Bad Ischl: „Saison in Salzburg“ / „Die lustige Witwe“

Schmissiges Operettenglück in Bad Ischl mit dem endgültigen Abschied des langjährigen Intendanten Prof. Dr. Michael Lakner

Besuchte Vorstellung der Premiere von „Saison in Salzburg“ am 22. Juli 2017 und „Die Lustige Witwe“, besuchte Vorstellung am 23. Juli 2017 – Premiere am 15.07.2017

Spritzige Aufführungen in Bad Ischl und ein „Neuer“ in der Intendanz

Wieder einmal ein besonderes Jahr für Bad Ischl und hier in erster Linie für das Lehár Festival. Seit Mai diesen Jahres ist Michael Lakner Intendant in Baden bei Wien, hat es sich aber nicht nehmen lassen, zur Premiere von „Saison in Salzburg“ nach Bad Ischl zu kommen und auch bei der Premiere der „Lustigen Witwe“ war er anwesend und wurde ausgiebig geehrt. Für seine fast 14 Jahre in Bad Ischl bekommt er das Kulturehrenzeichen der Stadt Bad Ischl, die Kulturmedaille des Landes Oberösterreich und die Ehrenmitgliedschaft des Lehár Festivals. Die diesjährige Saison ist ja auch noch von ihm bis ins letzte Detail durchgeplant worden, alles trägt noch seine Handschrift. Sein Nachfolger Thomas Enzinger wird es sicherlich nicht leicht haben aus den Fußstapfen zu treten, seine Ansprache vor der Premiere lässt aber darauf hoffen, dass es mit der Operettenseligkeit weitergeht, einige Farbtupfer des Musicals aber sicher dazukommen werden. Wünschen wir ihm alles erdenklich Gute für seinen Start und ein ganz großes Dankeschön an Michael Lakner für die zurückliegenden Jahre und ein herzliches Toi Toi Toi für seine neue umfangreiche Aufgabe in Baden bei Wien. Ich habe die Anwesenheit von Michael Lakner dazu genutzt noch ein Abschiedsinterview mit ihm zu führen, welches an anderer Stelle abgedruckt wird. Lakner hat, wie ich schon einmal ausgeführt habe, Bad Ischl geprägt und es zu einem Vorzeigeoperettenzentrum gemacht. Ein recht großes Stückerl seines Herzens wird immer in Bad Ischl bleiben und er wird hier auch seinen Erstwohnsitz behalten. Servus lieber Michael Lakner und Grüß Gott Thomas Enzinger. Möge die Operette – nicht nur in Bad Ischl – weiter blühen und gedeihen, denn sie erwärmt die Besucher und lässt sie für einige Stunden die Alltagssorgen vergessen – und was kann man schöneres von einer der schönsten Musikformen erwarten.

„Saison in Salzburg“

Die Showoperette „Saison in Salzburg“ erlebt in Bad Ischl ihre Premiere. Diese Revue-Operette ist in den letzten Jahrzehnten vielfach unterschätzt, kaum auf einem Spielplan gestanden. Und das ist schade, eine lustige annehmbare nachvollziehbare Handlung, ein ganzer Reigen wunderschöner eingängiger Melodien, und wenn es noch gesanglich toll dargeboten wird, steht dem Erfolg nichts im Wege. Und bei der heutigen Premiere trifft all das zu. Der Regisseur Gernot Kranner hat die Operette in einer langjährigen Arbeitstour umgeschrieben, neue Personen hinzugefügt, Dialoge geändert, am Ende mehr Brautpaare auf die Bühne gestellt, als ursprünglich vorgesehen und er hat eines erreicht, eine spritzige, keinen Moment langweilige, schmissige und mitreißende Operette auf die Bretter, die die Welt bedeuten gebracht, für ein mitgehendes, starken, fast euphorischen Applaus spendierenden Publikums.

