Hildesheim: „Der Freischütz“

Premiere am 18. Februar 2017

Buntes Märchen

Daniel Käsmann/Konstantinos Klironomos/Gotthard Hauschild

Der französische Regisseur Dominik Wilgenbus hält den „Freischütz“ für eine Sage mit märchenhaften Elementen; er meint, dass man die Personen der Oper, für die Glaube und Aberglaube ganz real seien, durchaus ernst nehmen sollte. Und das tut er dann auch in der Hildesheimer Neuinszenierung, wenn er die Geschichte des Kampfes von Gut und Böse um die Liebenden Agathe und Max einfach nacherzählt. Dabei versieht er sie mit deutlich märchenhaften Zügen durch übertrieben bunte, klischeehafte Kostüme mit phantasievollen Kopfbedeckungen (Hannes Neumaier), die Aufwertung des teuflischen Samiel (darstellerisch agil und prägnant deklamierend Gotthard Hauschild) und sparsame Verwendung von Handpuppen. Die Beziehungen der handelnden Personen sind sorgfältig herausgearbeitet worden, sodass sie alle auf der schlichten Holzbühne, auf die nur wenige Versatzstücke zur Kennzeichnung des jeweiligen Spielortes angebracht sind, durchweg glaubhaft agieren können (Bühne: Jörg Zysik). So gelingt auch die „Wolfsschlucht“ mit viel Zauber, geisterhaften Erscheinungen und trefflichen Klangeffekten überzeugend.

Gotthard Hauschild/Konstantinos Klironomos/Uwe Tobias Hieronimi

Die musikalische Leitung lag in den bewährten Händen von Werner Seitzer, der zum Ende der Spielzeit seine jahrzehntelange Tätigkeit am Theater für Niedersachsen (TfN) beendet. Er hielt den ganzen Apparat souverän zusammen und trieb die tüchtigen Instrumentalisten im Graben erfolgreich an, schwungvoll und weitgehend präzise zu musizieren. Die Intonationssicherheit der Hörner, die in der berühmten Ouvertüre beeindruckte, ließ im Laufe des Abends leider nach. Sängerisch gab es am Premierenabend Solides: Der Tenor des Hauses Konstantinos Klironomos ließ sich als indisponiert ansagen und beschränkte sich als Max auf das Spiel und die gesprochenen Dialoge. Von der Seite sang Chris Lysack die lyrischen Teile der anspruchsvollen Zwischenpartie wie im Oratorium, die dramatische Attacke blieb unterbelichtet. Schon durch das dämonische Äußere wurde deutlich, dass Kaspar der Gegenspieler von Max ist. Die Rolle des Bösewichts war Uwe Tobias Hieronimi anvertraut, der mit kräftiger, wenn auch eindimensionaler Stimme aufwartete, mit der er die Koloraturen im Trinklied verwischte und sich in den Höhen ins Rufen rettete.

Uwe Tobias Hieronimi/Konstantinos Klironomos

Aus dem Ensemble ragten die Sängerinnen von Agathe und Ännchen deutlich heraus: Mit lebhafter Darstellung des Ännchen, einer Art Schutzengel für die leidende Agathe, gefiel Dominika Kocis, die ihren schönstimmigen, niemals soubrettigen Sopran blitzsauber durch ihre Arien führte (ein Sonderlob für die ausgezeichnete Solo-Bratsche in der Ballade vom Kettenhund!). Johanna Winkel als Agathe (im reichlich unvorteilhaften Kleid) imponierte mit fein ausgesungenen Melodiebögen und sicheren Höhen; im anrührend dargebotenen „Gebet“ ließ sie sich auch durch zahlreiche Publikums-Huster nicht irritieren.

Johanna Winkel/Dominika Kocis/Konstantinos Klironomos

Peter Kubik s prägnanter, sicher geführter Bariton passte gut zum Fürsten Ottokar; mit dröhnendem Bass überzeugte Levente György als Eremit. Jeweils klarstimmig ergänzten Peter Frank als Kuno und Daniel Käsmann als Kilian. Auffallend sauber gesungen wurde der „Jungfernkranz“ von sechs jungen Damen des Jugendchors des TfN, die Achim Falkenhausen ebenso wie den klangvollen Opern- und Extrachor gut vorbereitet hatte.

Das Premierenpublikum war zu Recht hellauf begeistert und spendete lang anhaltenden Beifall für alle Beteiligten.

Gerhard Eckels 19.2.2017

Bilder (c) Benjamin Westhoff

Weitere Vorstellungen: 25.2.+2.,12.3.+17.4.+5.,12.5.+2.6.2017