CD: „Cecíle Chaminade: Saisons d’amour“, Katharina Kammerloher

Frauenpower

Gibt es nach dem Ansturm mehr oder weniger junger Künstlerinnen auf die Dirigentenpulte nun auch eine Wiederentdeckung von längst vergessen geglaubten Komponistinnen? Cécile Chaminade könnte zu ihnen gehören, denn bis zum Ende des Ersten Weltkriegs war sie nicht nur in Frankreich, sondern auch in England und in den USA eine gern gesehene und gehörte Künstlerin, vor allem am Klavier als Pianistin, aber auch als Komponistin von Liedern, die nach 1918 als Salonmusik abgetan und der Moderne geopfert wurden.

Ihre wohlhabenden Eltern führten in Paris einen der angesehensten musikalischen Salons, gestatteten der Tochter zwar kein Studium an einer Musikhochschule, wohl aber Privatunterricht in Klavierspiel, Komposition und Harmonielehre bei den berühmtesten Musikpädagogen ihrer Zeit. Als Komponistin widmete sich Chaminade eher der kleinen Form, allerdings gibt es auch eine opéra comique mit dem Titel La Sévillane von ihr, dass es jedoch in den USA sogar zu Chaminade-Klubs kam, die sich ihrer Musik widmeten, liegt an ihren immerhin 125 Liedern.

Katharina Kammerloher, seit vielen Jahren Ensemblemitglied der Staatsoper Unter den Linden, hat sich 22 Lieder ausgewählt und sie zu einer Art Kranz der Jahreszeiten, in dem der Frühling die aufkeimende Neigung, der Herbst den Abschied bedeutet, geflochten. Die Saisons d’amour beginnen mit Plaint d’amour, in denen man sofort die gute Diktion bemerkt, eine angenehme Wärme und Duftigkeit der Mezzostimme, die leicht eingedunkelt wird auf dem das Chanson beendenden „des larmes“. Das flippig Unstete des April wird im Avril murmur genauso gut getroffen wie die Zartheit der Fragilité, und in Serenata lässt die Sängerin die Stimme schön ausschwingen. Etwas verwaschen wird die Diktion, wenn das Tempo beschleunigt wird wie in Absence, das Tänzerische von Sérénade wird schön betont, La plus jolie ist von gute Laune provozierender Unbeschwertheit, so wie auch les frivoles oiseaux. Wie hingetupft erscheint „Ah! chantez, amis“, von einem schönen Jubelton gekrönt. Auch der volksliedhafte Ton von Chanson naive wird gut getroffen, sanft ist die Trauer um den gefallenen Soldaten in Le beau chanteur, in Melancholie badend, die Berceuse hingegen voller Sorge um das erwachsen werdende Kind. Viel Zärtlichkeit schwingt im Lied über die Alte, die einst auch jung und schön war, mit, zur feierlichen Stimmung von Infini trägt die Violine einiges bei. Der letzte Track, Portrait, kehrt zur Beschwingtheit des Anfangs und dem unangestrengten Fluss der Stimme zurück. Jiyoon Lee als Geiger stellenweise, Johann Blanchard durchgehend am Klavier tragen zum Gelingen der CD bei.

Ingrid Wanja, 13. Juni 2024


Cecíle Chaminade
Saisons d’amour

Katharina Kammerloher, Johann Blanchard, Jiyoon Lee

MDG 908 2288 6