Regensburg: „Hans Heiling“

Premiere: 19. September 2015

Zahlende Besucher als unbezahlte Statisten

Florian Lutz ist ein Regisseur, dessen Inszenierungen immer von originellen Ideen geprägt sind. In seiner „Hans Heiling“-Inszenierung holt er den Konflikt des Sohns der Erdgeisterkönigin, der sich ein privates Glück mit der Menschenfrau Anna erhofft, in die Gegenwart und macht daraus über den Kapitalismus.

Tatsächlich häufen die Erdgeister im Vorspiel der Oper Schätze an, so dass man sie als Kapitalisten sehen kann. Dass die Menschenwelt die Sphäre der unterdrückten Arbeiter ist, ist im Stück so nicht vorgegeben, aber durchaus eine sinnvolle Lösung.

Jedoch hätte die Eröffnungsszene konsequenter Weise anders verortet werden müssen: Lutz und sein Ausstatter Sebastian Hannak siedeln die Menschenwelt auf der Bühne vor kargen Holzwänden an, während die reichen Erdgeister ihre Heimat im prunkvollen Zuschauerraum des Regenburger Theaters haben. Bei Lutz spielt diese Erdgeisterszene aber auf der Bühne.

Als besonderen Clou lässt Lutz auch das Publikum Stellung beziehen: Wer Lust kann sich während der Vorstellung auf die Seite der Menschen schlagen und die Vorstellung aus der Bühnenperspektive erleben. Wer zu den Erdgeistern gehören möchte, wählt seinen Platz im Publikum.

Das Problem hierbei: Wer auf der Bühne Platz nimmt, hat den vollen Eintrittspreis bezahlt, übernimmt aber einen Statistenjob, der eigentlich bezahlt werden müsste: Die Zuschauer müssen nämlich Kartoffeln schälen, Walzer tanzen und eine Demonstration mit Spruchbändern durchführen. Zur Belohnung gibt immerhin etwas Verpflegung, aber die dürfte die Mängel der Bühnenperspektive kaum aufwiegen.

Die Inszenierung ist nämlich für die Zuschauer im Saal entworfen, sodass man auf der Bühne die Sänger nur von hinten sieht. Das geht natürlich auf die Kosten der Textverständlichkeit, und die Übertitel sieht man auf der Bühne auch nicht. Außerdem ist auf der Bühne das Orchester stärker über Lautsprecher von der Decke zu hören und weniger aus dem Graben, so dass das musikalische Erlebnis im Saal wesentlich größer ist.

Zwar meinten Besucher der Premiere, man müsse die Inszenierung „eigentlich zweimal sehen“, doch noch besser wäre es, wenn das Theater Regensburg in echte Statisten investieren würde, damit alle Zuschauer in den optimalen Musik- und Theatergenuss beim Besuch dieser sehens- und hörenswerten Aufführung kommen.

Rudolf Hermes 22.9.15

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