Festlicher Opernabend am 9. April 2017
Licht und Schatten
Die angekündigte Verdi-Gala mit Leo Nucci stand zunächst unter keinem guten Stern. Anfang dieses Jahres sagte Nucci für April ab, da er seinen 75. Geburtstag feiern wolle. Ersatz wurde bald in George Petean und Fabio Sartori gefunden, der allerdings ebenfalls nun 3 Tage vor der Gala absagte. Da sprang kurzfristig Giuseppe Gipali ein, ein von Placido Domingos gegründeter „Operalia“ im Jahr 2003 mit dem 2. Preis ausgezeichneter, albanischer Tenor, der seitdem an vielen internationalen Opernhäusern bereits auch größere Partien des italienischen Fachs gesungen hat oder in den nächsten Monaten singen wird, wie z.B. den Duca („Rigoletto“ in München), Alfredo („Traviata“ in Neapel) oder Riccardo („Ballo“ in Peking). Umso weniger ist zu verstehen, warum man ihn offenbar in ein vorgegebenes Programm gezwungen hat, so dass er die kleine Kavatine des Oronte aus „I Lombardi“ noch aus Noten singen musste. Mit seiner gut durchgebildeten, aber nicht sehr großen Stimme ohne Strahlkraft schlug er sich achtbar und steigerte sich im Laufe des Abends hörbar: Nach einem äußerst verhaltenen „Oh figli miei… Ala paterna mano“ (Macduff, „Macbeth“) mit teils unsicherem Stimmansatz und engen Höhen klang sein „O inferno … Cielo Pietoso, rendila“ (Gabriele, „Simon Boccanegra“) in der Mittellage schon sehr viel besser. Nach der in sich runden Oronte-Kavatine „La mia letizia infondere“ fand er mit „Io l’ho perduta“ (Carlo, „Don Carlo“) schließlich auch zu freieren Spitzentönen. Fehlende Ausstrahlung lässt sich bei einem Konzert leider nicht durch Kostüm oder Regie verbrämen.
Ganz anders war das bei George Petean, der mit ungeheurer Bühnenpräsenz und mächtigem Bariton sogar mit Spitzentönen in Tenorlage aufwartete. Schon bei seinem ersten Auftritt mit „Perfidi … Pietá, rispetto amore“ („Macbeth“) überzeugte er mit bester Legato-Kultur, breiter Ausdruckspalette und einem wunderbar tragfähigen piano bis pianissimo. Er lebte in seiner jeweiligen Rolle, und das übertrug sich auf das Publikum, das sofort begeistert mitging. Mit „Tregua è cogl’Unni … Dagl’immortali vertici … È gettata la mia sorte“ (Ezio, „Attila“) präsentierte er das Rezitativ prägnant mit klarer Diktion, intonierte die Arie eindringlich und krönte die Cabaletta wieder mit einem Spitzenton. Den Zorn und die innere Zerrissenheit von Renato („Un ballo in maschera“) brachte Petean in „Alzati! … Eri tu che macchiavi quell’anima“ (sicheres Cello-Solo!) mit seinem unglaublichen Charisma gekonnt zur Geltung. Jagos „Credo“ aus „Otello“ gestaltete er faszinierend und zeigte dabei nochmals alle Facetten seiner hohen Gesangskultur.
Den Schlusspunkt setzte das Duett Carlo/Posa, in dem sich die Stimmen der beiden Protagonisten gut verbanden; bei den Ausschnitten aus „Don Carlo“ ergänzte vom Rang aus
Daniel Eggert mit profundem Bass als Mönch.
Geleitet wurde der Abend vom agilen, auch gerne mal mitsingenden Ivan Repusic am Pult des frisch aufspielenden Niedersächsischen Staatsorchesters Hannover; schon mit der Ouvertüre zu „La forza del destino“ setzte er deutliche Akzente, ließ schwungvoll und differenziert musizieren, so dass sich Verdis Melodien auch bei den Ouvertüren zu „Luisa Miller“ (mit hervorragendem Klarinetten-Solo!), zu „I vespri siciliani“ und in der eigentlich nie zu hörenden Ballettmusik aus „Otello“ eingängig entfalteten. In der Sängerbegleitung hätte er noch ein wenig mehr auf die unterschiedlichen Möglichkeiten der beiden Solisten eingehen können.
Das Publikum des nur mäßig besetzten Opernhauses applaudierte begeistert mit vielen Bravi, so dass die Künstler noch einige Zugaben boten: Giuseppe Gipali gefiel nun als Riccardo („Ma se m’è forza perditi“), George Petean als ungemein intensiver „Rigoletto“ mit “Cortigiani, vil razza damnata“; als Finale wiederholten die Gast-Stars das Duett Carlo/Posa.
Marion Eckels 10. April 2017
Bilder (c) Petean / Agentur