Düsseldorf: „Bat out of Hell“, Jim Steinman

Im November 2018 feierte das Musical „Bat ouf of Hell“ von Jim Steinman seine Deutschlandpremiere in deutscher Sprache im Oberhausener Metronom Theater. Vier Jahre später ist nun erstmals die englischsprachige Originalversion vom Londoner West End in Deutschland zu sehen, da die aktuell laufende internationale Tournee-Produktion über den Jahreswechsel im Düsseldorf Capitol Theater gastiert. Bereits im Jahr 1977 erschien das Album „Bat out of Hell“ von Meat Loaf, welches bis heute mit rund 60 Millionen verkauften Exemplaren zu den meistverkauften Alben aller Zeiten zählt. Zwei weitere Alben folgten in den Jahren 1993 und 2006, bei letzterem war Jim Steinman allerdings nur noch mit einigen Songs vertreten. Aus den unzähligen Hits dieser Alben, entstand im Jahr 2017 ein Musical (Uraufführung: 17.02.2017 in Manchester), welches trotz dürftiger Story erstaunlich rund wirkt. Dies liegt sicherlich auch daran, dass es bereits vor dem ersten Album Pläne von Jim Steinman für ein Musical über Peter Pan gab, welches nie verwirklicht wurde und dessen Lieder daher zum Teil bei „Bat out of Hell“ Verwendung fanden. Letzte Anzeichen dieser ursprünglichen Pläne ist die Jugendgang „The Lost“, die stark an die verlorenen Kinder erinnert. Auf Grund eines Chemieunfalls wurde die DNA der Jugendlichen eingefroren und sie sind nun gezwungen für immer 18 zu bleiben.

(c) Chris Davis Studio

Auch Gangmitglied „Tink“ kann durchaus als Anspielung auf „Tinkerbell“ verstanden werden. Ansonsten herrscht im Jahr 2030 in der Stadt Obsidian der übermächtige Falco in seinem Falco-Tower, dessen Tochter Raven gerade ihren 18. Geburtstag feiert. Doch es kommt wie es kommen muss, die rebellische Tochter möchte nicht vom besorgten Vater oben im Turm eingesperrt in ihrem Prinzessinenzimmer den Tag sinnlos verstreichen lassen. Statt dessen verliebt sie sich in den jungen Strat, seines Zeichens Anführer der „Lost“. Unterstützt wird sie hierbei von ihrer Mutter Sloane, die vielleicht sogar die vielschichtigste Figur des Musicals abgibt. Ansonsten bleibt die Handlung erwartungsgemäß oberflächlich, was in dem Fall aber durchaus zu verkraften ist.

Das Hauptaugenmerk des Musicals liegt auf den bekannten Songs von Meat Loaf, die mal mit extrem großem Pop- und Rock-Bombast auftrumpfen können, dann aber auch wieder als intensive Balladen gefühlvoll berühren. Die Liveband spielt unter der Leitung von Iestyn Griffiths hervorragend und der Ton ist gut ausgesteuert. Doch Vorsicht, auch wenn es im Zusammenhang mit „Bat out of Hell“ zu erwarten ist, so soll an dieser Stelle doch kurz angemerkt sein, dass es sehr laut im Theater wird. Angereichert wird die Inszenierung von Jay Scheib mit einem enormen Bühnenaufwand, erst recht wenn man bedenkt, dass es sich hier um eine Tournee-Produktion handelt. Im Vergleich zur Ensuite-Produktion in Oberhausen gibt es nur geringe Abstriche beim Bühnenbild. Größte Unterscheidung ist hier der Beginn des zweiten Aktes, der Falco bei dieser Tournee nicht ganz so bedrohlich aussehen lässt, da auf eine recht brutale Einfärchung der Jugendlichen in einen kleinen Käfig komplett verzichtet wird. Dennoch wird dem Auge durch das Bühnen- und Kostümbild von Jon Bausor viel geboten. Ein wichtiges Element sind hierbei Live-Videoaufnahmen, durch die die Emotionen der Darsteller gut eingefangen werden.

(c) Chris Davis Studio

Die Besetzung ist durch die Bank hervorragend und alle achtzehn Darsteller bzw. Darstellerinnen können auf ganzer Linie überzeugen. In der Rolle des Falco steht Rob Fowler auf der Bühne, der die Rolle bereits 2017 in Manchester verkörperte. Mit Sharon Sexton steht ihm eine alte Bekannte zur Seite, denn auch sie gewann bereits 2018 den West End Wilma Award für die Rolle der Sloane. Ihre überzeugende Premiere in der Rolle der Raven feierte in Düsseldorf dagegen Katie Tonkinson, wie Rob Fowler das anwesenden Publikum in einer kurzen deutschsprachigen Dankesrede nach der Vorstellung informierte. In den weiteren Hauptrollen zeigten Glenn Adamson als Strat, Jayme-Lee Zanoncelli als Zahara, James Chrisholm als Jagwire, Rory Maguire als Tink, Danny Whelan als Ledoux und Catherina Saunders als Valkyrie wie hochkarätig die englische Musical-Ausbildung ist. Dies gilt ausdrücklich auch für das weitere Ensemble, die vor allem in den Choreographien von Xena Gusthart eine wunderbare Harmonie darboten. Die Aufführungen finden im Rahmen der internationalen Tour, wie eingangs erwähnt, komplett in englischer Sprache statt. Deutsche Übertitel vermitteln allerdings alle notwendigen Übersetzungen der Dialoge.

(c) Chris Davis Studio

Insgesamt erwartet den Zuschauer ein Theaterabend voller „rock and roll spectacular“, der insbesondere nach der Pause richtig Fahrt aufnimmt. Sind es zu Beginn noch die weniger bekannten Songs, jagt im zweiten Teil ein Hit den nächsten. Nach langer Corona-Pause kann man endlich wieder darauf hoffen, dass zukünftig die großen englischen Tourneen auch wieder häufiger in Deutschland zu sehen sein werden, hier liefert BB Promotion seit Jahren vorbildliche Arbeit. In Düsseldorf kann man „Bat out of Hell“ – im übrigen exklusiv in Deutschland – nur noch bis zum 4. Januar 2023 erleben bevor es zu einem längeren Stopp zurück nach London geht. Im Frühjahr folgen noch Auftritte in Österreich und der Schweiz.
Markus Lamers, 21. Dezember 2022


„Bat out of Hell“

Musical von Jim Steinman

Capitol Düsseldorf

Besuchte Deutschlandpremiere (engl. Version): 20. Dezember 2022

Inszenierung: Jay Scheib

Musikalische Leitung: Iestyn Griffiths


Weitere Vorstellungen: bis zum 04.01.23 in Düsseldorf / 13. – 16.04.23 in Wien / 04. – 20.05.23 in Zürich

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