Thomas Zisterer, Theresa Grabner

Zu einer überzeugenden Regiearbeit gehören bunte, frische Kostüme und hier hat Alexandra Brandner eine tolle Leistung abgeliefert. So bunt, abwechslungsreich, farbig und überzeugend ging schon lange keine Operette mehr über die Bühnenbretter. Am Schluss noch ein Auftritt der Goldhaubenfrauen und das Publikum ist nur noch begeistert. Die Choreographie von Rita Sereinig, das einfallsreiche Bühnenbild, mit ganz wenigen Requisiten auf die Bühne gestellt von Herwig Libowitzky und die exzellente Choreinstudierung von Gerald Krammer, sorgen dafür dass alles nicht zusammengestoppselt, sondern wie aus einem Guss wirkt. Man lässt sich unbeschwert mitreißen und erfreut sich an der Leichtigkeit und Schmissigkeit dieser leider viel zu selten gespielten Operette. Auf etwas hätte man jedoch gerne verzichten können, auf die Microports (die in der „Lustigen Witwe“ Gott sei Dank nicht zum Einsatz kommen), die aus meiner Sicht in keinster Weise notwendig gewesen wären und immer etwas störend wirken. Und noch etwas hat störend gewirkt. Vor mir saßen zwei ganze Reihen von Honoratioren, und einige davon haben sich fast ohne Pause während der Aufführung mit ihren Partnerinnen ausgetauscht und unterhalten. Wenn man schon nicht viel von Operette versteht, aber hingehen muss, einmal weil man Ehrenkarten hat und zum anderen weil man gesehen werden will, dann sollte man wenigstens während der Aufführung den Mund halten, das gehört zu den einfachsten Anstandsregeln und ist den zahlenden Operettenliebhabern gegenüber eine Rücksichtslosigkeit. Ich werde so ein Verhalten nie verstehen.

Alexander Kaimbacher, Monika Rebholz

Die Geschichte der Operette ist eigentlich schnell erzählt. Das renommierte Hotel Mirabell bekommt Konkurrenz durch die zu versteigernden Gasthöfe „Salzburger Nockerl“ und „Zum Blauen Enzian“. Wer ist die beste Nockerlköchin, dies zieht sich durch das ganze Stück. Da ist die Liebesgeschichte der Mehlspeisköchin Steffi mit ihrem Rennfahrer Frank Rex sowie der Mehlspeisköchin Vroni mit ihrem Toni, dem ersteigerten Besitzer des „Zum Blauen Enzian“. Da ist die Liaison von Erika Dahlmann, deren Vater eine Autoreifenfabrik hat mit Max Liebig einem Parfümfabrikanten aus der Schweiz. Da ist der raffgierige Wirt des Mirabell, Alois Hintermoser, die Suche nach dem Rezept der besten Nockerl, und das Gspusi von Friedrich Wilhelm Knopp, des Chefmechanikers bei Frank Rex mit Helen, der Kellnerin im „Salzburger Nockerl“. Dies alles zieht sich durch die Geschichte, in die Olga Rex, die Inhaberin der Rex-Autofabrik auch noch klärend eingreift. Und bis alle als Paare auf der Bühne stehen, vergehen etliche Missverständnisse und Irrungen und Wirrungen. Also, etwas durcheinander, aber es macht einfach Spaß, dem allen zu folgen.

Schwungvoll, leidenschaftlich, alles im Griff habend, die Feinheiten der Partie erkennend und herausarbeitend, immer auch auf die Sänger Rücksicht nehmend, lässt der Wiener Marius Burkert temperamentvoll das vorzügliche Franz-Lehár-Orchester frisch und klangvoll aufspielen. Man hat den Eindruck, dass dieser Klangkörper von Jahr zu Jahr immer besser wird. Den Chor und die Tänzer habe ich ja schon gewürdigt, klasse, schwungvoll, überzeugend, eine ausgezeichnete Leistung.

P. Schmitzberger, A. Kaimbacher, A. Schram, A. Brandstetter, R. Martin, Thomas Zisterer

Auch die gesanglichen Leistungen sind an diesem Abend wirklich wie aus einem Guss, es gibt keinen Aus- und keinen Abfall. Man merkt, dass sich hier eine kleine Truppe verschworener Künstler zusammengefunden hat, die sich auch untereinander gut verstehe müssen, denn sonst wäre eine solche homogene Leistung nicht zu erreichen. Es ist sehr schwer, irgendjemand nach vorne zu stellen, alle sind auf ihrem Platz über dem Durchschnitt. Deshalb möchte ich kurz auf jeden der Hauptsolisten eingehen. Als erstes sei Alois Walchshofer in der kleinen Rolle des Alois Hintermoser, Direktor des Hotel Mirabell genannt. Bei ihm geht es mir wie bei einer sehr guten Flasche Wein, je länger sie liegt, desto besser wird sie. Was er aus dieser kleinen Rolle herausholt ist schon toll. Der Bariton, der in Linz geboren wurde, hat ein überragendes spielerisches Potential, dazu kommt ein voller, kräftiger, runder und stimmschöner Bariton, den man gerne mit mehr hören möchte. Als Steffi ist die in Murnau in Deutschland geborene Sopranistin Monika Rebholz zu hören. Sie legt die Partie etwas dramatisch, opernhaft an, dies kann aber auch ein Regieeinfall sein. Ihr schöner, durchschlagskräftiger und höhensicherer Sopran überzeugt jedoch in allen Bereichen. Ihr schwärmerischer Anschmachter ist als Autorennfahrer Frank Rex der in Villach geborene Tenor Alexander Kaimbacher. Sein gutsitzender höhensicherer Tenor ist jeder Situation gewachsen, mit robuster, kräftiger, aber auch stimmschöner Höhe weiß er das Publikum und auch Steffi zu überzeugen.

