Köln: „Fest der schönen Stimmen“, Italienische Operngala

In der Kulisse des „Liebestranks“ von Donizetti spielte das Gürzenich-Orchester unter der Leitung des aus Mailand eingeflogenen Dirigenten Giuseppe Finzi am 25. November 2023 zur italienischen Operngala auf. Mit Arien und Ensembles aus Opern von Donizetti, Rossini, Bellini und vor allem von Verdi erzeugte der Maestro mit dem Ensemble italienisches Opernglück.

Die Kölner Opernfreunde konnten nach drei Jahren endlich wieder in einem traditionellen „Fest der schönen Stimmen“ den Offenbachpreis an ein junges Mitglied des Ensembles verleihen und mit dem Stargast, der Sopranistin Marta Torbidoni, und vier Ensemblemitgliedern, die alle aus dem Internationalen Opernstudio hervorgegangen sind, mit dem Gürzenich-Orchester eine Italienische Operngala feiern.

Mit den ersten Takten der Sinfonia, Ouvertüre von Verdis „La forza del destino“, wurde bereits klar, dass hier vom Gürzenich-Orchester ein authentischer saftiger Verdi-Klang erzeugt wurde. Kathrin Zukowski stellte sich als kokette Norina aus Donizettis „Don Pasquale“ mit der Arie „Quel guardo il cavaliere – So anch´io la virtù“ vor, bei der sie Koloraturstärke und Virtuosität zeigen konnte. Sie ließ durchblicken, dass die Norina ein ganz durchtriebenes Luder ist, das ihren Don Pasquale an der Nase herumführt.

Die Offenbachpreisträgerin des Jahres 2012, Mezzosopranistin Adriana Bastidas-Gamboa, folgte mit einer Koloraturarie als Tancredi von Rossini, Insik Choi stellte sich als gestandener Heldenbariton mit „Perfidi, all´anglo – Pietà, rispetto, onore“ als Verdis Macbeth vor.

Der Träger des letzten Offenbachpreises 2020, Senkrechtstarter Young Woo Kim, trat mit „Celeste Aida“ als  Radamès auf. Er musste zwar wegen eines Hexenschusses mit einem eleganten Gehstock auftreten, aber eine solche Strahlkraft eines jugendlichen Heldentenors hat man selten erlebt. Pures Gold! Am 5. November 2023 wurde er in Hamburg bei der Wiederaufnahme der „Tosca“ als Cavaradossi gefeiert. Er wird 2024 in Köln als Gounod-Faust und als Cavaradossi zu sehen sein und bleibt noch der Kölner Oper erhalten.

Die Arie der Leonora aus Verdis Il Trovatore „Tacea la notte placida – Di tale amor“, einer Frau zwischen zwei Männern, war bei Stargast Marta Torbidoni, dramatischer Koloratursopran, bestens aufgehoben.

Die hochdramatische Szene aus Verdis Don Carlo, Duett und Terzett Carlo, Eboli, Rodrigo, „A mezzanotte“, in der die Eboli entdeckt, dass ihre Liebe zu Carlo verschmäht wird, und er stattdessen für Elisabetta entflammt ist, und Posa die belastenden Dokumente, die Carlo bei sich trägt, an sich nimmt, beendete mit der Reminiszenz an das Freundschaftsduett den ersten Teil.

Nach der Pause überreichte der Schatzmeister der Kölner Opernfreunde, Gregor Grimm, den mit 2.000 € dotierten Offenbachpreis an die völlig überraschte Kathrin Zukowski. In seiner Laudatio lobte der Vorsitzende der Kölner Opernfreunde, Norbert Pabelick, Zukowskis Vielseitigkeit und ihre schauspielerischen Qualitäten, die sie gerade noch im „Liebestrank“ unter Beweis stellte. Zukowski fiel schon 2019 auf, als sie als Mitglied des Internationalen Opernstudios die Marzelline in Michael Hampes Inszenierung von Beethovens „Fidelio“ unter der Leitung von Stefan Soltesz singen durfte. Es folgten Rollendebuts als Konstanze, Pamina, Micaëla, Susanna, Gretel und herzlose Prinzessin in Zemlinskis „Der Zwerg“. Besonders großen Erfolg hatte sie im Mai 2023 als Cleopatra in Händels „Giulio Cesare in Egitto“ in der Inszenierung von Vincent Boussard, für deren Gestaltung sie international gelobt wurde, weil sie besonders anspruchsvolle Koloraturen und Ausschmückungen verwendete. Pabelick stellte sie in eine Reihe mit Cecilia Bartoli, die in dieser Partie im November 2023 in der Kölner Philharmonie aufgetreten ist.

