Das Theater Basel wartet in dieser Adventszeit mit zwei anspruchsvollen Werken von Béla Bartók auf. Der Regisseur Christof Loy inszenierte und choreographierte die Tanzpantomime „Der wunderbare Mandarin“ und die Oper „Herzog Blaubarts Burg“.
Der Tanzpantomime „Der wunderbare Mandarin“ stellt Christof Loy einen ungarisch gesprochenen Prolog voran, welcher zwar für „Herzog Blaubarts Burg“ geschrieben wurde, aber meistens gestrichen wird. Bei dieser Inszenierung beider Werke für eine Aufführung wird der gleiche von Nicolas Franciscus gesprochene Prolog sogar zwei Mal, jeweils vor Beginn der Werke, verwendet und dient den Zuschauern als Bindeglied.
Dass die Uraufführung von „Der wunderbare Mandarin“ im Jahre 1926 in Köln einen Publikumsskandal ausgelöst hatte, lässt sich bei dieser Inszenierung, obwohl fast hundert Jahre später, gut nachvollziehen. Es ist eine tragische Handlung, welche kompromisslos alle Facetten ausleuchtet und den Zuschauer sehr fordert. Auch für das Orchester stellt diese Komposition Bartóks eine große Herausforderung dar.
Die Geschichte dreht sich um ein Mädchen, welches von drei Strolchen benutzt wird, um Freier anzulocken und für sie Geld anzuschaffen. Mit den ersten beiden Freiern gelingt dies wie geplant, nicht aber beim dritten. Da verändern sich die Situation und die Stimmung schlagartig. Der Fremde hat eine sonderbare Ausstrahlung, welche nicht nur das Mädchen, sondern auch deren drei Begleiter in Bann zieht und bei allen ein Begehren auslöst, welches sie nicht deuten können und sie irritiert. In dieser Verwirrung der Gefühle töten sie den mysteriösen Fremden.
Christof Loy geht dabei an die Grenze des Erträglichen. Schonungslos zeigt er die brutalen Folterszenen. Dreimal glauben die Täter, er sei seinen Qualen erlegen, aber noch immer bleibt er am Leben. Erst nachdem sich das Mädchen ihm zuneigt und ihn küsst, stirbt er in den Armen des Mädchens. Was damit zum Ausdruck gebracht werden sollte, ist der Umgang mit Unerwartetem, Gutem und Bösen. Mit dem Hinzufügen des 1. Satzes aus „Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta“ am Ende der Tanzerzählung, tanzt das Mädchen mit dem Fremden, was zum Ausdruck bringen sollte, dass Liebe stärker ist, als der Tod. Christof Loy lässt die Tanzpantomime in einem schlichten Bühnenraum mit Holzhäusern auf Pfählen, einer defekten Telefonkabine und viel Müll auf der Fläche spielen, was die düstere Vorstadt darstellen soll.
Mit Gorka Culebras, welcher den Mandarin unglaublich eindrücklich darstellt und Carla Pérez Mora als das Mädchen, sowie den drei Strolchen, Joni Österlund, Nicky van Cleef, Jaroslaw Kruczec und den beiden Freiern, Nicolas Franciscus und Mario Branco, erlebt man eine intensive Aufführung.
Ein Paar hat sich soeben vermählt. Judith nennt ihren Mann „Blaubart“. Er führt sie auf seine Burg, wo sich sieben verschlossene Türen befinden, hinter jeder sich ein Geheimnis des Herzogs verbirgt. Sie will die Bewandtnis kennenlernen. Nur widerstrebend gibt er ihrer Forderung, die Türen zu öffnen nach und sie darf eine nach der anderen öffnen, aber keine Fragen stellen. Bei den letzten Türen weigert er sich, den schmerzhaften Prozess fortzusetzen. Doch Judith möchte alles wissen. Blaubart gibt schließlich nach und hinter der letzten Türe verbergen sich Blaubart‘s drei vorherige Frauen. Jede der Frauen steht für eine Tageszeit, Morgen, Mittag und Abend. Nur die Nacht fehlt noch und als solche muss sie an die Seite der Vorgängerinnen treten und ihnen folgen. Nun, wo sie alles weiss von ihm, bekennt er sich zu seiner Liebe. Die Stimmung verdunkelt sich und Blaubart entschwindet in die ewige Nacht.
Nur mit hervorragenden Sängern und Darstellern kann man dieses Werk auf die Bühne bringen. Mit Evelyn Herlitzius als Judith und Christof Fischesser als Blaubart waren die Rollen bestens besetzt. Beide erbrachten eindrückliche Leistungen und wurden zurecht vom Publikum gefeiert.
Einen Makel hat diese Inszenierung jedoch. Das Bühnenbild von Márton Ágh bleibt bis auf wenige kleine Veränderungen gleich und gerade bei „Blaubart“ ist diese Holzkonstruktion ohne Türen für die Handlung nicht förderlich. Es ist für den Zuschauer nur schwer nachvollziehbar, was die Handlung darstellen soll, wenn man sich nicht wirklich mit diesem Stück auseinandersetzt. Es bleibt vieles der Fantasie des Publikums überlassen. Die Kostüme stammen von Barbara Drosihn.
Das Basler Sinfonieorchester unter der Leitung von Ivor Bolton, der zum ersten Mal eine Oper im Theater Basel dirigierte, spielte diese teils sehr intensive, aber zuweilen auch feine Musik mit voller Hingabe und war ein Glanzpunkt dieses Abends.
Marco Stücklin 10. Dezember 2022
Besonderer Dank an unsere Freunde vom OPERNMAGAZIN
Béla Bartók „Der wunderbare Mandarin“ & „Herzog Blaubarts Burg
Theater Basel
Besuchte Premiere: 3. Dezember 2022
Regie/Choreografie: Christof Loy
Musikalische Leitung: Ivor Bolton
Basler Sinfonieorchester