Roman Martin, Uschi Plautz, Alexander Kaimbacher

Die Mehlspeisköchin Vroni Staudinger wird von der jungen Salzburger Sopranistin Theresa Grabner verkörpert. Überzeugend und locker spielend, kann sie auch einen leichten, leuchtenden und warmen Sopran vorweisen, mit dem sie ihren Toni umgarnt. Schwungvoll wird sie gesanglich und darstellerisch mit zum Dreh- und Angelpunkt der Operette. Ihr ebenbürtiger Partner ist der lyrische Bariton, von seiner Stimmlage aber fast schon ein Tenorbuffo, der aus dem Zillertal stammende Thomas Zisterer. Er ist in Bad Ischl kein Unbekannter und ebenso wie Theresa Grabner ein eindeutiger Publikumsliebling. Sein ausdrucksstarker, kräftiger, beweglicher, stimmschöner und hoher Bariton wickelt das Publikum nur so um den Finger, ebenso wie sein frisches, unverkrampftes Spiel. Man hat richtig Spaß daran der Vroni und dem Toni zu lauschen. Die Tochter des Autoreifeninhabers Erika Dahlmann wird von der Linzer Sopranistin Adelheid Brandstetter verkörpert. Sie, die schon länger auf den Theaterbrettern steht, hat im kleinsten Finger eine Musikalität, die seinesgleichen sucht. Ihr voller, stimmschöner Sopran weiß in jedem Moment zu überzeugen, ihr Spiel ist ohne Fehl und Tadel. Ihr, sie bis zur Raserei begehrende Parfümfabrikant aus der Schweiz, ist der in Luzern in der Schweiz geborene Tenor August Schram. Seine Darstellung des liebestollen Schweizers sorgt im Publikum immer wieder für große Heiterkeit und Gelächter, er legt sich so richtig in die Rolle hinein. Mit seinem schönen, vollen und kräftigem Tenor kann er ebenfalls überzeugen, versprüht hierbei eine Menge Glanz und füllt die Rolle bis in die letzte Faser aus. Das letzte Pärchen, Friedrich Wilhelm Knopp, der Chefmechaniker und die Kellnerin Helen sind ebenfalls rollendeckend besetzt. Die junge Irene Peios, die Ihre Wurzeln in Griechenland und in der Schweiz hat, gestaltet die kleine Rolle der Helen mit zartem, schönem leuchtendem Sopran und einem gefälligen Spiel und als Knoop glänzt der Mann für alle Fälle, ein Hansdampf in allen Gassen, der Wiener Tenorbuffo Roman Martin. Er wirbelt nur so auf der Bühne herum, zeigt ein mehr als überzeugendes Spiel und kann auch mit seinem warmen und beweglichen Tenor vollauf überzeugen. Als Olga Rex, die Autofabrikinhaberin kann Uschi Plautz, die in London geborene und in Graz aufgewachsene Schauspielerin und Sängerin das Publikum überzeugen. Sie macht aus ihrem doch kleineren Auftritt eine Paraderolle und kann viel Beifall ernten. Als Christian Dahlmann weiß Paul Schmitzberger zu überzeugen, ebenso wie Giuseppe Preims als Notar Dr. Koller. Insgesamt eine fröhliche, schwungvolle und schmissige Operette, die das Publikum mitreißt und zu langanhaltendem verdientem Beifall führt. Zwei Schlager Raymonds, „Ich hab das Fräulein Helen baden sehn“ und „Mein Bruder macht im Tonfilm die Geräusche“ gliedern sich nahtlos in das Geschehen ein und verstärken den positiven Eindruck noch. So macht Operette Spaß.

