Athen: „Madama Butterfly“

Wiederaufnahme am 17. Januar 2016

Puccini als Erzähler

Nach „La Bohème“ im Dezember präsentiert die Griechische Nationaloper nun im Januar Puccinis „Madama Butterfly“ in einer Inszenierung aus dem Jahr 2005. Die Produktion wurde zunächst im Stammhaus, dem Olympia Theater, gespielt und geht aktuell über die Bühne der erheblich grösseren Alexandra Trianta Hall des Megaro Mousikis. Der Ortswechsel stellt für die ohne grosse Umbauten auskommende Inszenierung von Nikos S. Petropoulos kein Problem dar. Der Regisseur, der auch für Bühnenbild, Kostüme und Licht verantwortlich zeichnet, erzählt die Handlung konventionell (also dem Libretto folgend) und arbeitet mit geschmackvollen Arrangements. Er erweist sich als guter Handwerker, der Szenenabläufe und -wechsel gut zu lösen weiss – etwa wenn sich am Ende des 1. Akts die Liebenden umschliessend ein Haus vom Bühnenhimmel herabsenkt, welches zuvor als kleines Modell zu sehen ist. Auch der Szenenwechsel im 2. Akt ist dank eines Schattenspiels sehr ansprechend und stimmungsvoll umgesetzt. Gleichwohl gibt es einige Momente, wo der Szene mehr Bewegung – und ein interpretatorischer Gedanke! – gut tun würde.

Im Orchestergraben passiert da schon mehr. Der Dirigent Luis Fernando Malheiro animiert die Musiker nicht nur zu einem präzisen und klangschönen Spiel, er entwickelt auch einen bemerkenswerten erzählerischen Fluss, der die Qualitäten der farbenreichen Musik, deren Motivik und Exotismen sehr gut zur Geltung bringt. Das lässt einen immer wieder aufhorchen. Lediglich die etwas breiten Tempi mag man gelegentlich bemängeln. Sie lassen den 2. Akt doch ein wenig lang erscheinen. Das Orchester bietet eine Leistung auf hohem Niveau. Der von Agathangelos Georgakatos einstudierte Chor singt tadellos.

Auf der Bühne steht ein erstklassiges Ensemble. Cellia Costea liegt die Cio-Cio-San bestens in der Stimme. Vermisst man im 1. Akt ein wenig Frische und Anmut im Klang, so wird man nach der Pause durch Gestaltungsvermögen und dramatische Kraft der Sängerin entschädigt. Ihre Leistung im zweiten Akt ist so stilsicher wie beeindruckend. Der Tenor Dario di Vietri gibt mit bemerkenswerter Stimme, die über viel Schmelz verfügt, einen in jeder Hinsicht überzeugenden Pinkerton. Dabei gelingen ihm immer wieder schöne Zwischentöne. Dionyssis Sourbis als Sharpless zeigt sich seiner Aufgabe gut gewachsen, wenngleich man sich einen farbenreicheren Vortrag vorstellen könnte. Die Suzuki von Ines Zikou setzt einen starken Akzent; ihr Gesang harmoniert sehr gut mit demjenigen der Butterfly. Die kleineren Partien sind durchwegs ansprechend besetzt und tragen zum positiven Gesamteindruck bei. Musikalische Realisation wie Inszenierung stiessen auf grosse Zustimmung beim Publikum.

Foto (c) Stefano

Ingo Starz 21.1.16

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