(„Madrigali guerrieri et amorosi“)
Premiere: 13. Oktober 2019
Acht Madrigalbücher hat Claudio Monteverdi (1567 – 1643) veröffentlicht. Das eigenwillige Achte vereinigt stilistisch vielfältige Madrigale aus unterschiedlichen Lebensphasen des Komponisten. Aber sie haben eine Gemeinsamkeit: Es sind alles Lieder von Krieg und Liebe.
Lass andere vom sanften Bogenschützen Amor singen,…. Ich singe vom stolzen und wütenden Mars!. So beginnt das ersten Madrigal. Denn: DIE LIEBE EXISTIERT IM KRIEG UND IST KRIEG ZUGLEICH!
Aus diesem achten Madrigalbuch hat Howard Arman zusammen mit dem Luzerner Regisseur und ehemaligen Intendanten des Luzerner Theaters Dominique Mentha eine Produktion geschaffen, welche gerade in der heutigen Zeit von brennender Aktualität ist. Obgleich im Jahre 1638 zum ersten Mal veröffentlicht wurde, gilt die gesellschaftliche Aussage, die Kritik an der vorherrschend hedonistisch-egoistischen Lebensauffassung auch heute noch. Dazu kommt, dass die Liebe, die Liebe zum Mitmenschen oft als ein reines Lippen Bekenntnis daherkommt.
Ein gutes Beispiel dafür ist die Flüchtlingspolitik der europäischen Staaten und auch anderer Herrschaftsbereiche. In der Luzerner Inszenierung wird dies durch das Bühnenbild eindrucksvoll gezeigt. (Bühne und Kostüme: Hartmut Schörghofer) Alle Protagonistinnen und Protagonisten verwenden als Transportmittel Gummiboote, mit und ohne Schwimmwesten, genau wie wir immer wieder Bilder und Videos von Flüchtlingen zu sehen bekommen. Die Platzierung des Orchesters auf einem Floss auf Ölfässern verstärkt diesen Eindruck.
Wegweisend erscheint mir die musikalische und dramaturgische Idee in der Inszenierung. Das ganze Madrigalbuch auf die Bühne zu bringen, würde einen sehr langen Opernabend erfordern. Das Luzerner Theater (LT) beschränkt sich auf fünf Momentaufnahmen aus Monteverdis Welt, einer fiktiven Welt der Götter, des Hades und der darin Verdammten, der Verdammten, welche sich der Liebe verweigern, nicht mehr auf Amor’s Pfeile reagieren.
Nach einleitenden sechsstimmigen Madrigal für Solisten, Sopran 1 und 2, Alt, Tenor, Bariton und Bass, sehen und hört man die beiden Miniopern IL BALLO DELLE INGRATE (Der Ball der Undankbaren) und IL COMBATTIMENTO DI TANCREDI E CLORINDA (Der Kampf zwischen Tancredi und Clorinda). Dazu kommen zwei weitere Madrigale aus dem achten Buch: NON PARTIR, RITROSETTA und SU,SU,SU PASTORELLI VEZZOSI“.
Als Venus/Clorinda und Sopran 1 brillierte mit hervorragender Diktion und sauberer Intonation ohne unnötige Vibrati Diana Schnürpel. Amor und Sopran 2 interpretiert von Olivia Doutney, gefiel in ihrer anspruchsvollen Rolle. Ihre schauspielerische Leistung war ihrem hervorragenden Gesang ebenbürtig.
Als Testo (Erzähler in Tancredi) und Tenor war Emmanuel Heitz zu hören. In seiner Rolle war Textverständlichkeit eminent wichtig und dieser Herausforderung entsprach Heitz, neben seiner professionellen Stimmführung in beispielhafter Weise.
Timotheus Maas als selbstverliebter Pluto und Bass gefiel in seiner ganzen Darstellung. Gefühlsmässig liegt aber seine Gesangsstärke im Bass/Bariton Bereich, fehlte doch in der zum Teil sehr tief gesetzten Rolle die Kraft der ganz tiefen Passagen. Seine Gestik und Mimik überzeugte. Für die Regie anzumerken: Weniger wäre mehr. Es würde der dämonischen Persönlichkeit besser Rechnung tragen, wenn die Selbstverliebtheit etwas diskreter, weniger lächerlich gespielt würde.
Unter der Leitung von Howard Arman musizierte das Berner Orchester für Alte Musik LES PASSIONS DE L’AME. Arman leitete Sängerinnen und Sänger von seinem Platz an der Orgel und dem Cembalo. Das Einfühlvermögen der Musikerinnen und Musiker in die Musik Monteverdi’s ist bemerkenswert, ebenso wie ihre professionelle Einstellung und emotionell bewegende Interpretation der anspruchsvollen Komposition Claudio Monteverdis.
Der Chor des Luzerner Theater, einstudiert von Mark Daver löste seine Aufgabe mit gewohnter Professionalität. Sehr gut gefallen haben die drei Chorsolistinnen: Die Altistin Sofia Pollak und als Due Ingrati Hanna Jung und Xenia Romanoff.
Das Luzerner Publikum erschien zahlreich. Die BOX des LT, eine Nebenbühne war total ausverkauft.
Der Schlussapplaus, langanhaltend und kräftig, belohnte diese sehr spezielle Opernpremiere in Luzern.
Peter Heuberger
© Ingo Höhn