Unter dem faszinierenden Motto „Brahms contra Bruckner“ präsentierte das Frankfurter Opern- und Museumsorchester am 22. Januar 2024 in der Alten Oper Frankfurt ein Konzert, das die künstlerische Auseinandersetzung zwischen Johannes Brahms und Anton Bruckner auf höchstem Niveau demonstrierte. Marek Janowski, der weltbekannte Dirigent und große Experte für die Werke von Brahms und Bruckner, übernahm erstmals die Leitung des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters. Janowski, 1939 in Warschau geboren, hat sich durch seine lebenslange Hingabe und tiefgreifende Kenntnis der musikalischen Schätze dieser beiden Komponisten einen bemerkenswerten Ruf erworben. Seine dirigentische Meisterschaft erstreckt sich über Jahrzehnte, und seine Interpretationen zeichnen sich durch eine unvergleichliche Transparenz und Sensibilität aus. Insbesondere sein tiefes Verständnis für die sinfonischen Werke Bruckners macht ihn zu einem wahren Meister auf diesem anspruchsvollen Terrain. Der Solist des Abends, Daniel Lozakovich, 2001 in Stockholm geboren, begann seine Karriere früh und gewann bereits in jungen Jahren mehrere internationale Preise. Sein Spiel vereint Virtuosität mit einer tiefen emotionalen Resonanz, was ihn zu einem der vielversprechendsten Geiger seiner Generation macht.
Johannes Brahms‘ Violinkonzert in D-Dur, Op. 77, gilt als eines der bedeutendsten Werke im Repertoire für Violine und Orchester. Daniel Lozakovich entpuppte sich als besonders versierter Geiger. Mit technischer Souveränität und deutlicher Empfindung präsentierte er Johannes Brahms‘ Violinkonzert. Im ersten Satz entfaltete Lozakovich mit dem Orchester ein leidenschaftliches Spiel, das von melodischer Raffinesse und kraftvollen Ausbrüchen geprägt war. Mit sensiblem Ton wurde das erste Thema formuliert und mit feinster Ornamentik ausgeschmückt. Lozakovich spielte herrlich intensiv durch alle Lagen bis in höchste Höhen, während das Orchester mit sonorer Geste erwiderte. Die ausladende Solo-Kadenz hat es in sich. Schwere Läufe und gewaltige Tonsprünge unter fortwährender Verwendung von Doppelgriffen forden jeden Solisten intensiv. Lozakovich bewältigte all dies mit großer Bravour. Das Adagio wurde zu einem Schmelztiegel melancholischer Schönheit, in dem Lozakovich mit seinem warmen Ton und seinen sensiblen Phrasierungen das Publikum in eine andere Sphäre entführte. Diese pastoral anmutenden Minuten der Ruhe werden vor allem durch den genialen Bläsersatz bestimmt, den Brahms hinreißend komponierte. Lozakovich sang geradezu die Lyrismen seiner Solostimme auf seiner kostbaren Stradivari. Welche Herrlichkeit, die da von Janowski und dem in bester Qualität musizierenden Orchester zu hören war! Der tänzerische Schlusssatz präsentierte Lozakovich als Feuerwerk seiner Virtuosität, mit spielerischer Energie und beeindruckender Technik, während er die lebendigen Rhythmen und Themen des Werkes atemberaubend interpretierte. Marek Janowski demonstrierte mit seiner Einstudierung, was ihn zu einem wirklich besonderen und einzigartigen Vertreter seiner Zunft macht. In kürzester Probenzeit gelingt es ihm, so auch hier, ein Orchester weit über sich hinaus wachsen zu lassen. Die Klarheit seiner Partiturauslegung geriet bestechend und sorgte für einen pointierten Vortrag. Bis in jede Nebenstimme war der Orchestersatz aufgefächert und durchsichtig zu vernehmen. Das Orchester schillerte und glänzte in prächtigen Farben. Dazu war Janowski ein reaktionsschneller und vorbildlicher Begleiter seines jungen Solisten. Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester war durch seinen berühmten Gast sicht- und hörbar beflügelt und beschenkte seine begeisterten Zuhörer mit einer Leistung auf höchstem Niveau. Eine großartige Leistung aller Beteiligten, die vom Publikum frenetisch gefeiert wurde. Daniel Lozakovich griff mit seiner überraschenden Zugabe tief in die Zauberkiste der Klänge und spielte eine berückend schöne Variante des Evergreens „Les Feuilles mortes“ von Joseph Kosma. Anton Bruckners Sinfonie Nr. 3 in d-Moll, auch als die „Wagner-Sinfonie“ bekannt, ist eine faszinierende Komposition, die Bruckners Verehrung für Richard Wagner widerspiegelt. Der erste Satz entfaltet sich mit majestätischen Themen und kontrastierenden Motiven. Das feierliche Adagio, der zweite Satz, besticht durch seine lyrische Schönheit. Markante Rhythmen geben dem Scherzo seinen besonderen Charakter. Janowski arbeitete gerade hier die Kontraste messerscharf heraus und kontrastierte mit einem herrlich derb tänzerischen Trio. Das Finale rundet die Sinfonie mit triumphaler Energie ab. Das Eingangsmotiv der Solo-Trompete wird wieder aufgegriffen und in hellstem Licht zur Apotheose gebracht. Janowski, der im kommenden Monat seinen 85. Geburtstag feiern wird, zeigte sich als zeitloser Maestro, dessen unerschütterliche Energie und Hingabe das Orchester zu einer klanglichen Einheit vereinte, die die Zuschauer in Staunen versetzte. Es war schon zutiefst beeindruckend, mit welcher Energie und unerschütterlichen Haltung der hoch konzentrierte Altmeister am Pult diesen Abend prägte. Selten ist das Publikum derart gebannt und leise zu erleben, wie an diesem Abend. Marek Janowski, der sich für die dritte Fassung von 1899 entschied, führte vortrefflich das Frankfurter Opern- und Museumsorchester durch die subtilen Nuancen und monumentalen Strukturen dieses Werkes. Seine interpretatorische Tiefe und das Verständnis für die emotionale Tiefe von Brahms und die gewaltige Architektur von Bruckner schufen eine äußerst beeindruckende Darbietung. Janowski balancierte bestens zwischen den unterschiedlichen Stimmungen und führte das Orchester zu einer imponierenden klanglichen Einheit. Der Klangkörper wirkte auch hier sehr motiviert und erfreute mit einer hinreißenden Darbietung. Die Alte Oper Frankfurt erwies sich als idealer Rahmen für dieses musikalische Spektakel. Die Akustik des Saals ließ die reichhaltigen Klanglandschaften der Werke voll zur Geltung kommen, während das Orchester unter Janowskis souveräner Führung eine perfekte Einheit bildete. Dieses Konzert am 22. Januar 2024 war ein besonderer Abend, der die musikalische Brillanz von Brahms und Bruckner auf höchst eindrucksvolle Weise präsentierte. Die fabelhafte Leistung des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters, dirigiert von Marek Janowski, sowie die virtuose Darbietung von Daniel Lozakovich gaben dem Konzert eine herausragende Qualität. Es war mehr als ein musikalisches Spektakel; es war eine ideale Zusammenführung von Talent, Leidenschaft und Meisterschaft.
Dirk Schauß, 24. Januar 2024
Besuchtes Konzert in der Alten Oper Frankfurt
am 22. Januar 2024
Frankfurter Opern- und Museumsorchester
Daniel Lozakovich, Violine
Marek Janowski, Leitung