Deutschlandpremiere am 15. April 2015
Trister Ort
Das 2008 bei den MOVIMENTOS noch als „Göteborg Ballet“ auftretende Ensemble hat sich inzwischen nicht nur im neuen Namen – „Göteborgs Operans Danskompani“ – zu einer dem zeitgenössischen Tanztheater verpflichteten Compagnie entwickelt. Da boten die Akteure in der Choreografie von Ina Christel Johannessen mit ihrem neuen Stück „Wasteland“ („Müllhalde“) viel Einfallsreiches und Atemberaubendes zu der Thematik, wie wir heutzutage leichtfertig mit unserer Umwelt und Ressourcen umgehen, und das auch im zwischenmenschlichen Bereich. Johannessen hat sich bei ihren Vorstellungen eng an das Gedicht gleichen Namens von T.S. Eliot gehalten und versucht, die aus den Fugen geratene Welt zu zeigen.
In eine verlassene, weiß gekachelte, alte Fabrikhalle (ähnlich der Vorhalle des Kraftwerks, des Aufführungsortes – Bühnenbild und Kostüme: graa hverdag as/Kristin Torp) bringen zwei Männer eine verletzte Frau, die sie fast achtlos zu Boden fallen lassen. Nach und nach gesellen sich weitere ‚Außenseiter‘ dazu, und es kommt zu menschlichen Beziehungen, die oft zu eskalieren drohen und doch relativ friedlich enden. Kaue, gefüllt mit Plastikmüll und Altkleidern, werden von der Decke herabgelassen und vermüllen zwischenzeitlich die Bühne, bis wieder einige sich daran machen, alles beiseite zu räumen und Platz zu schaffen für weitere Begegnungen. Schließlich kommen sogar ein paar Grünpflanzen ins Spiel, die aber keine wirkliche Chance bekommen. Nach und nach verschwinden alle wieder von der Bühne; zurück bleibt eine weinende Frau, deren letzte Worte sind: „Weitermachen“; sie will noch nicht aufgeben und hofft auf Besseres.
Wenn die Tänzer sich zu Gruppen vereinigten und synchron tanzten, blieb doch immer die Individualität der Einzelnen durch fast unmerkliche Abweichungen gewahrt. Das Besondere an dieser Tanz-Compagnie war für mich das fließende Ineinandergreifen von Personen, z.B. von 4 Männern und einer Frau, die bei höchstem Tempo zum Auffangen der herumgeschleuderten Frau stets parat waren und weitere Würfe oder Verschlingungen einleiteten, teilweise alle zu einem Knäuel vereint; absolutes Vertrauen in die Partner war da Voraussetzung für hohe akrobatische Leistungen. Einige Solisten hätten es daher verdient, namentlich genannt zu werden, was aber dem Prinzip der 14-köpfigen Compagnie wohl widersprechen würde.
Untermalt wurde die Premiere durch Live-Musik von Frederik Meulyzer und Koenraad Ecker mit dem hier optimal passenden Namen „Stray Dogs“, eine Mischung aus Cellotönen und Elektronik, die schon bei der Einführung in das Stück als stellenweise „sehr laut“ angekündigt wurde. Man hatte den Eindruck, die Musiker passten sich eher dem Tanz an als umgekehrt. Insgesamt ließ mich das Stück eher bedrückt und ratlos zurück, den Leistungen der Tänzer aber ist höchstes Lob zu zollen. Das Publikum bedankte sich mit anhaltendem Applaus.
Marion Eckels 16.4.15
Fotos: Thomas Ammerpohl