Remscheid: „Höchste Zeit“

CINDERELLA auf Crack

Eine Revue von Tilmann von Blomberg, Carsten Gerlitz und Katja Wolff

Erinnern sie sich vielleicht noch an „die Junge“, „die Karrierefrau“, „die Vornehme“ und „die Hausfrau“, die sich in der turbulenten Wechseljahre- Revue „Heiße Zeiten“ am Flughafen kennengelernt haben? Der Erfolg bekommt eine Fortsetzung, denn jetzt will unsere Karrierefrau (Franziska Becker) unter die Haube, weil sie findet, daß es „Höchste Zeit“ ist. Das finden mehr oder auch weniger auch ihre drei Freundinnen, die sie als Brautjungfern eingeladen hat („Jungfern? Ich seh´ hier keine!“). Zum Termin bringt jede ihr Päckchen mit, was zu allerlei Bekenntnissen, Entschlüssen, deftigen Scherzen (Kostprobe: „Moment, ich hab `n´ Frosch im Hals – komisch, als ich ihn vorhin in den Mund genommen habe, war´s noch ein Prinz.“) und vielen situationskomischen Liedern führt. Eine vierköpfige Live-Band und ein sonor sprechender Spiegel (Viktor Neumann) begleiten das archetypisch feminine Quartett bei seinen Auseinandersetzungen mit dem Ehestand und der Tagesform sowie den 20 bissig umgetexteten Songs aus der Pop- und Schlagerliteratur – im Zentrum natürlich die Frau, ihre Bedürfnisse, Problemzonen und Stärken.

In einer Luxussuite des Metropol-Hotels mit atemberaubendem Blick auf die Kulisse von Berlin müssen die drei „Jungfern“ erst mal die stockbesoffene und ein wenig aufgelöste Braut (burlesk und elegant in einem: Franziska Becker) auf Vorderfrau bringen, ihr die Angst vor dem entscheidenden Moment nehmen und gemeinsam versuchen herauszufinden, ob sie nun wirklich in der Nacht vor der Hochzeit mit jemandem guten Sex hatte (nicht mit ihrem Bräutigam!). „Höchste Zeit (The Shoop Shoop Song)“, „Prost (Rum & Coca Cola)“ und „Für immer und ewig (For Once In My Life)“ sind ein guter Einstieg in die Hitparade der witzigen Texte, die Carsten Gerlitz auf die Originale gelegt hat und bei denen vor allem Franziska Becker mit starkem Vortrag glänzt. Nina Stadlmann hat in „Ich will (My Boy Lollipop)“ ein schönes Blechflöten-Solo, Heike Jonka hat u.a. in „Zweisam einsam (The Rose)“ einen starken Auftritt und Angelika Mann rockt zum Vergnügen des Publikums, das zu mehr als 80 % eine fordernde Fassung von Chuck Berrys „Johnny B. Goode“: „Ich will noch mehr“. Sie wird als komödiantisches Zugpferd und Star apostrophiert und bringt sich recht liebenswert auch so ein. Doch zeigt Franziska Becker, deren (u.v.a.) unvergeßliche Lacharie der Maria in „Was ihr wollt“ und ihr prägender Anteil an den „Sekretärinnen“ am einst großen Wuppertaler Schauspiel unvergessen sind, fabelhaft die ganze emotionale und musikalische Palette.

Choreographisch wie musikalisch gelungen sind dank Christopher Tölle und Carsten Gerlitz die Ensemble-Nummern: köstlich und wirklich komisch der Reigen der „Elfen“ (Heinz Erhardt hätte sie als „Zwölfen“ bezeichnet) zu Wagners Hochzeitsmarsch „Treulich geführt“, „Ersatzteillager (Save Your Kisses For Me)“ und „Noch nicht Schicht im Schacht (Girls, Girls, Girls)“ – da passiert auf der Bühne richtig was.

Daß aus der Karrierefrau schließlich doch eine glückliche und bildschöne Braut wird, die „Junge“ einen Antrag macht, der ein „Ja“ zur Folge hat, die „Hausfrau“ den Job als Suppenköchin annimmt und die „Vornehme“ auch vornehm auf ihre verschobene Scheidung wartet (vom weiblichen Publikum sicher nicht ohne Grund bejubelt: „Scheidung betrachte ich als vorzeitige Haftentlassung.“) macht die Sache rund. Ein Stück für Frauen, von denen sich viele 1:1 darin wiederfanden, zeigte eine Umfrage in der Pause – lehrreich aber auch für die Herren, die künftig vielleicht etwas genauer auf die Bedürfnisse ihrer Gattinnen schauen. Das Finale mit „Hallelujah“ und den mitgeschmetterten Zugaben Er gehört zu mir“ und „Celebration“ wurde bestens gelaunt und stehend vom Publikum gefeiert.

27.5.15

Eine Produktion des EURO-STUDIO Landgraf in Zusammenarbeit mit dem Theater am Kurfürstendamm Berlin

Vom 16.6.-12.7. en suite im Theater im Rathaus Essen: http://www.theater-im-rathaus.de/TIR_Web/Fsai/This/F028/T0835/F028.htm