Bern: „Don Carlos“

Regie: Marco Storman

Musikalische Leitung: Nicholas Carter

Premiere: 16. Oktober 2021

Besuchte Aufführungen: 28. November und 5. Dezember 2021

Die Bühnen Bern haben es auf sich genommen, die französische, eher selten gespielte Version von Verdis >DON CARLOS< auf die Bühne zu bringen. Diese Version ist gewöhnungsbedürftig, eignet sich doch die französische Sprache meine Meinung nach nicht unbedingt für klassische Opern, dies im Gegensatz zu anderen Musikgattungen wie Chanson zum Beispiel.

Das Berner Symphonieorchester, Stabführung Nicholas Carter, brillierte mit herausragender Präzision, wunderbarer Farbigkeit stimmiger Dynamik, nie zu laut und nie zu leise, und bildete so für den Chor, die Solistinnen und Solisten auf der Bühne das musikalische Fundament.

Unter der Regie von Marco Storman entwickelte sich Schillers Drama, vertont von Giuseppe Verdi, logisch und verständlich. Dabei, und das ist nicht der Regie anzulasten, fehlt in grossem Masse die Interaktion zwischen den Sängerinnen und Sängern. Die fiel vor allem in den Duetten zwischen Rodrigue, Marquis de Posa (Gustavo Castillo) und dem Infanten Don Carlos, dem Neapolitaner Raffaele Abete auf. Abete singt hervorragend, intoniert sauber, seine Diktion ist ansprechend, dagegen lassen seine schauspielerischen Fähigkeiten zu wünschen übrig. Es reicht heute einfach nicht mehr, nur zu singen und an der Rampe zu stehen. Auch die Mimik, Gestik und Körpersprache sollte stimmen, denn nur so entstehen Interaktionen zwischen den Protagonistinnen und Protagonisten.

Viel besser gefällt Philippe II, gesungen und gespielt vom Bassisten Vazgen Gazaryan. Seine Interpretation > Sie hat mich nie geliebt<, ist hervorragend interpretiert, wobei den Sänger eindeutig der französische Sprachduktus, Sprachrhythmus stört. Seinen Auftritten mit Rodrigue und Elisabeth fehlt es nicht an ansprechender Interaktion. Elisabeth de Valois wird gesungen und gespielt von der jungen Südafrikanerin Masabane Cecilia Rangwanasha. Sie interpretiert ihre Rolle feinfühlig aber zwingend und ist, ungewollt, ganz Königin von Spanien. Ein absolutes Highlight in dieser Inszenierung ist die aus Sofia stammende Mezzosopranistin Jordanka Milkova. Ihr Singen, ihre schauspielerische Leistung, Ihre Diktion, Körpersprache, Mimik und Gestik lassen keine Wünsche offen. Mehr ist dazu nicht zu sagen!

Der Chor der Bühnen Bern, einstudiert von Zsolt Czetner, meistert seine Aufgabe präzise und musikalisch makellos, dies trotz der Covid Masken!

Die Bühne, entworfen von Frauke Löffel und die Kostüme, gezeichnet von Axel Aust entsprechen der Inszenierung und helfen der Regie ohne Umbauten die fünf Akte spielen zu lassen. So bleibt die Spannung erhalten.

Der Schlussapplaus war seltsamerweise eher verhalten, dies ganz im Gegensatz zum, leider immer wieder üblichen Szenenapplaus.

Peter Heuberger

© Janosch Abel