Hildesheim: „Company“

Besuchte Vorstellung: 6.1.2020 (Premiere: 14.12.2019)

Episoden-Musical

Unter Einfluss der 68er Jahre entwickelten Stephen Sondheim (Musik und Gesangstexte) und Harold Prince (Regie) gemeinsam mit dem Librettisten George Furth ein neues, eher Revue-artiges Konzept für das Musical, das 1970 erfolgreich am Broadway uraufgeführt wurde. Aus Furth‘ geplanten sieben Einaktern wurden kürzere Episoden über das Eheleben im Allgemeinen und Besonderen, angereichert durch kommentierende Songs. In Hildesheim hatte nun Werner Bauer die spannungsreiche Inszenierung der teils turbulenten Szenen übernommen. Im schlichten Bühnenbild von Esther Bätschmann führte er die Darsteller überzeugend und mit deutlicher Zeichnung der unterschiedlichen Charaktere, wozu ihm ein spielfreudiges Ensemble zur Verfügung stand. Bätschmann hatte durch die schlichte Drehtür in der hinteren Mitte schnelle Ortswechsel und Auftrittsmöglichkeiten geschaffen; wenige Sessel und eine Bar-Theke auf Rollen taten das Ihre dazu.

Zum Inhalt: Fünf Paare und drei Freundinnen bereiten eine Überraschungsparty für ihren Junggesellen-Freund Robert vor, den sie unbedingt unter die Haube bringen wollen, da man angeblich allein nicht glücklich leben kann. In weiteren kurzen Szenen jeweils mit nur einem Paar erkennt Robert, dass das Eheleben und der Alltag wohl doch nicht immer das Gelbe vom Ei sind, oder braucht man das eben auch dazu? Auf jeden Fall weigert er sich, die Kerzen am Kuchen auszupusten und sich etwas zu wünschen, das auf jeden Fall in Erfüllung gehen würde. Dieses Motiv taucht mehrfach auf, so dass dem Stoff ein gewisser zeitlicher Fortgang gegeben ist, ohne dass die Auftritte immer in derselben Reihenfolge erfolgen müssen.

Jens Krause/Bettina Meske/Fin Holzwart

Im Einzelnen lernten wir zunächst Sarah (Mary C.Bernet) und Harry (Gerald Michel) kennen, die Alkohol- und Diät-Probleme von sich wiesen und sich vor Robert gegenseitig mit ihren Fähigkeiten im Karate übertreffen wollten; beim witzigen Kampf geriet dieser schließlich noch direkt zwischen die Fronten und ging mit zu Boden. Das war rein darstellerisch einer der Höhepunkte des Abends. Musikalisches Fazit: „In einer glücklichen Ehe macht man alles zu zweit!“ Susan (Lisa Maria Hörl) und Peter (Johannes Osenberg) schocken Robert durch ihre fröhliche Ansage: „Du sollst es zuerst erfahren, wir lassen uns scheiden“. Ebenso gut gelaunt erklären sie ihm später, dass sie nun geschieden genauso zusammenleben als Familie wie vorher, nur glücklicher. Bei Jenny (Sandra Pangl) und David (Alexander Prosek) liegt das Problem darin, dass sie „spießig“ gegen das Kiffen ist, während er gerne noch an solchen „jugendlichen Späßen“ festhält. Schwierig wurde es für Amy (Elisabeth Köstner) und Paul (Nicolo Soller) erst am Hochzeitstag, als die Braut entschied, lieber nicht zu heiraten. Herrlich waren ihre langen Tiraden zur Begründung dieses Entschlusses – leider viel zu schnell herunter gerattert, um verstanden zu werden. Schließlich gab es noch Joanne (Bettina Meske) und Larry (Jens Krause); sie, zum 3.Mal verheiratet und sowohl Alkohol als auch Nikotin sehr zugetan, er von großer Sanftmut, wie er sie zum Schluss liebevoll an die Hand nimmt und nach Hause geht. Mit klarer Stimme bringt sie den Song Auf all die gnädigen Frauen und erklärt fast verbittert „Wir leben in der Generationenkluft, zu alt für die Jungen und zu jung für die Alten“.

Das hatte Format.

Neben den Freunden und den durch sie gemachten Erfahrungen wendet sich Robert immer wieder seinen Freundinnen zu, ohne sich jedoch für eine entscheiden zu können. Die drei Damen umgarnten ihn mit Du treibst einen glatt zum Wahnsinn. Da gab es die Stewardess April (Florentine Kühne), mit der er immerhin mal im Bett landete – trotz ihres naiven Geplappers nebenher. Auch mit Kathy (Jasmin Eberl) wurde es nichts, da sie sich früher nie über ihre Hoffnungen und Wünsche ausgetauscht hatten. Bliebe noch Marta (Charlotte Katzer), die mit ihrem klar gesungenen Lied erfreute, dass New York eine Stadt ist für Menschen, die mitten drin sein wollen: Und wieder kommen Hundert aus der U-Bahn herauf.

Fin Holzwart spielte den Junggesellen Robert mit jugendlicher Ausstrahlung. Von den vielen Überraschungen in den Beziehungen seiner Freunde wurde er glaubhaft hin und her gerissen. Erst sang er zuversichtlich über Frauen Irgendwer wartet, später hoffnungsvoll Lebendig zu sein mit dem Wunsch nach „jemand, der mich dazu bringt lebendig zu sein, der spürt, was in mir steckt, der mir etwas gibt, das mich stärker macht, der mich wirklich liebt!“ Es blieb offen, welchen Wunsch er hatte, als er zum Schluss doch noch die Geburtstagskerzen auspustete.

Nicht zu vergessen ist die Band, die offenbar versteckt hinten auf der Bühne saß und mit viel Schwung unter der engagierten Leitung von Andreas Unsicker die Musik zum Klingen brachte. An einigen Stellen, als Sprechtext mit Musik unterlegt war, spielte die Band zu laut. Insgesamt war der Abend eine tolle Ensemble-Leistung, wobei Herz an Herz nach der Pause mit turbulenter Akrobatik besonders gelungen war.

Das begeisterte Publikum bedachte alle Mitwirkenden mit starkem Applaus.

Fotos: © Jochen Quast

Marion Eckels 07.01.2020

Weitere Vorstellungen in Hildesheim:

07., 18.02., 01., 07., 23. und 27.03.2020; weitere Termine an anderen Spielorten