Schweinfurt: „Gräfin Mariza“

Aufführung im Theater der Stadt Schweinfurt 25.04.2017, Premiere in Meiningen 24.06.2016

Das Südthüringische Staatstheater Meiningen reißt mit flottem Auftritt die Schweinfurter mit

Am heutigen Nachmittag hat der rührige Theaterdirektor Christian Kreppel erneut ein gutes Händchen gehabt. Mit der „Gräfin Mariza“ holt er ein Erfolgsstück von einer der renommiertesten Bühnen, nämlich Meiningen nach Schweinfurt. Das Südthüringische Staatstheater, in einer Kleinstadt beheimatet, ist seit vielen Jahren Garant für exzellente Aufführungen und für hervorragende Künstler.

Die Geschichte der Gräfin Mariza ist schnell erzählt. Die äußerst wohlhabende Mariza, holt sich, ohne zu wissen, wer er ist, den verarmten Graf Tassilo als Verwalter. Um sich vor aufdringlichen Verehrern zu schützen, erfindet sie einen Verlobten namens Kolomán Zsupán (aus der Operette „Der Zigeunerbaron“). Dieser, der einzig verbliebene aus seinem Geschlecht, erscheint nun bei ihr und das Verwirrspiel beginnt. Tassilo, der mit seiner Arbeit für seine Schwester Lisa die Mitgift erwirtschaften will, denn diese weiß nichts von der Verarmung Ihrer Familie verliebt sich unsterblich in Mariza. Nach einigem Hin und Her bekommt Mariza, die sich ebenfalls in ihren Verwalter verliebt hat, ihren nunmehr wieder reichen Tassilo, seine Tante Fürstin Bozena hatte alles wieder auf die Reihe gebracht und Kolomán Zsupán wird mit Lisa, der Schwester Tassilos glücklich. Dies alles ist eingebettet in die wunderbare feurige, mitreißende und spritzige Musik von Emmerich Kálmán, deren Uraufführung im Jahr 1924 war und die bis heute nichts von ihrem Zauber verloren hat.

Die Inszenierung von Wolfgang Dosch ist äußert „operettendienlich“, er weiß, was er inszeniert. Er ist nicht nur ein leidenschaftlicher Bewunderer und Kenner der Operette, nein, als langjähriger Sänger und auch Schauspieler, weiß er genau, wo der Schuh drückt, wo er etwas mehr Tempo geben muss und wo er es herausnehmen kann. Man merkt ihm bei jedem Detail die Liebe zur Operette an und das vermittelt sich auch in den Zuschauerraum. Auf der Bühne selbst sind verschiedene verzierte Bilderrahmen aufgebaut, in welchen sich ein Großteil des Geschehens abspielt. Dieses, ja sagen wir ruhig einmal verspieltes und gleichzeitig stimmiges Bühnenbild ist von Helge Ullmann gezaubert worden und regt auch die Phantasie der Zuhörer und Zuschauer an. Da passen sich die prächtigen farbigen und der damaligen Zeit entsprechenden Kostüme von Annette Mey an und nahtlos ein. Man schaut dem Geschehen auf der Bühne gerne zu und fühlt sich in die Puszta versetzt. Alles ist mit viel Humor versetzt, nur im 3. Akt gibt man dem Pferd etwas zu viel Zucker. Das Geplänkel zwischen Fürstin Bozena (gut verkörpert von Sylvia Hofmann) und ihrem Diener Penizek (der humorvoll von Lars Kretzer dargestellt wird) ist zu ausgedehnt, mitunter etwas zu albern, auf jeden Fall zu lang und unterbricht den Fluss der Operette doch schon etwas sehr. Hier wäre weniger mehr gewesen, aber dem Publikum gefällt es, sie nehmen jeden Gag auf und saugen ihn wie ein Schwamm ein.

