Piacenza: „Il trovatore“, Giuseppe Verdi

Ein triumphaler Abend in der Stadt, die nur rund 70 km von Mailand entfernt ist und doch schon in einer anderen Region, nämlich in der Emilia, liegt. Auch hier gibt es zahlreiche Hardcorefans, die vielleicht nicht ganz so heikel sind wie das Publikum in Parma, aber ihren Verdi gleichfalls im Herzen tragen.

(c) teatro municipale / Bernacchioni

Ein stimmlich eindrucksvolles Solistenquartett eroberte die Zuschauer im Sturm, wobei die Damen auf der raffinierteren Seite waren, die Herren auf der stimmstärkeren. Die Titelrolle sang Angelo Villari, der in Auftreten und Gesang mehr Krieger denn lyrischer Troubadour war, aber auch die belkantesken Stellen, wie etwa „Ah sì, ben mio“ sehr gut (wenn auch ohne Triller) meisterte und im letzten Bild in Zusammenklang mit Azucena zärtlicher Töne fähig war. Als Luna setzte Ernesto Petti auf eine nicht immer nötige Lautstärke (im „Ernani“ im Vorjahr im selben Haus klang er gezügelter), aber man konnte sich formidabler Höhen erfreuen, und der Bariton besitzt auch gute Bühnenpräsenz. Eine überzeugende Leonora war Chiara Isotton, deren Sopran schön rund geführt wird und auch über die nötige klangvolle Tiefe verfügt, die etwa für „M’avrai, ma fredda esanime spoglia“ nötig ist. Ihr dunkelblonder Haarkranz verlieh ihr eine fast mütterliche Ausstrahlung. Die am besten durchdachte Figur war die Azucena der Anna Maria Chiuri, die an Verdis ursprünglichen Plan denken ließ, sein Werk nach ihr zu benennen. Die Künstlerin gestaltete die Rolle mit größter Intensität, verlieh Azucenas Erzählungen im 3. Bild (auch mit piani, wie sie hier eher selten zu hören sind) die Dimension ihrer traumatischen Erfahrung und gestaltete das „Ai nostri monti ritorneremo“ im letzten Bild geradezu wie ein für sich selbst gesungenes Wiegenlied. Mit nicht ganz frischem Bass, aber deklamatorisch tadellos sang Giovanni Battista Parodi die Erzählung des Ferrando zu Beginn der Oper. Die Ines der Ilaria Alida Quilico blieb stimmlich eher im Schatten, während Andrea Galli als Ruiz mit frischem Tenor aufhorchen ließ. Die Chorsolisten Domenico Apollonio (Alter Zigeuner) und Lorenzo Sivelli (Bote) ergänzten auf bestem Niveau.

(c) teatro municipale / Cravedi

Nun war also von den sehr guten bis exzellenten Leistungen der Sänger die Rede, aber es war das Orchestra Filarmonica Italiana unter der Leitung von Matteo Beltrami, welches das brillante Unterfutter für ihren Gesang lieferte. Beltrami gab dem „Trovatore“ genau das, wonach dieses Werk verlangt, nämlich die Tempi, die die sich überstürzenden Ereignisse und ihren Rhythmus charakterisieren. Dabei blieb er immer der sorgfältige Begleiter der alten Schule, indem die Lautstärke des Orchesters die Sänger nicht zum Forcieren zwang. Die von Beltrami erzeugte Spannung trug sich 1:1 auf das Publikum über, das auch an weniger erwartbaren Stellen in Applaus ausbrach. Ausgezeichnet auch der von Corrado Casati einstudierte Chor des Hauses.

Wenn ich erst jetzt auf die Besprechung der Regie komme, hat das zwei Gründe, von denen jeder positiv ist. Einmal, weil die musikalische Leistung aller Mitwirkenden endlich einmal im Vordergrund stand, und außerdem, weil Stefano Monti als sein eigener Bühnenbildner (unterstützt von Allegra Bernacchioni), eine Welt geschaffen hat, die unter dem Einfluss des Mondes steht (das Werk wird ja auch als „nächtliche Oper“ bezeichnet) und mit Hilfe einiger Effekte des Teatro Gioco Vita die Schatten zeigt, welche die Personen auch im Mondlicht werfen können.

(c) teatro municipale / Cravedi

Ansonsten gab es nur einige Türme in Rostrot, die entsprechend der jeweiligen Szene verschoben wurden. Hier kam der Beleuchtung von Fiammetta Baldisseri eine wichtige, ausgezeichnet gelöste, Aufgabe zu. Monti zeichnete auch für die Kostüme, die den Interpreten gut standen (vielleicht wären die Damen unterschiedlicher zu kleiden gewesen). Viel Personenführung gab es nicht, aber die Freude darüber, dass sich alle Charaktere durch ihre stimmlichen Leistungen offenbarten, überwog bei weitem.

Ein Riesenerfolg für einen authentischen „Trovatore“, bei dem die Musik im Vordergrund stand, wie Verdi es sich vermutlich von Sängern, Orchester und Dirigent erwartet hat.   

Eva Pleus, 7. März 2023


Il trovatore

Giuseppe Verdi

Piacenza, Teatro Municipale

Inszenierung: Stefano Monti

Chorleitung: Corrado Casati

Musikalische Leitung: Matteo Beltrami

Orchestra Filarmonica Italiana