Adriana Bastidas-Gamboa brillierte mit einer Belcanto-Arie aus La Favorita von Donizetti, Kathrin Zukowski aus „I Puritani“ von Bellini. Beide konnten mit scheinbar mühelos genommenen halsbrecherischen Koloraturen ihre schönen Stimmen zeigen. Dann wurde es wieder dramatisch mit drei Auszügen aus Un Ballo di Maschera von Verdi- einem Drama über eine Liebesaffäre mit tödlichem Ausgang. Die mit Renato verheiratete Amelia verfällt dem bezirzenden Charme seines Freundes und Vorgesetzten Riccardo. Insik Choi als Renato brachte seine Frustration über den Treuebruch seiner Frau mit seinem besten Freund „Non è sul ei – Eri tu“ hochdramatisch zum Ausdruck. Ein echter Verdi-Bariton! Und Young Woo Kim machte deutlich, warum Amalia so in ihn verschossen war: das Rezitativ und die Romanze des Riccardo „Forse la soglia attinse… Ma se m’è forza perderti“ “ zeigten einen charismatischen jungen Herrscher, dem jede verfallen musste. Renato schließt sich nach Amelias Treuebruch einer Gruppe von Verschwörern an und wird ausgelost, Riccardo bei einem Maskenball zu ermorden. Dass er auch als Rigoletto bella figura macht zeigte Choi im Quartett „Un di se ben rammentomi – Bella figlia dell´amore“  mit Kathrin Zukowski als Gilda, Adriana Bastidas-Gamboa als Maddalena und Young Woo Kim als Duca. Diese Besetzung hatte Weltklasse.

Davor brillierte Gaststar Marta Torbidoni mit der großen Szene und Arie der Abigaille „Ben io t´invenni – Anch´io dischiuso – Salgo Già“ aus Verdis Nabucco, wo sie alle Register ihrer Kunst ziehen konnte. Besonders die Verzierungen der Wiederholung waren erlesen.

Der in Bari geborene Dirigent Giuseppe Finzi behandelte das Gürzenich-Orchester als virtuose Begleitung der schönen Stimmen und erzeugte echte Italianitá, indem er ständig den Blickkontakt zu den Protagonisten hielt und die Sängerinnen und Sänger auf Händen trug. Er wird im Frühjahr 2024 die Wiederaufnahme der Tosca in Köln dirigieren. Der Beifall wollte nicht enden. Da kehrte Finzi zum Gürzenich-Orchester zurück und stimmte „Libiamo ne´lieti Calici“ aus Verdis La Traviata an, bei dem Insik Choi und Young Woo Kim sich die Partie des Alfredo teilten.

(c) Paul Leclaire

Die Kölner Opernfreunde feierten mit dieser großartigen italienischen Operngala den Erfolg ihres 1961 gegründeten Internationalen Opernstudios, das sie mit Stipendien für die sieben jungen Sänger und Sängerinnen fördern. Unter der Leitung von Rainer Mühlbach gestaltet das Opernstudio die Kinderoper und führt so die jungen Sängerinnen und Sänger in die Praxis des Opernbetriebs ein. Man kann sagen, dass Marta Torbidoni, Kathrin Zukowski, Adriana Bastidas-Gamboa, Young Woo Kim und Insik Choi an diesem Abend mit ihrem Gesang beim Publikum Opernglück erzeugt haben.

19. Dezember Ursula Hartlapp-Lindemeyer

Besonderer Dank an unsere Freunde vom OPERNMAGAZIN


Fest der schönen Stimmen
Oper Köln
Konzert

Oper Köln / Freunde der Kölner Oper
29, November 2023