Am Pult der wie immer ausgezeichneten Meininger Hofkap elle steht an diesem Nachmittag Mario Hartmuth. Er bringt das sehr gut aufgelegt Orchester zur Höchstleistung. Und auch hier merkt man wieder, wie sehr die Musiker mitgehen, wie sie selbst mit dem Stück leben. Und Mario Hartmuth hat alles im Griff. Er lässt das Orchester feurig aufspielen und nimmt es aber auch ganz sängerdienlich zurück. Mit straffer Hand, schwungvoll und voller Elan lässt er es aufblühen und reißt damit das Publikum mit. Alles würde aber nicht so ineinandergreifen, wenn nicht auch die Gesangssolisten Ihren Teil dazu beitragen würden. Und das ist an diesem Nachmittag – wie von Meiningen gewohnt – wieder ein weiterer Aktivposten der Aufführung.

Bild 2 : Carolina Krogius, Ballett Eisenach, Johannes Hupach (Geiger)

Als Mariza ist am heutigen Nachmittag die aus Garmisch-Partenkirchen stammende Sonja Freitag dabei. Und sie ist eine hervorragende Mariza. Ihr beweglicher warmer Sopran blüht richtig auf, die Höhen bereiten ihr keinerlei Schwierigkeiten und auch vom darstellerischen kann sie punkten. Man kann verstehen, warum sich Graf Tassilo in diese Gräfin verliebt, nein verlieben muss. Ondrej Saling, ein junger aus der Slowakei stammende Tenor macht eine sehr gute Figur. Am Anfang noch etwas zurückhaltend, steigert er sich ständig. Sein klarer hoher und präzise geführter Tenor beeindruckt und sicher wird man von ihm noch mehr hören. Ich habe ihn an diesem Nachmittag zum ersten Mal gehört und es macht richtig Spaß ihm in den Soli, aber auch in den Duetten zuzuhören. Seine Schwester Lisa wird am heutigen Nachmittag von Monika Reinhard gegeben. Ein schöner weicher, gut geführter Sopran, der auch in den Duetten gut zum Ausdruck kommt. Heute ist sie mir jedoch etwas zu zurückhaltend, die Leidenschaft, das Feuer fehlt ein ganz kleines bisschen, ich habe sie von anderen Auftritten wesentlich überzeugender im Ohr. Aber vielleicht lag auch eine kleine Indisposition vor, bei diesem herrlichen Frühlingswetter wahrlich keine Ausnahme. Als Baron Kolemán Zsupán glänzt, der in Meiningen leider überwiegend in recht kleinen Rollen eingesetzte polnische Tenor Stan Meus, der einen Buffo par excellence auf die Bretter, die die Welt bedeuten, hinlegt. Mit beweglichem sicherem und klarem Tenor gestaltet er die Rolle auch durch eine überzeugende Darstellung. Eine sehr schöne Leistung und gerne möchte man ihn in weiteren größeren Rollen erleben. Als die junge Zigeunerin Manja ist Carolina Krogius zu erleben und dies im wahrsten Sinne des Wortes. Die in Finnland geborene Mezzosopranistin gestaltet die etwas kleinere Rolle mit einem hellen und abwechslungsreichen Mezzo. Klar, lyrisch und durchdringend kommt auch ein feines Spiel dazu. Die Musikalität ist in jedem kleinen Finger von ihr zu spüren.

Als Fürst Popelescu kann Thomas Lüllig doch einiges aus seiner kleinen Rolle herausholen. Sich gut ins Ensemble einfügend und keinerlei Ausfall darstellend sind noch Steffen Körner als Karl Stefan Liebenberg, Kati Rücker als Ilka und Ernst Volker Schwarz als Tschekko zu nennen. Besonders erwähnt sei jedoch noch der junge Geigenspieler Johannes Hupach, der auf die Bühne ungarische Leidenschaft brachte und starken Applaus erhielt. Ein schöner Nachmittag, der dem Publikum, am starken Beifall abgelesen, sehr gut gefallen hat und für einige Stunden alle Alltagssorgen vergessen ließ. Und was soll Operette sonst bringen, sie soll erfreuen, begeistern und alle Sorgen, wenigstens für die Dauer des Nachmittags vergessen lassen. Freuen wir uns auf weitere Schmankerln, die noch auf uns zukommen.

Manfred Drescher, 03.05.2017

Fotos foto-ed, Meiningen