Premiere 19.11.2018
Eigentlich hätte man diese Aufführung absagen müssen: Gleich mit drei kurzfristigen Krankheitsfällen musste das Theater fertigwerden, und das ausgerechnet bei den drei Hauptrollen. Wie es das Freiburger Theater geschafft hat, so schnell Ersatz zu finden, bleibt sein Geheimnis. Ein Wunder auch, wie dieser chaotische Abend doch noch irgendwie über die Bühne ging. Allein dafür gebührt Respekt, denn offensichtlich blieb keine Zeit, um Bewegungen, Gesten und Dialoge richtig einzustudieren.
Schon im ersten Akt stehen sich also mit Eisenstein (Peter Bording für den erkrankten Roberto Gionfriddo), Rosalinde (Katharina Persicke für die erkrankte Solen Mainguené) und Adele (Katharina Ruckgaber für die erkrankte Samantha Gaul) drei Personen gegenüber, die so nicht geplant waren (immerhin spielen aber die beiden Damen ihre Rollen gerade in Darmstadt). Katharina Ruckgaber meistert ihre Rolle am besten, ihr sieht und hört man das Einspringen nicht an, Peter Bording macht seine Sache ganz gut, Katharina Persicke übertreibt es mit ihren dramatischen Gesten etwas, vermutlich der Darmstädter Inszenierung geschuldet. Für beinahe Stehgreif-Theater agieren und singen diese drei aber ausgezeichnet.
Was mehr Sorgen machen sollte, ist die Tatsache, dass sich das Miteinander der „Stammspieler“ in ihrem Chaos nicht wesentlich von den „Einwechselspielern“ unterscheidet. So ist Joshua Kohl als Alfred zwar gut bei Stimme, weiss aber oft nicht, wo er stehen und gehen soll und nervt durch sein ständig lasziv kreisendes Becken. Junbum Lee als Advokat Blind hat extreme Abstimmungsschwierigkeiten mit dem Dirigenten und steht grundsätzlich am falschen Ort. Juan Orozco als Gefängnisdirektor Frank fühlt sich im komischen Fach offensichtlich unwohl. Michael Borth als Dr. Falke bleibt trotz schöner Stimme blass.Die arme Angela Falkenhan als Fröschin muss – die Gedanken sind frei pfeifend – mit umgeschnalltem Bauch durch die Bühnendekoration stolpern, dass man vom Zusehen schon ganz blau anläuft.
Nichts gegen weibliche Frösche – aber lustig ist anders. Juliane Stolzenbach Ramos muss sich als Ida einen Penisschutz umbinden lassen. Und der androgyne Prinz Orlowsky alias Inga Schäfer muss in High Heels zu Technobeats abtanzen. Das völlig verunglückte Bühnenbild (Michel Schaltenbrand) tut Übriges: Das biedere Wohnzimmer der Eisensteins wird nur halb weggedreht, sodass man eigentlich nur eine Wand von Orlowskys Schloss sieht, dementsprechend ärmlich sieht es auf dem prunkvollen Ball aus. Die Groteskheit der Kostüme (Gwendolyn Jenkins), irgendwo zwischen Variété-Groteske und 80ern, stehen im krassen Gegensatz zu der gähnenden Langweile, die sich auf dieser Party ausbreitet. So hölzern wie Beate Baron inszeniert hat der Prinz wahrlich nichts zu lachen.
Dem fast klinischen Dirigat von Gerhard Marksonist sämtlicher Wiener Charme abhandengekommen, zugegebenermassen hatte er an dem Abend aber genügend damit zu tun, einigermassen die Übersicht zu behalten.
Die Fledermaus mit ihren eingängigen Schlagerarien, dem herrlichen Text, der komödiantischen Leichtigkeit, verleitet dazu, sie nicht ganz ernstzunehmen. Eine Krankheit übrigens, an der die meisten Operetteninszenierungen leiden. Dass hier ziemlich komplexe Musik mit schwierigen Tempowechseln vorliegt, dass hier jeder Satz, jede Geste und jeder Stolperer sitzen muss, verlangt aber von den Protagonisten mehr ab, als gar manche Oper. Hier wurde die Komplexität völlig unterschätzt. Ausserdem spürt man bei jedem Ton die Furcht der Regisseurin ins Schenkelklopferische, Derbe, Urkomische abzugleiten. Herauskam ein langweiliges, träges und zum Teil völlig wirres Nebeneinander.
Der Regisseurin (Beate Baron) soll doch bitte jemand eine Karte für den 31.12. in der Staatsoper spendieren….
Alice Matheson 23.11.2018
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