Mailand: „L’elisir d’amore“

Diese bereits 1998 und 2001 gezeigte Inszenierung, entstanden 1995 in Zürich, litt schon damals unter der Konditionierung durch die Ausstattung des bekannten Zeichners Tullio Pericoli, der seine immer am Rande des Kitschs wandernden Entwürfe auf die Bühne gebracht hatte. Eine überaus stilisierte bäuerliche Welt, die in ihrer scheinbaren Idyllik an die Schäferspiele des Rokokos erinnerte, unterband menschliche Regungen jeder Art. Auf diese Weise wurden Nemorino und Adina zu Marionetten, die weder Frohsinn, noch Liebesleid ausdrücken konnten. Die beiden litten auch am stärksten unter den auf die commedia dell’arte verweisenden Kostümen, die bei Belcore und Dulcamara weniger aus dem Rahmen fielen, aber dennoch wenig kleidsam waren (diese Perücke für Dulcamara!).

Die in Zürich von Ugo Chiti erarbeitete Produktion lief seinerzeit in Mailand noch unter seinem Namen, wurde allerdings von einer Regieassistentin betreut. Diesmal schien als Regisseur Grischa Asagaroff auf, der offenbar versucht hat, das Geschehen ein wenig zu beleben, allerdings mit überschaubarem Erfolg.

Wie so oft in derartigen Fällen versuchte man sich als genervter Zuschauer mit der musikalischen Seite zu trösten – ein Unternehmen, das recht gut gelang. Klang das Orchester des Hauses unter der Leitung des jungen Michele Gamba zunächst etwas dumpf, so besserte sich der Klang recht bald, und man konnte einer rhythmisch gut akzentuierten Wiedergabe folgen; auch der von Bruno Casoni einstudierte Chor der Scala sang tadellos.

Statt des in den Septembervorstellungen eingesetzten René Barbera sang im Oktober Vittorio Grigolo, der die von ihm bekannten Vorzüge und Nachteile präsentierte. Zum Glück überwogen die Vorteile, als da sind exzellentes Stimmmaterial, ausgezeichnete technische Beherrschung, gutes Aussehen.

Seine vokale Leistung war vorzüglich, hätte es da nicht wiederholt ein gesäuseltes piano, gefolgt von einem stimmlichen Auftrumpfen, gegeben, mit dem der Sänger wohl seine stimmtechnischen Möglichkeiten unterstreichen wollte.

Als Adina zeigte Rosa Feola eine mehr als saubere Leistung, technisch sicher mit ihrem gut geführten Sopran, der für ein so großes Haus wie die Scala eine Spur größer sein könnte, aber durchaus ausreichend war. Szenisch tat sie, was sie konnte, um der Figur Leben einzuhauchen. Selbst ein solcher Komödiant wie Ambrogio Maestri blieb in der blutleeren Produktion schauspielerisch blass, erfreute aber mit seinem prachtvoll timbrierten Bariton, dem auch Dulcamaras tiefere Töne nichts anhaben konnten.

Schwach war Massimo Cavalletti als Belcore, denn sein aufgerauter Bariton tat sich bei seiner Auftrittsarie mit der Koloratur schwer, und es fehlte überhaupt die Biegsamkeit für Donizettis quecksilbrige Musik. Bei der Giannetta der Francesca Pia Vitale von der Accademia della Scala kann man sich durchaus vorstellen, dass aus ihr einmal eine gute Adina wird.

Viel Zustimmung seitens des Publikums mit der von Grigolo gewöhnten Show vor dem Vorhang.

Eva Pleus 14.10.19

Bilder: Brescia & Amisano / Teatro alla Scala