Premiere: 2. Juni 2017, besuchte Aufführung: 3. Juni 2017
David Fennessy
Schon bei der Ankündigung dieses Werkes runzelte man erst mal die Stirn und fragte sich: „Wer braucht denn sowas?“ Komponist David Fennessy hat für sein Musiktheater „Sweat of the Sun“, das 2016 bei der Münchener Biennale in der Muffathalle uraufgeführt wurde, auf Werner Herzogs Tagebuch-Aufzeichnungen über die Dreharbeiten zu „Fitzcarraldo“ zurückgegriffen, die unter dem Titel „Eroberung des Nutzlosen“ erschienen sind.
Jedoch wird hier nicht das Verhältnis zwischen Herzog und seinem Hauptdarsteller Klaus Kinski als Psycho-Duell gezeigt, sondern es wird überhaupt keine Geschichte erzählt. Stattdessen soll der Zuschauer „in ein Raumklangkonzept gesetzt werden“, wie Dramaturg Alexander Wunderlich bei der Einführung verrät.
Somit ist schon vorab klar, dass die Musik wichtiger ist als das Bühnengeschehen und tatsächlich hat David Fennessy eine Komposition zwischen Mediation und Aufruhr geschrieben, die eine starke suggestive Kraft besitzt und die 65 Minuten des Stückes trägt. Die Mischung aus Raumklang, Elektronik, gesampelter Caruso-Stimme, klassischen Zitaten, exaltiertem Gesangsstil, der Kombination von gesprochenem und gesungenem Wort sowie dichten Klangflächen erinnert durchaus an Bernd Alois Zimmermanns Werke „Requiem für einen jungen Dichter“ oder „Ich wandte mich um und sah alles Unrecht der Welt“. Ebenso wie diese Werke ist „Sweat oft the Sun“ aber ein Konzertstück und kein Musiktheater.
Die Inszenierung von Marco Storman definiert sich hauptsächlich darüber, dass die Solisten um die Podien herumlaufen, auf denen die Orchestermusiker auf der Bühne positioniert sind oder irgendwo stehen. Ausstatterin Jill Bertermann ist nicht nur für die Positionierung der Podien verantwortlich, sondern hat die Darsteller als Werner-Herzog-Doppelgänger kostümiert: Optisch am überzeugendsten ist Bariton Marco Vassalli und auch Sopranistin Susanne Vent-Wunderlich sieht irgendwie wie Herzog aus, während Bassist Jose Gallisa aufgrund seines dichten Vollbarts keinerlei Ambitionen zeigt, diesen Ähnlichkeitswettbewerb zu gewinnen. Zum bestens aufgelegten Ensemble der inneren Stimmen gehört auch noch Sopranistin Gesche Geier.
Die Mitglieder des Osnabrücker Symphonieorchesters musizieren unter der Leitung von An-Hoon Song mit höchstem Einsatz für dieses zeitgenössische Werk, und auch die Darsteller engagieren sich stark. Jan Friedrich Eggers, eigentlich Bariton, übernimmt als Schauspieler die Sprechrolle, die Werner Herzog und Fitzcarraldo als Urbilder der Besessenheit verkörpern soll. Ist er mit fanatischem Eifer bei der Sache, so wirkt Stephanie Schadeweg als Kinski-Akteurin recht brav. Mit schönem und weichem Alt singt Katarina Morfa ihre Rolle, die wie Molly aus dem Film kostümiert ist.
Opernfreunde aus dem Umfeld von Osnabrück, die „mal was anderes“ auf der Theaterbühne sehen wollen, sollten dieses Stück ruhig mal ausprobieren, zum kulturellen Pflichtprogramm gehört dieses Stück nicht.
Rudolf Hermes 5.6.2017
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