Essen: „Jagd auf 007 – Eine Nacht mit James Bond“

Ein brillanter musikalisch-szenischer Rundflug im James-Bond-Kosmos der letzten 50 Jahre

Nach erfolgreichen Abenden u.a. in München, Frankfurt, Nürnberg, Stuttgart und Neersen in den letzten Jahren gab es nun dieses Jahr das ultimative James-Bond-Großereignis in der Essener Philharmonie zu erleben. Ein wahrer Traum für jeden Bond-Fan! Unter der legendären Schallblende des Essener Konzertsaals, die ohnehin einem UFO ähnelt, hob das James-Bond-Raumschiff zu einem wunderbaren zweistündigen Abenteuer ab, und wir flogen mit Gänsehaut und Adrenalin in die unendlichen Weiten des Kosmos von Ian Fleming.

Legendäre Originalszenen der besten Bondfilme aus 50 Jahren – oscar-reif zusammengeschnitten – wurden live vom berühmten Babelsberger Filmorchester begleitet. Dazu beste cinematographische Umsetzung in UHD auf einer wunderbar vor der Orgel eingepassten 20-Meter-Kinoleinwand und von zwei regelrechten Superstars in der gesanglichen Performance interpretiert. Vom Mischpult wurden die Sänger mit Feingefühl und Können superb ausgesteuert; ein besonderes Lob diesen Fachleuten. Nie wurde mir in den letzten 20 Jahren in der Essener Philharmonie so perfekte Verstärker-Technik klangvoll eingespielt. Für eine solche akustische Ausgewogenheit in Koordination mit den klassischen Instrumenten eines großen Sinfonieorchesters müsste ich auch in meinem Privatarchiv 50 Jahre zurück greifen auf Deep Purple in Concert 😉 !

Geleitet wurde das Ganze vom jungen 36-Jährige Dirigenten Christian Schumann (Bild oben), der bei keinen Geringeren als Pierre Boulez und Kurt Masur in die Schule ging und später Größen wie von Dohnanyi, Dudamel, Eötvös, Salonen und Stern assistierte. Darüber hinaus gastiert er regelmäßig bei Deutschlands besten Orchestern sowie dem österreichischen Ensemble für Neue Musik. Der sympathisch auftretende Schumann ist ein Tausendsassa, dessen Namen man sich unbedingt merken sollte.

Die Solisten Tertia Botha und Dennis LeGree traten überzeugend im Timbre und mit stimmlicher Brillanz geradezu furchtlos in die großen Fußstapfen von Adele, Matt Monro, Shirley Bassey, Satchmo, Tom Jones, Paul MacCartney und Tina Turner. Allein das war schon ein umjubeltes Großereignis. Ihr finales Duett Live and let die riß das Publikum dann förmlich von den Sitzen und konnte der famosen Originalversion duchaus paroli bieten.

Orchester und Künstler an sich wären den Besuch des Abends wirklich uneingeschränkt wert gewesen, doch dazu kam dann noch der Bond-Film-Aspekt. Ein fulminanter Zusammenschnitt, in dem alle Bond-Darsteller ihren Auftritt hatten und kaum eine Großexplosion, Skiabfahrt, Verfolgungsjagd und Liebesszene ausgespart wurde. Best of Bond – Wow! Das war einfach ungeheuerlich und hochpräzise mit der originalen Szenenmusik sekundengenau untermalt. Erstaunlich, daß sowohl filmisch als auch musikalisch der eigentlich aus dem klassischen MGM-Copyrigth (heute Sony) herausgefallenen Never say never again – ein Remake von Feuerball – gleichwohl präsent war. Und rein großkonzertant-orchestral klingen auch Stücke gut, die im Original nicht überzeugen können wie der gruselige Gesang von Lani Hall, der nur noch vom schaurigen Sam-Smith-Gejaule des letzten Bond Films Spectre unterboten wurde.

Doch GsD hatte man auf Spectre-Musik verzichtet und widmete den zweiten Teil des Konzerts dem wohl besten Bond-Film aller Zeiten, nämlich Skyfall . Nach dem Opener, der mitreißenden Verfolgungsjagd mit Landrover und Motorrad, an dessen Ende stapelweise neue VW-Käfer vom Zug fliegen (sic! Was viele nicht wissen: eine kleine optische Rache der Produzenten an Volkswagens Verweigerung von Sponsorship), ging es auch nahtlos in das vielleicht beste Bond-Intro aller Filme über, zu dem Tertia Botha, die leise im Halbdunkel die Bühne betreten hatte, ihre Version von Skyfall sang.

Grandios auch die Highlights der Verfolgungsjagden u.a. auf Skiern, im Cello-Kasten, im Panzer, Raumschiff oder Auto. Daß natürlich das legendäre Ende des DB4 in Skyfall nicht fehlen durfte (achten Sie mal auf die tolle spannungsvolle Instrumentation), spricht für den hohen Bond-Verstand der Arrangeure und Einrichter dieses tollen Abends. Als Bond-Liebhaber sagt man DANKE. Meine unüberhörbaren BRAVI an diesem Abend waren natürlich eine Selbstverständlichkeit. Auf ein DACAPO im Sinne weiterer Aufführungen kann spekuliert werden, denn es ist bis zum nächsten Film 2020 (!) ja noch viel, viel Zeit, die man besser kaum überbrücken kann. Hoffentlich verschwindet so eine sagenhaft tolle und aufwendige Produktion nicht im Müll der Vergessenheit, sondern wird mindestens fürs Londoner Bond Museum videomässig archiviert.

Fazit: Einfach wunderbar. Ein Abend, den jeder Bond-Fan erlebt haben sollte… erlebt haben müßte. 5 Sterne!

Peter Bilsing 25.4.2019

Verwendete Bilder (c) tertiabotha.com / theater-bonn.de / filmorchester.de /

BB Promotions / Christian-Schumann.com

P.S. Leider lagen uns keine aktuellen Live-Fotos des Konzert-Abends in Essen vor