Duisburg, Ballett: „Drei Meister – Drei Werke“, Balanchine, van Manen, Forsythe

George Balanchine, Hans van Manen und William Forsythe gehören wohl zu den bekanntesten Choreografen des 20. Jahrhunderts. Unter dem Titel Drei Meister – Drei Werke widmete ihnen das Ballett am Rhein bereits in der Spielzeit 2023/24 einen gemeinsamen Ballettabend, der nun im Januar 2025 im Theater Duisburg seine Übernahme-Premiere feiern durfe. Entstanden ist ein spannender Tanzabend, der durch die unterschiedlichen Stile der Choreografen sowohl regelmäßige Ballettbesucher anspricht, als auch Neueinsteigern einen interessanten Einblick in die Welt des Balletts bietet.

Rubies / © Bettina Stöß

Den Auftakt bildet Rubies (zu deutsch Rubine), ein Auszug aus dem 1967 in New York uraufgeführten Ballett Jewels von George Balanchine, das mit den beiden weiteren Choreographien Emeralds (Smaragde) und Diamonds (Diamanten) als eine Hommage an die goldene Ära des Balletts entwickelt wurde. Wenn sich der Vorhang hebt und die Compagnie aus 10 Tänzerinnen und 5 Tänzern eine Chorus Line bildet, fühlt man sich fast an die großen Revuetänze des Broadways erinnert. Dies, zusammen mit dem Bühnenbild von Pepe Leal, das überwiegend aus roten Leuchtstreifen besteht, und den aufwendigen, glitzernden Kostümen von Karinska, veranlasst das Publikum zu einem ersten kleinen Applaus, noch bevor der Abend beginnt. In den folgenden knapp 30 Minuten kann sich das Publikum an einem klassischen Ballett erfreuen, in dem sich größere Ensemblenummern immer wieder effektvoll mit Auftritten der Solistin Svetlana Bednenko und des Tanzpaares Simone Messmer / Orazio Di Bella abwechseln. Musikalisch griff Balanchine seinerzeit auf das dreiteilige, durchaus jazzig angehauchte Capriccio für Klavier und Orchester von Igor Strawinsky zurück, das nun auch in Duisburg in Auszügen zu hören ist. Am Klavier spielt virtuos Alina Bercu, begleitet von den Duisburger Philharmonikern unter der musikalischen Leitung von Christoph Stöcker.

Visions fugitives / © Roman Novitzky

Auch der zweite Teil des Abends wird live vom Orchester begleitet. Für sein nur rund 15-minütiges Ballett wählte der Niederländer Hans van Manen das gleichnamige Klavierstück Visions fugitives von Sergej Prokofjew, in dem der Komponist ursprünglich eine Sammlung von zwanzig sehr kurzen Stücken zu einem Werk zusammenfasste. Fünfzehn dieser „flüchtigen Begegnungen“ greift van Manen auf, um sie, in diesem Fall neu arrangiert für Streichorchester, auf die Bühne zu bringen. Dabei setzt er auf einen klaren, schnörkellosen Tanzstil, in dem sich durch kurze Soli, Duette, Trios und Ensembles ganz unterschiedliche Dynamiken abzeichnen. Der Choreograf selbst sagt treffend über seine Kreationen: „Ich mag es, wenn es nur um den Tanz selbst geht. Manche Teile dauern nur ein paar Sekunden. In einer kurzen Choreographie muss jeder Schritt gezählt werden. Alles muss seinen Platz haben.“ Trotz aller Kürze gelingt es den drei Tanzpaaren Norma Magalhães / Vinícius Vieira, Lara Defino / Damián Torío und Neshama Nashman / Niklas Jendrics immer wieder, den Zuschauer zu überraschen und ihm das eine oder andere Lächeln ins Gesicht zu zaubern mit einer stellenweise sehr humorvollen und durchaus poetischen Darbietung, die zu fesseln vermag.

Enemy in the Figure / © Bettina Stöß

Der Abend endet nach einer zweiten Pause mit William Forsythes Choreographie Enemy in the Figure, die am 12. April 1989 in Frankfurt uraufgeführt wurde. Sie wirft die Frage auf: Kann man Architektur tanzen? Forsythes Auseinandersetzung mit verschiedenen Architekturtheorien und den Zeichnungen Daniel Libeskinds führte 1989 zu einem dreiteiligen Ballettabend, in dem Enemy in the Figure den Mittelteil bildete. Damit schließt sich auch der Kreis zu Balanchines Rubies zu Beginn dieses Abends. Im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen Werken wird hier jedoch zu elektronischer Musik des niederländischen Komponisten Thom Willems getanzt, die vom Band eingespielt wird und sehr perkussionslastig daherkommt. Energiegeladen ist nicht nur die Musik, die ordentlich wummert. Auch die sechs Tänzerinnen und fünf Tänzer sorgen mit großen Sprüngen und zum Teil sehr gestreckten Körpern für kraftvolle 30 Minuten, die überwiegend vor einer großen Holzwand spielen. Geschickt wird hierbei immer wieder ein beweglicher Scheinwerfer eingesetzt, der für interessante Schatteneffekte und Lichtstimmungen sorgt. Schade ist nur, dass diese Choreographie vor allem in den ersten Minuten oftmals die Seitenränder der Bühne nutzt, die von den äußeren Zuschauerreihen nicht einsehbar sind. Dennoch ist auch dieses Stück sehr sehenswert und bildet einen schönen Kontrast zu den ersten beiden Werken des Abends, da es trotz seines Alters von rund 35 Jahren sehr modern wirkt.

Alles in allem kann das Ballett am Rhein mit diesem dreiteiligen Abend auf ganzer Linie überzeugen und, wie eingangs erwähnt, die Bandbreite des Tanztheaters eindrucksvoll verdeutlichen.

Markus Lamers, 31. Januar 2025


Drei Meister – Drei Werke
Choreographien von
Gerorge Balanchine, Hans van Manen und William Forsythe

Ballett am Rhein – Theater Duisburg

Premiere Duisburg: 18. Januar 2025
Besuchte Vorstellung: 26. Januar 2025

Choreographie: Gerorge Balanchine, Hans van Manen, William Forsythe
Musikalische Leitung: Christoph Stöcker
Duisburger Philharmoniker

Trailer

Weitere Aufführungen in Duisburg: 2. Februar, 30. März und 11. April
Aufführungen in Düsseldorf: 8. Februar, 21. Februar und 17. April