„Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen …“ Wer kennt sie nicht, die Klassik-Hits aus My Fair Lady! „Ich hätt‘ getanzt heut Nacht“, „Mit ´nem kleenen Stückchen Glück“ und viele mehr.
Viele Menschen träumen schon im Kindesalter davon, was sie einmal werden möchten. Eliza Doolittles größter Wunsch ist es, Verkäuferin in einem noblen Londoner Blumenladen zu werden. Da sie jedoch aus ärmlichen Verhältnissen stammt und nicht einmal ihre Muttersprache ordentlich beherrscht, ist sie von der Gesellschaft ausgeschlossen und lebt davon, Blumen auf der Straße zu verkaufen. Professor Henry Higgins trifft auf das störrische Mädchen und macht es sich zur Aufgabe, Eliza in eine feine Dame zu verwandeln.
Das Weimarer Publikum ist natürlich vertraut mit der Story und obwohl die Inszenierung von Anthony Pilavachi schon seit einigen Jahren zum festen Repertoire gehört, ist die Sonntag-Nachmittag-Vorstellung restlos ausverkauft.
Optisch spielt die Inszenierung im London der Belle Époque. Natürlich sind das Bühnenbild von Markus Meyer und die Kostüme sehr traditionell, wenn jemand darunter breite Hüte, Rüschen-Roben und Gehröcke versteht. Somit lässt der Regisseur alles im London der Zeit um 1900, als Autoren wie Oscar Wilde noch provokant gewesen sind und der Adel tatsächlich nur über das Wetter, Pferde und öffentliche Gesundheitsfragen geplaudert hat. So bebildert, mit Grammophon, Bibliothek und gemalter Ziegelfassade, hätte My Fair Lady ohne Weiteres auch 1956 bei der Uraufführung in New York aussehen können und auch so mitreißend, so überzeugend. Amüsant ist auch, dass Markus Meyer die Kulissen geschrumpft hat und diese auch noch in die sehr lebendige Choreografie miteinbezogen werden. Da werden schon mal die berühmten Doppeldecker-Busse durch die Gegend getragen. Und die berühmten Wahrzeichen Londons sind in handlichen Größen bereitgestellt. Dieses Kulissenspiel bietet einen besonders humoristischen Reiz für die Zuschauer.
Ein professionelles, rasantes, opulentes Unterhaltungstheater zeigt das DNT-Ensemble hier. Dazu gehören nämlich enorm viel Erfahrung vor und hinter der Bühne, sowie die entsprechenden Darsteller, vor allem aber der Wille zur Perfektion. Das gelingt den Weimarern bestens! Alle Rollenbesetzungen sind vortrefflich. Als Prof. Higgins brilliert Uwe Schenker-Primus. Seine nonchalante Arroganz bildet einen Gegenpol zur widerspenstigen Heike Porstein, die an diesem Nachmittag die Eliza singt und spielt. Großartig wirkt auch der trinkfeste und tanzfreudige Vater Doolittle, gespielt von Damon Nestor Ploumis. Seine Auftritte sind auch sehr sportlich. Er legt einige Stunts auf das Bühnenparkett, die mit Szenenapplaus bedacht werden. Markus Fennert als Oberst Pickering rundet den prallen Gesamteindruck mit seiner Seriosität ab. Auch Jörn Eichler, der den Freddy spielt, kommt beim Publikum gut an.
Dirigent Andreas Wolf schunkelte das aufgekratzte Publikum im Saal. Diese Produktion wird auch weiterhin ein spektakulärer Selbstläufer am DNT bleiben. Am DNT Weimar ist viel Sprechkultur und ehrliches Schauspieler-Handwerk auf der Bühne und so viel wortverständlicher und glaubwürdiger Gesang zu erleben. Da wird der Nachmittag zum Genuss! Endlich ist mal Unterhaltung erlaubt! Im kommerziellen britischen Theater wollen sich die Zuschauer amüsieren. Das gilt in Deutschland offiziell als altmodisch, inoffiziell, wird es allerdings oft schmerzlich vermisst.
Diese Weimarer Inszenierung ist ein „Amüsier-Garant“. So gesehen landet das DNT Weimar mit „My Fair Lady“ seit Jahren einen Volltreffer. Das beweist die große Besucherzahl. Das Publikum raste vor Begeisterung, bejubelte die Darsteller mit einem Klatschmarsch und stehenden Ovationen.
In guter Laune vereint war so ein Generationen durchmischtes Publikum bei einem Wochenend-Knüller. Was kann der Zuschauer mehr erwarten? Weiter so DNT Weimar!
Thomas Janda, 22. Februar 2024
Dank an unseren Kooperationspartner MERKER-online (Wien)
My Fair Lady
Musical von Alan Jay Lerner und Frederick Loewe
Deutsches Nationaltheater Weimar
Besuchte Aufführung am 4. Februar 2024
Premiere am 17. April 2016
Inszenierung: Anthony Pilavachi
Musikalische Leitung: Andreas Wolf
Staatskapelle Weimar