Mönchengladbach: „Orpheus und Eurydike“

Eine Reise zwischen Leben und Tod

Premiere am 15.6.2017

Als letzte Musiktheaterpremiere in dieser Spielzeit zeigte das Theater Mönchengladbach am diesjährigen Fronleichnams-Feiertag nach dem großen Erfolg der Carmina Burana in den letzten Jahren erneut eine Zusammenarbeit einiger Solisten aus dem Musiktheaterensemble, dem Opernchor, der Ballettkompanie des Hauses sowie den Niederrheinischen Sinfonikern. Im Gegensatz zu Orffs großem Werk, wird die Oper „Orpheus und Eurydike“ von Christoph Willibald Gluck allerdings komplett szenisch aufgeführt.

Gluck schrieb die 1762 uraufgeführte italienischsprachige Oper in freier Anlehnung an die griechische Mythologie. Am Grab seiner Gattin Eurydike beweint Orpheus deren Tod. Durch einen Handel mit den Göttern soll Eurydike wieder zu Leben erwachen, wenn es Orpheus gelänge, sie durch seinen Gesang aus dem Hades zu befreien. Allerdings dürfe er sie auf dem Weg zurück nicht ansehen. Dass dies einer Frau, die zu Ihrer Ehrenrettung von diesem Handel natürlich keine Ahnung hat, nicht gefällt, lässt sich erahnen. Also klagt sie ihn an, dass er sie (obwohl er sie mutig aus dem Hades befreit hat) nicht mehr lieben würde. Und es kommt wie es kommen muss, bevor sich Eurydike wieder von ihm lossagt, dreht sich der Mann zu ihr um. Doch Spaß beiseite, gerade diesen letzten Akt inszeniert Jakob Peters-Messer überzeugend glaubhaft. Den Traum der Menschheit vom unerfüllbaren (!) Sieg über den Tod in Gestalt der beiden Liebenden löst Peters-Messer am Ende zudem geschickt, da die Oper bekanntlich im Gegensatz zur historischen Überlieferung ein Happy-End vorsieht.

Allgemein weiß die Inszenierung zu gefallen, auch die Darstellung des Amor als Gestalt in dem sich „Liebe und Tod begegnen“ ist schlüssig und wird durch das entsprechende Kostüm von Markus Meyer verstärkt. Meyer zeichnet sich auch für das Bühnenbild verantwortlich. Der Raum der Beisetzung Eurydikes verwandelt sich im 2. Akt zum Weg in die Unterwelt und später in eine eher sterile Klinikatmosphäre. In diesem Bühnenbild zeigt das Ballett unter Robert North zeigt einmal mehr, was es zu leisten vermag. Besonders die Choreographie der rasenden Furien gelingt sehr synchron und weiß zu gefallen. Namentlich erwähnt seien hier Jessica Gillo, Flavia Harada, Victoria Hay, Yoko Osaki, Illya Gorobets, Giuseppe Lazzara, Raphael Peter und Radoslaw Rusiecki.

Die Rolle des Orpheus übernahm in der Mönchengladbacher Premiere Eva Maria Günschmann, die hierbei eine sehr große Partie zu besetzen hat, was ihr in weiten Teilen sehr gut gelingt. Seit der Spielzeit 2010/2011 kann sich das niederrheinische Publikum hier stets auf Sie verlassen, so auch an diesem Abend. Als Eurydike steht ihr Sophie Witte zur Seite, die zwar nur im dritten Akt zum Einsatz kommt, hier aber einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Ihr Sopran klingt klar und deutlich und die Duette mit Eva Maria Günschmann harmonieren blendend. Abgerundet wird das Terzett der Damen durch Gabriela Kuhn als Amor, die die wenigen kleineren Partien die Ihr Gluck gewährt ebenfalls überzeugend interpretiert.

Dadurch, dass Gluck die seinerzeit noch typische Abfolge von Rezitativ und Arie zugunsten einer eher handlungsorientierten Szenenabfolge aufgehoben hat, bekommt auch der Opernchor eine gewichtige Aufgabe, sowohl gesanglich als auch dramaturgisch. Daher soll der Chor an dieser Stelle auch einmal besonders ausdrücklich hervorgehoben werden. Die Niederrheinischen Sinfoniker blühen unter dem Gastdirigat von Werner Ehrhardt regelrecht auf und zaubern ungewohnte Klänge aus dem Orchestergraben. So geraten auch die jeweiligen Ouvertüren der einzelnen Akte zu kleinen Highlights des Abends.

Allerdings kürzt das Theater Krefeld-Mönchengladbach, das ohnehin nicht sonderlich lange Werk noch etwas zusammen, so dass eine gut 90minütige Version übrigbleibt, die ohne Pause dargeboten wird. Dies kommt dem Fluss des Stückes sicherlich zu Gute, doch dank der eingangs erwähnten geschickten Kombination von Ballett, Chor, Orchester, Solisten und Inszenierung vergeht der Abend dadurch auch wie im Fluge, oder sollte man an dieser Stelle besser sagen wie ein kurzer aber schöner Traum!?

Markus Lamers, 16.06.2017
Fotos: © Matthias Stutte