„Die Lustige Witwe“

Am nächsten Tag war ich in der ersten Aufführung nach der Premiere von „Die Lustige Witwe“ und es hat wieder einmal großen Spaß gemacht. Die Geschichte von der schwerreichen Hanna Glawari, die von Graf Danilo Danilowitsch nicht geheiratet werden kann, wegen des Standesdünkels und die durch eine kurze und reiche Heirat jetzt ebenbürtig ist, ist doch zu schön. Baron Mirko Zeta fleht den Grafen an die Witwe zu heiraten, um ihre Millionen für das Vaterland, welches an der Pleite entlangschrammt, zu retten, doch er ist viel zu stolz, um dies zu tun. Er will aber alle Verehrer, die die Millionen erringen könnten beiseiteschaffen. Der größte Rivale ist dabei der heimliche Liebhaber von Valencienne, der Gattin von Baron Mirka, Camille de Rosillon. Der Baron deckt die geglaubte Untreue seiner Gattin auf, will sich scheiden lassen und die Witwe heiraten. Sie erklärt, dass dann die Millionen futsch sind und dies ist der Moment, wo ihr Danilo endlich seine Liebe gesteht. Nun ja, das Vermögen erbt laut Testament der neue Ehemann und Baron Mirko liest auf dem Fächer seiner Frau, dass sie eine anständige Frau ist. Alles löst sich in Wohlgefallen auf und alle sind zufrieden.

Reinhard Alessandri, Regina Riel

Die Regie, Choreographie und das Light Design liegen in den Händen von Leonard Prinsloo, einer Ikone von Bad Ischl und er macht seine Sache gewohnt gut, klar und schnörkellos. Mit vielen Tanzelementen versehen erzählt er die wohlbekannte Geschichte mit Geschmack und verständlich. So macht die Operette einfach wieder Spaß. Warum um alles in der Welt aber die Handlung völlig unnötig in die 70er Jahre verlegt ist, hat sich mir nicht ganz erschlossen. Viele Anspielungen, die in das beginnende 20. Jahrhundert gehören, verlieren dadurch ein bisschen ihre Wirkung. Und noch etwas missfällt mir persönlich. Er lässt vor allem den Baron Mirko Zeta wie ein Puppenkasperl herumalbern und sich ständig verrenken, ebenso wie den armen Njegus und hier hat er dem Gaul für mich ein bisschen zu viel Zucker gegeben. Die beiden haben genug schauspielerisches Potential und Talent um auf solche Albernheiten nicht angewiesen zu sein. Dem Publikum jedoch gefällt es, welches sich manchmal fast vor Lachen auf die Schenkel klopft. Dieser Einwand ist aber, zugegebenermaßen, ein etwas beckmesserischer Einwand und es fällt auch nicht so sehr ins Gewicht. Auch das stimmige Bühnenbild und die Kostüme von Monika Biegler wissen zu überzeugen. Die Bühne ist sparsam mit Kulissen belegt, manchmal reichen herabhängende Glitzerstreifen oder ein nur angedeuteter Pavillon aus, um die notwendige Stimmung auf die Bühne zu zaubern. Die Kostüme sind ein Fest für das Auge, sind bunt, freundlich, farbenreich und vielfältig. Man kann sich richtig daran ergötzen.

Das ausgezeichnet aufgelegte Franz-Lehár-Orchester, welches schon am Vortag eine exzellente Leistung bot, ist erneut spritzig, feurig, einfühlsam. Dies liegt zu einem großen Teil natürlich auch an László Gyükér. Er formt und fordert seine Musiker, er lässt die herrliche Musik von Franz Lehár aufblühen und strömen, er umschmeichelt zurückhaltend seine Sänger, die dadurch noch mehr zur Geltung kommen und er ist für mich einer der kompetentesten Operettendirigenten, die wir momentan haben und er kann wieder einmal einen großen Abend bzw. Nachmittag mit seinen Musikern verbuchen. Dem schließt sich auch der ebenfalls äußerst gut eingestellte Chor des Lehár Festivals Bad Ischl an, immer präsent, immer auf dem Punkt da, präzise einstudiert von Gerald Krammer.

