Hanau, Konzert: „Beethoven, Tschaikowski“, Neue Philharmonie Frankfurt

Am Abend des 14. Oktober 2023 ergoss sich eine Atmosphäre voller musikalischer Begeisterung über den Congress Park Hanau. Hier betrat die Neue Philharmonie Frankfurt unter der einfühlsamen Leitung von Dirigent Jens Troester die Bühne, begleitet von der herausragenden südkoreanischen Geigerin Sueye (Park). Schon beim Anblick des Programms wurde eine Fülle von künstlerischer Versiertheit versprochen, und die Erwartungen wurden in jeder Hinsicht übertroffen. Es sei gleich vorweggenommen: Jens Troester, Sueye und sein hervorragendes Orchester verzauberten das Publikum mit einem Auftakt in die neue Konzertsaison, wie man ihn nur selten erleben kann!

(c) Christian Palm

Das Konzert begann mit Ludwig van Beethovens Violinkonzert in D-Dur, Op. 61. Beethovens Violinkonzert wurde in den Jahren 1806 bis 1807 geschaffen, ursprünglich für den Virtuosen Franz Clement, und erlebte seine Uraufführung am 23. Dezember 1806 in Wien. Bereits der erste Satz des Konzerts, der fast 30 Minuten dauert, zeugt von der Unkonventionalität und dem reichhaltigen musikalischen Subtext dieses Werks. Virtuose Passagen verbinden sich nahtlos mit tiefgreifendem emotionalen Ausdruck und markieren einen Höhepunkt des klassisch-romantischen Übergangs.

Ein festlicher Hauch von Spannung durchzog den Saal, als die Pauken mit ihrem wiederkehrenden Motiv den Konzertabend einläuteten, und der Orchesterzug, gleich einer Prozession, unter der präzisen Leitung von Jens Troester, sich der Klangbühne näherte. Sueye, die international gefeierte Preisträgerin, und das Orchester schufen eine differenzierte Klanglandschaft, die gleichermaßen beeindruckte. Sueye faszinierte durch ihre bemerkenswerte rhythmische Präzision und ihre sensible Ausdruckskraft. Mit ihrem wundervoll intensiven Ton in allen Lagen erlebten die gebannten Zuhörer eine Vorstellung der Extraklasse. Jens Troester führte die Neue Philharmonie Frankfurt mit präzisen, klaren Akzenten, schuf damit eine fesselnde Spannung und verlieh insbesondere den wiederkehrenden Paukenschlägen eine besondere Tiefe. Das „Allegro ma non troppo“ wurde nicht überstürzt interpretiert, was Sueye die Möglichkeit gab, mit bezaubernder Kantabilität zu glänzen. Ihr Spiel war von natürlicher Eleganz, und in der Solokadenz nahm sie sich die Zeit, die Themen auszuarbeiten und virtuos zu entfalten. Die ständige Interaktion zwischen Sueye und Troester erzeugte einen faszinierenden Dialog zwischen Solistin und Orchester. Besonders bemerkenswert waren die zahlreichen Momente der dynamischen Zurückhaltung, die dieser Interpretation eine außergewöhnliche Tiefe verliehen. Das Larghetto wurde ruhig vorgetragen, wobei das Orchester in diesem Satz zurückhaltender agierte und einen intimen Ruhepunkt voller Anmut schuf. Der Kontrast zum abschließenden Rondo war enorm, da es zuweilen an Jagdmusik erinnerte. Sueye zeigte erneut ihre überragende Virtuosität, gekrönt von einer erstaunlich anspruchsvollen Kadenz. Jens Troester trieb das Orchester stürmisch voran, und das Finale wurde mitreißend und begeisternd. Die Neue Philharmonie Frankfurt musizierte ausgeruht und höchst motiviert. Troester sorgte für einen ausgewogenen Orchesterklang, der, wenn gefordert, zu symphonischer Größe anwuchs, ohne jemals die rhythmische Klarheit zu gefährden. Es war ein besonderes Konzerterlebnis, welches dasbegeisterte Publikum feierte und von Sueye mit einer Zugabe gewürdigt wurde.

