreitung auf den Operettenspielplänen des Dritten Reiches, die ja durch das Verbot der „jüdischen “ Werke sehr ausgedünnt waren. Raymond war sicherlich ein eher politisch naiver Charakter, wenn er sich kompositorisch auch an den „arisierten“ Hentschke-Operetten beteiligte. Übriggeblieben sind außer der mittlerweile selten gespielten „Saison“, vor allem die ebenfalls unpolitische „Maske in Blau“. Musikalisch darf man bei Raymond keine gediegenen Ensembles erwarten, war er doch eher ein Komponist, der ein absolutes Gespür für gut gemachte Schlager hatte, mit denen er in den Zwanziger Jahren bekannt wurde („Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren“, „Ich steh´mit Ruth gut“, „Ich reiß`mir eine Wimper aus“, „In einer kleinen Konditorei“).
„Saison in Salzburg“ knüpft mit seiner Tourismusthematik, wie bereits erwähnt, direkt an „Das weiße Rössl“ an, vor allem die fröhlichen Nummern klingen noch im Ohr nach: „Salzburger Nockerl“, „Und die Musik spielt dazu“, Wenn der Toni mit der Vroni“ und der Marsch vom „Blauen Enzian“, der ja alle blau macht… Regisseur Gernot Kranner serviert das Stück in bester Operettenmanier mit flotten Dialogen und vielen Tanzeinlagen (Choreographie Rita Sereinig), die von Solisten und dem wie immer unglaublich singenden und tanzenden Chorensemble des Festivals mit enormer Professionalität und erquickender guter Laune dargeboten werden, lediglich fünf Tänzer sind für die schwierigeren Sachen zuständig. Herwig Libowitzkys Bühnenbilder erinnern an sehr naiv gemalte Urlaubspostkarten der Entstehungszeit, wie Alexandra Brandners Kostüme entweder die Zeitmode darstellen oder eben für die Folklore des Werkes zuständig sind. Dazwischen findet das harmlose Unterhaltungsgeplänkel, übrigens 1961 mit Peter Alexander und Waltraud Haas verfilmt, mit ein paar hübsch schrägen Ideen statt. Die Handlung im einzelnen wiederzugeben, na ja da sollten Interessierte halt einen Operettenführer bemühen; es sei lediglich verraten, das es in der Ischler Fassung statt drei glücklichen Paaren im Finale sogar fünf sind.
Eigentlich kann man fast sagen, das das Buffopaar in dieser Operette das erste und wichtige Paar ist: Theresa Grabner und Thomas Zisterer sind „Toni und Vroni“ und gesanglich wie tänzerisch ein Garant für gute Laune, viel authentischer und besser kann man das nicht spielen. Das nächste Paar ist der schräge Schweizer Parfumkreateur Max Liebling, August Schram mit schönem Tenor weist eine liebenswert schrullige Persönlichkeit für diese Rolle auf, dazu das verzogene Reifenfabrikantentöchterchen Erika mit herrlich herbem Charme von Adelheid Brandstetter auf die Bretter gestellt, deren gekonnt gespielter Vater Dahlmann von Paul Schmitzberger quasi ein Wiedergänger des „Rössl-Giesecke“ ist. Alexander Kaimbacher singt den Autorennfahrer Frank Rex mit tenoralem Aplomb, der die Mehlspeisenköchin Steffi aus der Ehelosigkeit erlöst, Monika Rebholz beginnt mit großem Opernsopran mit „Mein Herz war auf Reisen“ ihre Partie. Wenn man einen so grandiosen Buffo wie Roman Martin in einer „Wurz´n“ als Mechaniker F.W.Knopp auf der Bühne hat, muß man die Rolle aufwerten mit Raymonds Schlager „Ich hab das Fräul`n Helen baden seh`n“, dazu macht „Mein Bruder beim Tonfilm die Geräusche“(Max Liebling), die Helen kriegt also den Mechaniker. Schließlich taucht effektvoll Uschi Plautz als Porzellantante Olga, deren „Großpapa von Großmama war Donkosak am Don“war, was in einer übermütigen Tanznummer endet, und schnappt sich den Reifenfabrikanten. Der Chor, die Tänzer, die Solisten alles wirbelt und tanzt durcheinander, so geht Operette mit wenig äußeren, aber viel inneren Mitteln.
Marius Burkert sorgt mit dem Franz Lehàr-Orchester für den passenden , schwungvollen Klang und hat das Tohuwabohu fest im Griff, alles Künstler, die das Metier der leichten Muse lieben, das von manchem Stadt- und Staatstheater so schmählich vernachlässigt wird. Einen Wermutstropfen gibt es jedoch: die Verwendung von Mikroports, am folgenden Abend bei Lehàr „Lustiger Witwe“ zeigt sich, die Unnötigkeit dieses technischen Mittels auf der Ischler Kurhausbühne. Im Gegenteil, es scheint , das die etwas opernhaften Sänger eher Probleme damit haben, außerdem führt es dazu, das die Gesangstexte von Max Wallner und Kurt Feltz nicht gut verständlich sind, schade eigentlich, denn sie sind sehr launig. Letztendlich macht es bei dem fröhlichen Abend keinen allzugroßen Abstrich. Nur für das nächste Mal als Gedanke…
Martin Freitag 18.8.2017
Fotos (c) Foto-Hofer, Bad Ischl