Verena Barth-Jurca

Nun aber zu den Sängern der Aufführung und da gibt es ebenfalls nur Gutes zu berichten. Kein Ausfall, bis in die kleinsten Wurzenrollen rollendeckend besetzt, es macht einfach Spaß dem gut gelaunten Ensemble zu lauschen. Und auch heute steht eine Mannschaft auf der Bühne, bei welcher man den Eindruck hat, dass jeder für jeden da ist und die Spiel- und Sangesfreude vermittelt sich unmittelbar dem begeistert mitgehenden Publikum. Als Hanna Glawari trumpft die unumstrittene Operettendiva von Bad Ischl, Regina Riel mächtig auf. Nun ist sie bereits zum vierten Mal in Folge in Bad Ischl und sie ist einfach die Primadonna Assoluta. Die niederösterreichische Ausnahmesopranistin wartet mit zarten Spitzentönen, feurigen Ausbrüchen auf und ihr warmer, voller, ausdrucksstarker Sopran weiß einfach nur in jedem Moment zu überzeugen. Einer von vielen Höhepunkten ist ihr Vilja-Lied, welches sie mit Bravour bewältigt. Sie baut es richtig auf, lässt die Töne in den schönsten Farben erblühen, bis sie mit einem fulminanten Schlusston das Publikum zu wahren Beifallsstürmen hinreißt. Auch darstellerisch ist sie mit jedem Jahr besser geworden, ihr lebendiges überzeugendes Spiel erfreut das anwesende Publikum. Und natürlich ihren kongenialen Partner als Graf Danilo Danilowitsch, den in Bad Ischl wohlbekannten österreichischen Tenor Reinhard Alessandri. Durchschlagskräftig, mit leuchtender, bombenfester und strahlender Höhe versehen, zeichnet er das Bild des charmanten Schwerenöters, der in den Grisetten seinen Lebensinhalt hat bis, ja bis die Liebe zu Hanna wieder erwacht. Stimmlich und optisch ist er eine Idealbesetzung des leidenschaftlichen Lebemanns, dem der Champagner besser schmeckt wie die Arbeit. Als Valencienne, die treue-untreue Frau des Baron Zeta ist Verena Barth-Jurca, eine junge in Sibin in Rumänien geborene, aber in Nürnberg aufgewachsene Idealbesetzung. Stimmlich mit zartem, dennoch durchschlagskräftigem, schönem und silbrigem Sopran versehen, bringt sie mit frivolem und aufreizendem Spiel den Puls vieler im Publikum sitzender Herren zum schnelleren Schlagen. So mancher möchte da an Stelle des Camille de Rosillon sein, der von dem in Wien geborenen Tenor Clemens Kerschbaumer verkörpert wird. Und er holt aus der relativ schweren Partie das äußerste heraus. Sein strahlender, jede Höhe mühelos meisternder mit metallischem Timbre versehener Tenor bringt nicht nur Valencienne zum Schmelzen. Ein klangvoller, stimmschöner, nie ermüdender, leicht ansprechender und mit mühelosen Höhen versehener Tenor, wie ich ihn schon lange nicht gehört habe. Zwei Paare auf der Bühne, die sich in nichts nachstehen, ein Glücksfall für Bad Ischl und ein Glücksfall für das begeisterte Publikum.

Robert Herzl, Reinhard Alessandri, Steven Scheschareg

Als Baron Mirko Zeta weiß der in Brooklyn/New York geborene Sohn österreichischer Eltern, Steven Scheschareg zu überzeugen. Sein warmer und voller Bariton meistert alle Passagen mühelos und darstellerisch weiß er mehr als zu überzeugen. Eine über dem Durchschnitt liegende Leistung. Als Militärattaché Njegus hat Robert Herzl die Lacher des Publikums und auch deren Zuneigung auf seiner Seite. Und so kalauert er sich mit Bravour durch seine Rolle. Der hervorragende Tenorbuffo Roman Martin als Roul de St. Brioche macht das Beste aus seiner kleinen Rolle. Er, der schon am Vortag auf der Bühne gestanden war, ist als geborener Wiener hier in seinem Element, darstellerisch macht er aus der kleinen Rolle das Optimale. Ebenso wie der Wiener Tenor und Schauspieler Wolfgang Gerold als Vicomte Cascade. Die hervorragende Darsteller- und Sängerriege ergänzen ohne Fehl und Tadel Giuseppe Preims als Gesandtschaftsrat Kromov und Dorli Buchinger als seine Frau Olga, ebenso wie Valentin Trandafir als Oberst in Pension Pristschitsch.

Verena Barth-Jurca, Regina Riel, Reinhard Alessandri, Robert Herzl

Auch diese beiden Aufführungen haben wieder einmal gezeigt, dass das eigentliche Mekka der Operette in Bad Ischl liegt und wenn sie so vollendet dargeboten wird, wird auch das Publikum weiterhin in die Vorstellungen strömen. Der Aufenthalt in Bad Ischl hat einfach Spaß gemacht. Michael Lakner alles erdenklich Gute in Baden und möge er dies auch zu neuen Höhen bringen und ein ganz herzliches Toi Toi Toi dem Regisseur, Autor und Schauspieler Thomas Einzinger, dem neuen Intendanten von Bad Ischl, der im nächsten Jahr hoffentlich für Überraschungen sorgt.

Manfred Drescher 27.07.17

Bilder www.fotohofer.at, Bad Ischl