Nach der Pause erklang Peter Tschaikowskys Sinfonie Nr. 6 „Pathétique“, ein Werk, das von Schicksal und Tragik geprägt ist. Tschaikowsky komponierte diese Sinfonie im Jahr 1893. Es war eines seiner letzten Werke und wurde nur wenige Tage vor seinem Tod uraufgeführt. Die „Pathétique“ ist eine der emotionalsten und persönlichsten Sinfonien Tschaikowskys. Das Werk drückt eine unendliche Vielzahl von Emotionen aus, darunter Verzweiflung, Trauer, Leidenschaft, aber auch Lebensfreude. Der rätselhafte Titel „Pathétique“ spiegelt diese Intensität wider und macht sie zu einem bedeutenden Werk in der Sinfonie-Literatur.

Die Neue Philharmonie Frankfurt würdigte dieses Meisterwerk angemessen und war für diese anspruchsvolle Aufgabe bestens vorbereitet. Der musikalische Vortrag wirkte jederzeit ausgewogen in der Dynamik. Die Streicher setzten kraftvolle Akzente und beeindruckten zugleich mit ihrer tiefen Klangfülle. Die Blechbläser spielten mit einer infernalischen Intensität, und die Holzbläser, allen voran die Klarinette, klangen besonders kantabel. Im berühmten dritten Satz sorgten die strahlend prasselnden Beckenschläge für zusätzlichen Effekt. Der dritte Satz erreichte eine derart mitreißende Intensität, dass spontaner Jubel im Publikum ausbrach. Der vierte Satz, der das Sterben und das Aushauchen der Seele darstellte, wurde von den Streichern bis zur Unhörbarkeit zelebriert. Das gesamte Orchester konnte hier einen weiteren Steigerungsmoment realisieren, der sich tief in die Seele der Zuhörer einprägte. Ein langer Moment der Stille ergriff das Publikum und unterstrich die emotionale Tiefe dieser Aufführung.

Die Neue Philharmonie Frankfurt präsentierte sich an diesem Abend als ein Orchester von unermüdlichem Engagement und beeindruckender Vielseitigkeit. Mit ihrem warmen Grundklang gefielen die Streicher. Begeisternd war die dynamische Bandbreite der souveränen Blechbläser. Die Hörner spielten dazu strahlend und sicher, vor allem im dritten Satz. Die Pauken und das Schlagwerk zauberten mit Verve und rhythmischer Präzision begeisternde Effekte, während die Streicher in den Unisono-Passagen mitreißend agierten. Jens Troester zeigte sich als zutiefst kenntnisreicher Dirigent. Es war ein wahrer Genuss, ihm zuzusehen. Seine klare Gestik, sein spürbares Wissen der Partitur und seine ausgeprägte Emotionalität machten ihn zum Mittelpunkt des Orchesters, von dem alle Impulse ausgingen und der unerschütterliche Sicherheit vermittelte. Er dirigierte die Neue Philharmonie Frankfurt mit einem tiefen Eintauchen in die musikalische Welt Tschaikowskys.

(c) Mike Bender

Insgesamt war das Konzert im Congress Park Hanau am 14. Oktober 2023 ein musikalisches Erlebnis der Extraklasse. Die herausragende Geigerin Sueye, die an diesem Abend besonders virtuose Neue Philharmonie Frankfurt und der kongeniale Dirigent Jens Troester schufen gemeinsam eine Aufführung, die das Publikum restlos begeisterte und die tiefen Emotionen der Werke von Beethoven und Tschaikowsky meisterhaft zum Ausdruck brachte. Dieser Abend wird noch lange in Erinnerung bleiben und zeigte die transformative Kraft der klassischen Musik in all ihrer Pracht. Hanau kann sich glücklich schätzen, ein solches Orchester mit einem herausragenden Dirigenten beheimatet zu haben, und das Publikum machte deutlich, dass es diesen Schatz zu schätzen weiß.

Dirk Schauß, 15. Oktober 2023



Ludwig van Beethoven – Violinkonzert D-Dur, Op.61
Peter Tschaikowsky – Sinfonie Nr. 6 „Pathétique“ h-moll, Op. 74

Kongresspark Hanau

Sueye, Violine
Neue Philharmonie Frankfurt
Jens Troester, Leitung

Fotos:              Jens Troester – Copyright by Felix Bender

                        Orchester – Copyright by Christian Palm