Düsseldorf: „Die Csardasfürstin“

Besuchte Vorstellung am 14.12.13

(Düsseldorfer Premiere am 07.12.13)

Nur ein Putzfrauentraum…

Es ist schwierig, wenn man in bereits vielgelobte Aufführungen geht, so bei Kalmans Operette "Die Csardasfürstin", die letzte Saison am Duisburger Haus Premiere hatte und jetzt in den Düsseldorfer Spielplan übernommen wurde. Viele Kritikerkollegen hatten sehr gute Besprechungen abgegeben, Freunde viel Gutes erzählt, die Vorschusslorbeeren waren hoch, meine eigene Erwartungshaltung zu hoch.

Joan Anton Rechi erzählt das Werk als Rückblick einer Reinemachefrau, die früher wohl die Chansonette Sylva Varescu war. Alfons Flores Bühnenbild hat das Wiener Looshaus(1910) mit seiner kühlen Architektur zum Vorbild und zeichnet einen völlig unkitschigen und sehr effektvollen Rahmen. Sebastian Ellrichs Kostüme siedeln die Handlung allerdings nicht in der Entstehungszeit (1915) an, sondern kurz vor Beginn des nächsten Weltkrieges also etwa 1932, so hat der böse Cousin Rohnsdorff, schön zynisch Christian Bartels, eine Art Nazi-Uniform an, das war allerdings auch schon der Zeitbezug. Ansonsten erzählt Rechi die zugegeben etwas kitschige Mesaillance zwischen Künstlervolk und Adel möglichst forsch, im ersten Akt noch etwas aufgelockert durch Amelie Jalowys Choreographie, im zweiten Akt fast ein wenig fremdschämend für das Banale wird Text und Spiel etwas läppisch behandelt.

Lediglich die wenigen übriggebliebenen Kalauer entlocken dem Publikum ein paar Lacher. Was völlig unter den Tisch fällt ist das "Ungarische", was Kalmans Musik mit mehreren mitreißenden Csardas` doch wesentlich prägt. So richtig Stimmung will nicht aufkommen, das Sentiment wird sich verkniffen. Im Programmheft versucht ein Artikel von Moritz Csàky die Unzulänglichkeit dieses Genres, mit Thesen die ich teilweise einfach für falsch halte, zu beweisen. Wenn man nicht dahintersteht, stellt sich doch die Frage , warum man so ein Stück überhaupt spielt. Ein weiteres ganz wesentliches Manko ist die Textunverständlichkeit des gesprochenen, wie gesungenen Wortes, da nützen auch keine Übertitel der Gesangstexte.

Nataliya Kovalova sieht einfach hinreißend in den Kostümen aus, gesanglich ist ihre Sylva Varescu nicht ganz befriedigend. Zwar hat man mit ihr einen Sopran, der gut mit dem Volumen in ein großes Haus passt, doch die dramatischeren Partien der letzten Zeit sind nicht spurlos vorüber gegangen: die Mittellage klingt nicht gut gestützt, der Übergang wird etwas fahl und in der Höhe schleichen sich einpaar uncharmante Töne ein, nicht fortwährend, doch den Schönklang mindernd. Bernhard Berchtold als Edwin macht mit großformatigem Tenor seine Sache recht gut, da hätte man sich durchaus die später von Kalman eingefügte Solonummer gewünscht. Aisha Tümmler verbreitet als Stasi soubrettenhaften Liebreiz, soweit die Regie es jedenfalls zuläßt. Florian Simson gefällt durch seine Präsenz, stimmlich klingt sein Tenor recht weiß, die Regieanlage gesteht ihm leider keinen Charme zu. Bruno Balmellis Bariton klingt als Feri Bacsi zwar gut, doch die Rollenanlage der Regie macht zu wenig aus dieser eigentlich sehr schönen Partie. Peter Nikolaus Kante und Barbara Olschner als fürstliches Elternpaar müssen den Text einfach so herunterreißen, die Chansonettenvergangenheit der Fürstin als "Kupferhilda" wird so gut wie weggelassen.

Lukas Beikircher hat mit den Düsseldorfer Symphonikern hervorragend gearbeitet, denn das Orchester klingt so gut wie selten. Was mir nicht gefällt sind die Tempi: die schnellen Nummern werden so schnell genommen, das ein Texttransport unmöglich wird, die langsamen Nummern, vor allem die Walzer sehr getragen genommen, so daß am Ende ein wenig der Schwung fehlt. Insgesamt hatte das Publikum doch weitgehend Freude an den vielen schönen, bekannten Melodien, doch die ganze Aufführung trägt so einen erkältenden Zug in sich, das sie irgendwie an einem vorbeirauscht. Zu wenig Unterhaltung für das Genre Operette.

Martin Freitag 17.12.13 Bilder: Hans Jörg Michel