Osnabrück: „The Addams Family“, Andrew Lippa

Premiere: 11. März 2017

Die Addams-Family hat einen weiten Weg durch alle möglichen Medien hinter sich: In den 1930er Jahren wurde sie als Cartoon erfunden, in den 1960ern folgte eine Fernsehserie und seit den 1990er werden Spielfilme über die skurrile Sippe gedreht. 2009 wurde schließlich in Chicago die Musical-Version von Andrew Lippa uraufgeführt. Das Theater Osnabrück bringt das Stück nun in Koproduktion mit dem dortigen Institut für Musik der Hochschule auf die Bühne.

Die Geschichte, die Marshall Brickmann und Rick Elice sich auch ausgedacht haben, ist simpel gestrickt: Tochter Wednesday Addams hat sich in den Normalo Lucas Beineke verliebt und will ihn und dessen Eltern nun ihrer Familie vorstellen. Beim Antrittsbesuch prallen die Welten aufeinander und über fast drei Stunden erlebt man Liebe, Verstörung, peinliche Situationen und die finale Versöhnung. Das ist inhaltlich gestrickt wie eine Scripted Reality von RTL und SAT1 und hat einige Durchhänger, lebt aber von den ungewöhnlichen Charakteren der Addams-Family.

Allen voran ist da Mezzosopranistin Katarina Morfa zu nennen, welche die Mortica Addams als dominant-elegante Erscheinung mit starker Stimme und großer Bühnenpräsenz spielt. Ihren Ehemann Gomez gibt Jan Friedrich Eggers als Gentleman der alten Schule, der unter dem Pantoffel seiner Frau steht. Seine Partie singt er mit weichem Bariton.

Tochter Wednesday wird von Lasarah Sattler als grelle Göre gespielt, ihren Freund Lucas singt Felix Freund mit geschmeidiger Stimme. Sandra Bitterli gibt den Pugsley Addams als bösen Buben im Max-und-Moritz-Stil. Mit trockenem Humor spielt Mark Hamman den durchgeknallten Onkel Fester. Vollkommen überzogen wird die Addams-Großmutter, die für die Handlung entbehrlich ist, von Tobias Rusnak dargestellt.

Erfreulicherweise ist die Osnabrücker Aufführung besser als das Stück: Bühnenbildner Nikolaus Webern kombiniert düstere schwarz-weiß Projektionen mit realen Bühnenteilen, sodass stimmungsvolle Illusionsräume entstehen, während die Kostüme von Linda Schnabel nostalgisch-gruselige Eleganz verströmen.

Regisseur Felix Seiler beweist, dass er sein Handwerk in der grellbunten Schule von Barrie Koskys Komischer Oper gelernt hat und bringt pointierte Dialoge auf die Bühne. Ein echtes Tanzfeuerwerk liefert Choreografin Kati Farkas ab. Die abwechslungsreiche Musik inspiriert sie zu genauso abwechslungsreichen Choreografien, die von den jungen Leuten der Osnabrücker Hochschule schwungvoll umgesetzt werden. Selbst für die beteiligten Opernsänger findet Farkas immer die richtigen und effektvollen Tanzschritte.

Die 12-köpfige Band wird von Kapellmeister An-Hoon Song inspiriert durch die Partitur von Andrew Lippa geführt, die jedoch noch durchaus ein paar echte Ohrwürmer vertragen hätte. Bis die richtige Koordination zwischen den verstärkten Singstimmen und der Band eingepegelt ist, benötigt die Technik jedoch einige Zeit.

Insgesamt muss man dem Osnabrücker Theater bescheinigen, dass es eine unterhaltsame Aufführung auf die Bühne bringt, der es gelingt, über die Schwächen des Stückes hinweg zu spielen.

Bilder (c) Theater Osnabrück

Rudoph Hermes 16.3.2017