Basel: „The Rakes Progress“

Premiere: 18. Mai 2018

Igor Strawinskis Musikdrama basiert auf der achtteiligen Illustration "THE RAKES PROGRESS" von William Hogarth aus den Jahren 1733 – 1735. Die Handlung spielt in dieser Zeit. Das Libretto wurde von W. H. Auden und Chester Kallman geschrieben. Die Musik jedoch ist eindeutig dem 20. Jahrhundert zuzuordnen, obgleich Strawinski’s Werk oft an Mozart, an Händel und andere Komponisten erinnert.

Dazu die Dirigentin Kristiina Poska: "Strawinski nutzt stilistische, nie aber direkte musikalische Zitate. Er schreibt stellenweise vor: > im Sinne von < " (© Programmheft Basler Theater)

Die Uraufführung unter der Leitung des Komponisten fand am 11. September 1951 im "TEATRO LA FENICE" statt. Bei der Premiere in Basel kommt das Gefühl von "back to the future" auf. Dieser Eindruck wird durch die Arbeit der amerikanischen Regisseurin Lydia Steier unterstützt. Ihre hervorragende Personenführung orientiert sich, trotz der Kostüme und Perücken aus dem 18. Jahrhundert, an der Regieästhetik des 21. Jahrhunderts. Die relative bewegungsarme Handlung könnte dazu verführen, die ProtagonistInnen an der Rampe singen zu lassen. Genau dies hat Steier nicht getan, sondern lässt ihre Darstellerinnen und Darsteller gekonnt im guckkastenartigen Bühnenaufbau agieren. Das Bühnenbild, entworfen von Katharina Schlipf, ist sehr gut konzipiert und erlaubt der Regisseurin, die Szenenumbauten mit zusätzlicher Handlung auf der Vorbühne zu überbrücken und so die Spannung aufrecht zu erhalten.

Die Handlung zu beschreiben sprengt den Rahmen dieses Berichtes. Es ist jedoch möglich, das Programmheft aus dem Internet herunterzuladen:

www.theater-basel.ch MONATSSPIELPLAN, THE RAKES PROGRESS

Das Kammerorchester Basel unter der Leitung der estnischen Dirigentin Kristiina Poska interpretierte Strawinskis Musik mit einmaliger Präzision, mit viel Liebe und professionellem Einsatz. Die Rezitative wurden am Cembalo von Francesco Saverio Pedrini begleitet.

An der Premiere erlebte ich eine wunderbare Anne Trulove (Nomen est Omen), gespielt mit vollem Körpereinsatz und viel schauspielerischer Leistung von Hailey Clark. Dieser Part wurde von der amerikanischen Sopranistin zeichnete sich, trotz des auch für englischsprachige Besucher schwierig verständlichen Textes, durch eine saubere Diktion und einer Intonation, welche ihresgleichen sucht. Kein falsch eingesetztes Vibrato, keine unsaubere Höhen trübten ihr Interpretation. Ebenbürtig ihr Bühnenpartner Tom Rakewell, auch hier steht der Namen für die Rolle, gespielt und gesungen vom jungen amerikanischen Tenor Matthew Newlin. Der irische Bass-Bariton Andrew Murphy, Basler Ensemble-Mitglied gab seinen Trulove, Vater von Anne, mit gewohnter Präzision. Ein Beispiel dafür: Duett und Trio (Anne, Tom, Trulove):

„The woods are green“ (1. Akt, Szene 1)

Herausragend ist die Leistung des jungen amerikanischen Bassbaritons Seth Carico. Sein Nick Shadow (!) paar Spielfreude mit perfektem Gesang und spezieller Körpersprache, welche seine diabolischen Intentionen immer wieder verstärken.

Der Basler Tenor Karl-Heinz Brandt als Sellem spielt und singt wie immer perfekt und auch komödiantisch, in dieser Rolle auch kritisch und ironisch. In weiteren Rollen sind zu sehen und hören: Als Baba the Turk Die Mezzosopranistin Eve-Maud Hubeaux, des Weiteren Theophana Illiewa-Otto in der Rolle der Bordellinhaberin Mother Goose und Flavio Mathias als Keeper oft he Madhouse.

Der Chor des Theater Basel meisterte die anspruchsvollen Chorpartien, einstudiert von Michael Clark, mit gewohnter Brillianz und perfekter Musikalität.

Katharina Schlipfs Bühnenkonstruktion unterstützt nicht nur die Regisseurin in ihrer Arbeit, sondern ist auch für die Sänger und Sängerinnen auf der Bühne hilfreich und unterstützend. Die Lichtführung, eingerichtet von Andreas Grüter war zielführend und subtil.

Im Allgemeinen wird dem Text von Auden und Kallmann nachgesagt, er sei schwer verständlich. Bei der Premiere in Basel war dies nicht der Fall und dies spricht für die Arbeit der Regisseurin mit ihrem gesamten Team.

Das zahlreich erschienene Premierenpublikum belohnte die Leistung der Künstlerinnen und Künstler auf der Bühne, im Orchestergrabe und hinter der Bühne mit verdientem langanhaltendem Applaus.