Gelsenkirchen: „Klein Zaches, genannt Zinnober“

besuchte Vorstellung: 01.12.2018

Steampunk-Oper nach E.T.A. Hoffman

Im Jahr 1819 schrieb E.T.A. Hoffmann das Märchen „Klein Zaches, genannt Zinnober“ in dem es um den bösen Gnom Klein Zaches geht, der durch das Mitleid einer Fee in der Art verzaubert wird, das die Menschen ihn fortan als schön, liebenswert und talentiert ansehen. So gelangt er unter dem Namen Zinnober zu Ruhm und Ehre in der Gesellschaft. Als er die Gunst der schönen Candida erlangt, wittert der junge Balthasar, ebenfalls in Candida verliebt, dass hier etwas nicht stimmt. Er macht sich zusammen mit seinem Freund Fabian daran, das Geheimnis des kleinen Mannes zu offenbaren und findet Hilfe bei einem Zauberer. Gemeinsam erkennen sie, dass Klein Zaches, doch ein ganz gewöhnlicher Mensch ist, der allerdings durch den Zauberkamm der Fee sein gesamtes Umfeld blendet. Bei einer wilden Verfolgungsjagd zerbricht der Kamm in zwei Teile. Balthasar und Fabian erreichen gerade noch rechtzeitig Candidas und Zinnobers Hochzeitsfeier, um dort Zinnobers dreistes Spiel zu beenden.

Bereits in der Spielzeit 2015/2016 feierte „Klein Zaches, genannt Zinnober“ als wohl weltweit erste Steampunk-Oper seine umjubelte Premiere am Gelsenkirchener Musiktheater im Revier. Für alle die sich jetzt fragen was eine Steampunk-Oper nun genau ist, musikalisch lässt sich dies vielleicht aus einer Mischung von Rock, Metal, Musical und Oper umschreiben, bei der immer wieder groß(artig)e Orchesterwerke eingebunden werden. So erlebt der Besucher einen absolut fesselnden Mix aus verschiedenen Musikrichtungen, bei dem man das Gefühl bekommt, dass sie so ineinander verschmelzen, als seien sie schon immer ein großes Ganzes gewesen. Hierzu qualmen auf der Bühne große Dampfmaschinen des viktorianischen Zeitalters. In dieser Spielzeit folgte nun die langerwartete Wiederaufnahme eines echten Meisterwerkes. Aus einer Idee des Generalintendanten Michael Schulz heraus, entwickelte sich der Kontakt zwischen der Berliner Band Coppelius und Sebastian Schwab. Letztgenannter entwickelte aus dem Märchen eine Bühnenfassung und übernahm die Inszenierung dieses Projektes. Die sechs Musiker der Band, schon ihrem Namen nach erkennt man eine große Affinität zu E.T.A. Hoffmann, entwarfen passende Songs und übernehmen nahezu alle Rollen im Stück. Hinzu kommen Ulrike Schwab als Fee/Candida und der grandiose Rüdiger Frank als Klein Zaches.

Als besonderer Kniff der Inszenierung zeigt uns Sebastian Schwab zu Beginn den Dichter E.T.A Hoffmann als großen Tüftler, der an einer Maschine schraubt und dem am Schreibtisch sitzend durch geistige Tüfteleien die Ideen für sein literarische Werk kommen. In zwei Erzählebenen die sich durch den gesamten Abend ziehen wird aus Hoffmann hierbei Klein Zaches. Die Kostüme und das Bühnenbild von Britta Tönne versprühen einen ganz eigenen Charme, wobei die Neue Philharmonie Westfalen hierbei in großer Besetzung auf dem hinteren Bühnenteil untergebracht wird und der hochgefahrene Orchestergraben bespielt wird. Unter der musikalischen Leitung von Thomas Rimes spielt das Orchester oft hymnenartig auf, nimmt sich dann aber bei anderen Stücken auch entsprechend zurück und unterstützt Nobusama, Sissy Voss, Max Coppella, Graf Lindorf, Comte Caspar und Bastille von Coppelius nur leicht.

Alles in allem ist es schwer, diesen wunderbaren und humorvollen Abend in die treffenden Worte zu fassen, aber ein besonderes Ereignis ist er allemal und der Jubel des Publikums, zum Teil stielvoll verkleidet in nostalgischen Gewändern oder ausgestattet mit dem historischen Fliegerbrillen zu passender Tracht, scheint schier grenzenlos. Und da Bilder oftmals mehr sagen als 1000 Worte, an dieser Stelle abschließend ein Livemitschnitt des ersten Songs Kein Land so schön.

Bilder © Musiktheater im Revie
Markus Lamers 02.12.2018