Der Einsatz von Video-Technik in der Oper scheint sich zu einem neuen Trend zu entwickeln. Das berühmteste Beispiel dürfte Barrie Koskys Berliner „Zauberflöte“ zu sein, die mittlerweile auch nach Los Angeles, Minneapolis, Barcelona, Madrid, Helsinki exportiert wurde. Als echter Spezialist in diesem Genre hat sich aber der ehemalige Tenor Kobie van Rensburg etabliert. Bisher arbeitet er nur an mittleren Häusern wie Chemnitz, Passau, Münster oder Krefeld/Mönchengladbach. Mit der Zeit dürfe sich aber herumsprechen, wie virtuos van Rensburg das Spiel der Akteure mit Video-Projektionen verbindet. Jüngstes Beispiel ist sein Krefelder „Barbier“.
In den vergangenen Jahren der Regisseur den Einsatz der Technik immer weiterentwickelt, sodass er Rossinis Evergreen auch mit verschiedenen Techniken erzählt. Zum einen nutzt er projizierte Bühnenbilder. Im „Barbier“ kommt dies vor allem in größeren Ensembleszenen zu Einsatz, die im Freien spielen. Blitzschnell entsteht so ein Straßenzug, in dem sich Darsteller bewegen.
Die modernere Variante ist dann das Abfilmen des Spiels der Akteure in einer Blue-Box. Die Bilder werden live auf eine Leinwand übertragen und in einen Raum versetzt und mit weiteren bewegten Bildern kombiniert. So werde die Szenen zwischen Figaro und Rosina zu Telefonaten, bei denen er sich in seinem Frisiersalon befindet, während sie im heimischen Wohnzimmer sitzt.
Die Inszenierung wird dadurch so abwechslungsreich, dass man gar nicht weiß, wo man gerade hinschauen soll. Für zusätzlichen Witz sorgen auch die ins Jugendjargon übersetzten Übertitel, die mit in das Bühnenbild integriert werden. Schriftbild und Bewegung der Texte drücken zudem die Stimmung der Figuren aus.
Kapellmeister Andeas Fellner dirigiert die Oper mit dezenter Dynamik, setzt nicht auf übertriebene Effekte, wodurch sich der Humor der Partitur aber besonders gut entfalten kann. Der Gesang steht hier ganz im Zentrum.
Der junge Tenor Levy Sekgapane wird vom Krefelder groß gefeiert: Die Stimme ist schlank, leicht und beweglich, verfügt aber über wenig Farbe. Das ermöglicht dem Tenor aber fließende Übergänge in die Kopfstimme, sodass keine Probleme in der Höhe auftreten. Für eine Karriere an den großen Häusern, muss die Stimme aber noch etwas reifen.
Optisch ist Sophie Witte sowieso eine Idealbesetzung für die keck-pfiffige Rosina. Witte singt die Partie aber auch sehr schön. Die Koloraturen schnurrt sie locker herunter und lässt ihren Sopran in der Höhe glitzern. Mit vollem Bariton und viel Spielwitz gibt Rafael Bruck den eitlen Figaro.
Etwas enttäuschend sind die Basspartien besetzt: Hayk Dèinyan als Bartolo klingt blass und in den rasanten Abschnitten kommt er nicht immer mit. Andrew Nolen als Basilio hat eine schöne Stimme, verfügt aber nicht über die notwendige Energie, um in der Verleumdungsarie richtig auftrumpfen zu können.
Man kann diesem furiosen Krefelder „Barbier“ nur wünschen, dass ihm das gleiche Schicksal wiederfährt wie der Berliner „Zauberflöte“, nämlich dass sich sein Erfolg schnell herumspricht und er an vielen Theatern weltweit gespielt wird.
Rudolf Hermes 11.11.15
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