Frankfurt, Konzert: „Englisch-böhmische Musikgeschichte“, Museumsorchester unter Antonello Manacorda

Das Konzert in der Alten Oper Frankfurt am 11. Dezember 2023 war ein musikalisches Ereignis mit vielen bewegenden Momenten. Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester unter der Leitung von Antonello Manacorda bot einen abwechslungsreichen und spannenden Querschnitt durch die englische und böhmische Musikgeschichte. Mit Maximilian Hornung als Solist im Cellokonzert von Edward Elgar war zudem ein herausragender Virtuose zu Gast, der das Publikum mit seinem sensiblen und kraftvollen Spiel begeisterte. Den Auftakt machte die Fantasie auf ein Thema von Thomas Tallis für Streicher von Ralph Vaughan Williams. Das Werk basiert auf einem vierstimmigen Choral des englischen Renaissance-Komponisten Thomas Tallis aus dem 16. Jahrhundert, den Vaughan Williams in verschiedenen Variationen und Kontrasten verarbeitete.

© Nikolaj Lund

Dabei entstand ein reiches Klangspektrum, das von zarten Soli bis zu sonoren Tutti gesteigert wird. Der Beginn klingt geheimnisvoll und wird in liegenden Akkorden der Violinen gespielt. Das Thema von Tallis wird sodann von den übrigen Streichern intoniert, um dann in Artikulation und Dynamik variiert zu werden. Vaughan Williams hatte eine besondere Idee. Er forderte zwei Streichorchester, aus welchem dann ein Soloquartett gelegentlich hervortritt. So kommt es zu faszinierenden Dialogen der beiden Orchester mit eigentümlichen Echowirkungen. Das Werk hat eine ungemein suggestive Wirkung und starke erzählerische Kraft. Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester spielte mit großer Homogenität und Ausdruckskraft, wobei die einzelnen Stimmen in den Streichern klar herausgearbeitet wurden. Die ausgeprägte Klangschönheit und die sensible Dynamik gaben der Ausführung eine besondere Tiefe. Antonello Manacorda, der Dirigent und ehemalige Konzertmeister des Mahler Chamber Orchestras, lenkte die Musiker mit sicherer Hand und schuf eine äußerst stimmungsvolle Atmosphäre, die das Publikum gebannt verfolgte. Seine klare Klangvorstellung bei den Streichern und die flexible Verwendung des Vibratos verliehen der Aufführung eine einzigartige Tiefe. Als zweites Werk erklang das Cellokonzert e-Moll Op. 85 von Edward Elgar, eines der bedeutendsten Werke für dieses Instrument. Das Konzert entstand kurz nach dem Ersten Weltkrieg und spiegelt die Trauer und Resignation des Komponisten wider, der sich von der zerstörten Welt entfremdet fühlte. Zudem erlitt er Verluste unter seinen Freunden und auch seine Gesundheit war zunehmend fragil.

(c) Marco Borggreve

Das Cello übernimmt in diesem Konzert die Rolle des einsamen Protagonisten, letztlich ist es Elgar selbst, der sich hier gegen das Schicksal auflehnt, aber letztlich vergeblich kämpft. Der fabelhafte Solist Maximilian Hornung meisterte diese anspruchsvolle Partie mit Bravour und zeigte eine begeisternde Bandbreite an Klangfarben und Emotionen. Im ersten Satz spielte er das melancholische Hauptthema mit tiefer Innigkeit und gestaltete die virtuosen Passagen mit technischer Perfektion. In den beiden ruhigen Mittelsätzen berührte er die Zuhörer mit seinem warmen, gesanglichen Ton und der Empfindsamkeit seines Spiels. Das Finale führte das Cello zu einem fulminanten Höhepunkt mitklarer Artikulation und technischer Souveränität. Eine großartige Leistung, die Maximilian Hornung zeigte. Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester begleitete den Solisten mit großer Sensibilität und Präzision, wobei die Holzbläser, Blechbläser und Streicher jeweils glänzende Akzente setzten. Auch schroffe Einwürfe in den offensiven Sforzati gaben dem Orchesterpart zusätzlichen Nachdruck. Dirigent Antonello Manacorda sorgte für eine ausgewogene Balance und verlieh dem Konzert eine packende Dramatik. Als Begleiter war er aufmerksam und impulsgebend. Viel Begeisterung im Auditorium, die Hornung mit einer kurzen Bach-Zugabe bedankte. Das dritte und letzte Werk war die Sinfonie Nr. 8 G-Dur Op. 88 von Antonín Dvorák, eine der fröhlichsten und optimistischsten Sinfonien des böhmischen Meisters. Die Sinfonie ist geprägt vom unendlichen melodischem Reichtum, ebenso von ihrer rhythmischen Vielfalt und den folkloristischen Anklängen. Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester spielte mit großer Spielfreude und Leidenschaft, wobei die einzelnen Sätze jeweils ihren ganz eigenen Charakter entfalteten. Der erste Satz war voller Schwung und Elan. Der zweite Satz zeigte sich voller Tiefe und Schönheit. Vogelstimmen und Naturstimmungen verleihen dieser Musik ihren unwiderstehlichen Zauber. Genialische Einfälle, die dem Komponisten so überreich zur Verfügung standen. Der dritte Satz, ein beschwingtes Allegretto, charmant und mit subtilem Witz. Der vierte Satz, ein feuriges Allegro ma non troppo, war voller Kraft und Glanz. Strahlende Fanfaren der Trompeten am Satzbeginn und jauchzende Hörner im strahlenden Licht machten diesen musikalischen Abschnitt besonders markant. Antonello Manacorda führte das Frankfurter Opern- und Museumsorchester mit viel Temperament und großem Espressivo. Er brachte die musikalischen Ideen von Dvořák zum Leuchten und ermöglichte den Solisten, darunter Konzertmeister Ingo de Haas, Flötistin Sarah Louvion, Oboistin Nanako Becker und Klarinettistin Claudia Dresel, ihre brillanten Soli zu präsentieren. Die Blechbläser schmetterten mit Ausdauer und derbem Zugriff, wodurch sie der Komposition zusätzlichen, überzeugenden Nachdruck verliehen. Das Publikum dankte den Musikern mit lang anhaltendem und begeistertem Applaus für dieses mit sprühender Energie vorgetragene Konzert.

Dirk Schauß, 12. Dezember 2023


Besuchtes Konzert in der Alten Oper Frankfurt

am 11. Dezember 2023

Maximilian Hornung, Violoncello

Antonello Manacorda, Leitung

Frankfurter Opern- und Museumorchester