Berlin: „Die Rache der Fledermaus“, nach Johann Strauss

Man könnte meinen, die unter dem Titel Die Rache der Fledermaus des Casino-Theaters in Winterthur, in Zürich und nun in Berlin an der Komischen Oper Erfolge feiernde Bearbeitung der Strauss-Operette sei extra für Corona-beeinträchtigte Zeiten gestaltet worden, gibt es doch anstelle eines opernwürdigen Orchesterapparats lediglich fünf Musiker, die zugleich auch noch den Chor bilden,

(c) Michael Bigler

Die Uraufführung dieser von Stefan Huber und Kai Tietje gestalteten Version, die auch für Regie und musikalische Leitung zuständig sind, fand bereits 2018 vor Corona statt, allerdings war man zwei Jahre später in Zürich sicherlich erfreut darüber, diese seuchen-kompatible Fassung zur Belustigung des Publikums in schweren Zeiten zur Verfügung zu haben, und es wäre eine schlechte Idee, in Nach-Corona-Zeiten auf die vergnügliche Fassung des strauss’schen Meisterwerks zu verzichten. Zwar schmerzt der Gedanke an einen Johann Strauss ohne Geigen, aber die im Stil einer 70er-Jahre-Combo spielende Truppe, die zwar nur über fünf Mitglieder verfügt, die jedoch achtzehn unterschiedliche Instrumente zu spielen wissen, darunter Bass, Akkordeon und Gitarre, setzt an die Stelle von beseligender Walzerbetörung rockige, südamerikanische, ja Tangoklänge, steuert also eine verfremdete und verfremdende Musik zur bekannten Handlung und zum vertrauten Text bei. Drei Fünftel des Orchesters werden durch die Zucchini Sistaz gebildet, Sinja Schnittker, Jule Balandat und Tina Werzinger, und diese lösen sich streckenweise aus dem Klangkörper, um auf des Prinzen Orlofsky Fest aufzuspielen, und auch die Namen der anderen (Falk Breitkreuz und Kai Tietje, der, wie bereits erwähnt für die musikalische Gesamtleitung verantwortlich ist), sollen nicht verschwiegen sein, denn ihnen allen ist ein Maximum an Esprit, Schwung und Pep zu verdanken. Die Ouvertüre wird einmal nicht vom Orchester, sondern von den Sängern a capella gestaltet und macht das Publikum mit der Vorgeschichte vertraut.

(c) Michael Bigler

Sowohl der Johann-Strauss-Zeit wie auch dem zwanzigsten Jahrhundert verpflichtet ist die mit wenigen Sitzgelegenheiten bestückte Bühne und sind die Kostüme, beides von Heike Seidler.

Nicht zum ersten Mal Gast auf der Bühne der Komischen Oper sind die unter Künstlernamen bekannten Geschwister Pfister, nämlich Toni und Ursli, die nun das Ehepaar Eisenstein spielen und singen. Tobias Bonn ist ein eleganter Gabriel von Eisenstein, der auch gesanglich seinen Operettentenor stemmen kann. Christoph Marti als Rosalinde dürfte Geschmackssache, allerdings wohl nicht beim einheitlich begeisterten Premierenpublikum, sein. Darstellerisch ist er eine überdrehte Ulknudel, gesanglich mit brüchiger Bassstimme vor allem beim Ungarnlied grenzwertig und doch etwas die Harmonie der Ensembles beeinträchtigend. Alen Hodzovic gibt einen jugendlichen Alfred mit im ersten Akt noch etwas flachem, im dritten hingegen aufblühendem Tenor. Gabriela Ryffel ist eine fesche und kesse Adele mit frischem, gegen Ende etwas in Musicalmanier abdriftendem Sopran. Darstellerisch wie vokal tadellos ist der Dr. Falke von Max Gertsch, urkomisch der Frank von Franz Frickel und ein rechter Besen die Ida von Nini Stadlmann. Stephanie Dietrich sang und spielte einen ungewohnt hellstimmigen Prinzen Orlofsky und eher bieder als von eleganter Verruchtheit, dazu alle Russen-Wodka-Klischees bedienend.

(c) Michael Bigler

Und nicht genug, dass Stefan Kurt Dr. Blind und Ali Bey, einen Ägypter, mimte, er war vor allem und das überaus unterhaltsam ein vorzüglicher Frosch, der zwar nicht sich anbiedernd etwa berlinerte, aber auch auf sein Schwyzerdütsch verzichtete zugunsten eines allgemein verständlichen Hochdeutschs.  Alles in allem war das ein höchst vergnüglicher Abend und nur jedem zu empfehlen, der den Wunsch hat, ohne schlechtes Gewissen von Herzen zu lachen und zu genießen. 

Ingrid Wanja, 11. Februar 2023   


Die Rache der Fledermaus von Stefan Huber und Kai Tietje

nach Die Fledermaus von Johann Strauss        

Komische Oper Berlin

Besuchte Premiere am 10. Februar 2023

Inszenierung: Stefan Huber

Bühne und Kostüme: Heike Seidler

Musikalische Leitung: Kai Tietje

Orchester Zucchini Sistaz und Kai Tietje und Falk Breitkreuz