Amsterdam: „Girls of the Golden West“

John Adams

Premiere: 28. Februar 2019

Besuchte Vorstellung: 5. März 2019

Wenn John Adams eine neue Oper komponiert ist auch Peter Sellars nicht weit. Für die 2017 in San Francisco uraufgeführten „Girls of the Golden West“ hat Sellars nicht nur das Libretto geschrieben, sondern auch die Regie geführt. Die Original-Produktion erlebte nun an der Niederländischen National Oper in Amsterdam ihre Europäische Erstaufführung.

Ähnlich wie Puccinis „Fanciulla del West“ siedeln Sellars und Adams ihre neue Oper im kalifornischen Goldgräbermilieu an. Das Textbuch basiert auf historischen Quellen wie Tagebüchern, Briefen und Autobiografien. Da gibt es Shirley, die mit ihrem Mann Dr. Fayette nach Kalifornien kommt, und Freundschaft mit dem schwarzen Cowboy Ned Peters schließt. Goldgräber Clarence ist mit Joe Cannon befreundet, der wiederum eine Beziehung zu der chinesischen Prostituierten Ah Sing pflegt. Die Mexikanerin Josefa hat eine heimliche Liebschaft mit dem Barmann chilenischen Ramon.

Aus dieser Konstellation könnte durchaus eine spannende Geschichte entstehen, jedoch werden die Geschichten hier nur in einer Aneinanderreihung großer Monologe erzählt, was bei einer Spieldauer (mit Pause) von über drei Stunden irgendwann ermüdet. Zudem klingt John Adams Musik austauschbar: Ob die Figuren Kutsche fahren, am Spieltisch sitzen, Sex haben oder auf Indianerjagd gehen, eine prägnante Rhythmik, Melodik und Harmonik, die genau zu dieser Szene passt, findet Adams nicht.

Roter Faden der Handlung ist der Rassismus der weißen Amerikaner gegen Indianer, Schwarze und Latinos. Auch das könnte ein spannendes Thema sein. Nur fragt man sich, warum Adams und Sellars dafür in die 1840er Jahre zurückreisen und nicht in den heutigen USA bleiben? Als Regisseur bringt Peter Sellars immerhin eine lebendige und aktionsreiche Inszenierung auf die Bühne.

Kompositorisch funktioniert das Stück so, dass für jede Szene zuerst ein rhythmisch-harmonisches Muster vorgestellt wird, dass dann variiert und synkopiert wird. Im Gegensatz zu Philipp Glass strömt Adams Musik nicht permanent, sondern sie ist kantiger und schreitet eher dahin. Am Pult des Rotterdams Philharmonisch Orkest dirigiert Grant Gershon die Musik mit dem nötigen Pfiff, der sich aber auch abnutzt.

In Amsterdam ist erneut die Uraufführungsbesetzung zu erleben. Julia Bullock gefällt als Shirley mit warmen Sopran. Davóne Tines singt den Ned Peters mit schön gefärbter und rundem Bariton. Leichte und bewegliche Stimmen besitzen Hye Jung Lee als Ah Sing und Paul Appleby als Joe Cannon. Mit großem Mezzo singt J´Nai Bridges die Josefa, während Elliot Madore als Ramon mit noblem Bariton punkten kann. Ryan Mc Kinney, der in Bayreuth schon den Amfortas sang, gestaltet den rassistischen Goldgräber Clarence mit kantigem Bariton.

Von dieser Neuen Oper hätte man musikalisch und inhaltlich eigentlich mehr erwarten dürfen. Eine Verdichtung zu einer Kammeroper mit fünf oder sechs Monologen, die zusammen 60 bis 80 Minuten dauern würden, könnten für diese Oper ein Gewinn sein.

Rudolf Hermes 8.3.2019

Bilder (c) DNO