Duisburg: „Maria Stuarda“

Premiere: 15.12.2017

In my end is my beginning

„En ma fin est mon commencement“ stickte Maria Stuart einst auf eine ihrer Handarbeiten ein, ein Ausspruch der seinerzeit vielleicht nicht in dem Ausmaß verständlich war, wie er rückblickend als eine Art Vorahnung gesehen werden kann, denn erst mit ihrem Tod begann ihr weltlicher Ruhm. Diesen Ausspruch widmet Guy Joosten eine zentrale Position seiner Inszenierung, was gleich zu Beginn der Ouvertüre in einer schönen Videoprojektion deutlich wird. Im Verlauf des Abends zeichnet er in Gaetano Donizettis wunderbarer Belcanto-Oper „Maria Stuarda“ den Konflikt zwischen Maria Stuart und Elizabeth I. von England konsequent als eine Vorbereitung der schottischen Königin auf ihr Ableben. Obwohl sich die beiden Damen historisch gesehen nie persönlich begegnet sind, personalisierte Friedrich von Schiller dieses Aufeinandertreffen bereits, was aus dramaturgischer Sicht mehr als verständlich ist.

So konzentrierten sich Donizetti und sein Librettist Giuseppe Bardari seinerzeit nur rund 35 Jahre nach dem Erscheinen von Schillers Drama nochmals darauf, aus Schillers Vorlage nur wenige Personen zu entnehmen und das Werk auf diese Personen zu verdichten. Neben den beiden Damen die einen Großteil der Oper zu singen haben, nimmt auch Roberto Conte di Leicester eine wichtige Rolle ein, steht er doch die ganze Zeit zwischen den beiden Frauen und schlussendlich ist er es auch, der allein durch sein Erscheinen wichtigen Anteil am Todesurteil Maria Stuarts hat. In Duisburg gelingt es Gianluca Terranova bei seinem Debüt als Leicesters wunderbar, diese auch gesanglich nicht ganz einfache Rolle zu meistern. Hierbei übertrifft er auch zumindest eine der beiden weiblichen Hauptrollen etwas, die durch Olesya Goloneva als Maria Stuarda und Mary Elizabeth Williams als Elisabetta verkörpert werden. Letztere sprang kurzfristig ein, da während der Probenphase die für die Premiere vorgesehene Sarah Ferede kurzfristig erkrankte und nun erst in späteren Aufführungen ihr Rollendebüt geben kann. Leider merkt man aber auch, dass die Rolle der englischen Königin nicht ihre Paraderolle ist, so dass es in den höheren Tonlagen teilweise etwas schrill erscheint. Anders dagegen Olesya Goloneva, die die Titelrolle steht bühnenpräsent mit hervorragendem Schauspiel und gesanglich meist mit sehr klarer Stimmer gut ausfüllt. In den weiteren kleinen Rollen waren bei der Premiere Giovanni Furlanetto als Giorgio Talbot, Laimonas Pautienius als Lord Guglielmo Cecil und Maria Boiko aus dem hauseigenen Opernstudio als Anna Kennedy zu erleben. Alles in allem eine starke Leistung aller Darsteller. Stark auch die Leistung des Opernchores unter der Leitung von Gerhard Michalski, insbesondere zu Beginn des 3. Aktes. Die Duisburger Philharmoniker spielten unter der musikalischen Leitung von Lukas Beikircher Donizettis Werk kraft- und schwungvoll mit präzisem Tempi.

Das Bühnenbild von Roel Van Berckelaer ist als ein Gefängnis in Art eines Raumes gestaltet, in dem von einer Stelle aus, jeder Winkel des gesamten Zimmers überwacht werden kann. Die Zellen haben allerdings keine Wärter, vielmehr verkörpert das Bühnenbild das innere Gefängnis der Protagonisten, in dem die Leute durchaus frei ein- und ausgehen. Dies passt ganz gut dazu, dass Maria Stuart ihre wahre Gefangenschaft ja auch mehr in überwachten Palästen und nicht im Gefängnis verbrachte. Sehr schön auch die vielen kleinen Maria Stuarts die Elisabeth in ihrem Kopf heimsuchen und die immer wieder symbolisch zur Krone greifen. Nicht ganz schlüssig ist dagegen, warum Joosten den dritten Akt in einer Art Kantine spielen lässt und welche Funktion der Getränke- und Süßwarenautomat auf der Bühne hierbei erfüllen soll, insgesamt kann die Regiearbeit aber durchaus überzeugen. Und auch wenn an sich vor Beginn der Oper klar ist, dass Maria Stuart am Ende in ihrem roten Kleid zentral auf der Bühne stehen wird, gelingt es Joosten durch den Einsatz des Opernchores doch noch etwas zu überraschen und für ein starkes Schlussbild zu sorgen. Die Mischung aus zeitgenössischen Anzügen und durchaus traditionellen Kostümen von Eva Krämer stehen hierbei in einem schönen Zusammenhang zu dem eher zeitlosen Raum und sorgen dafür, dass man die Oper durchaus nicht komplett aus ihrer Zeit reißt.

Das leider nicht ganz so zahlreich erschienene Premierenpublikum (Liebe Duisburger, so viele echte Opernpremieren gibt es ja bei euch auch nicht, also würdigt diese doch etwas mehr.) spendete nach gut 2 ½ Stunden einen kräftigen aber durchaus auch kurzen Applaus für diesen durchaus ansehnlichen Opernabend, der zu gefallen wusste, auch wenn er vielleicht nicht so lange im Gedächtnis verankert bleiben dürfte.

Markus Lamers, 17.12.2017

Fotos: © Monika Rittershaus