Gelsenkirchen: „Tristan und Isolde“

Premiere: 4.März 2017

Mit prominenter Besetzung wartet das Gelsenkirchener Musiktheater bei seiner Neuproduktion von „Tristan und Isolde“ auf. Catherine Foster gehörte schon zum Weimarer Ensemble des in nun in Gelsenkirchen inszenierenden Intendanten Michael Schulz. Heldentenor Torsten Kerl begann seiner Karriere in den 90er Jahren als lyrischer Tenor in Gelsenkirchen.

Die beiden Gäste stürzen sich mit viel Begeisterung in ihre Rollen und reißen das Publikum nach der Aufführung zu stehenden Ovationen von den Sitzen. Catherine Foster singt eine dramatisch-kraftvolle und an vielen Stellen textverständliche Isolde. Torsten Kerl besitzt eine baritonal fundierte Stimme.

Beide Sänger gestalten ihre Rollen im ersten Akt in den Dialogen sehr pointiert und steigern sich im Liebesduett des zweiten Aktes zu großer Form. Während Foster im ersten Akt furios Isoldes Rachephantasien gestaltet, kann Kerl im dritten Akt mit Tristans verzweifelten Fieberträumen auftrumpfen.

Mit viel lyrischem Schöngesang gestaltet Almuth Herbst die Brangäne, während ihr die dramatischen Ausbrüche nicht liegen. Von seiner Körperhaltung stellt Urban Malmberg den Kurwenal als kauzigen Typen dar, singt ihn aber mit hellem und elegantem Bariton. Phillip Ens als Marke besitzt wenig Bassfundament und wirkt in der Höhe zu angestrengt.

Mit jugendlichem Feuer und Überschwang dirigiert Rasmus Bauman die Neue Philharmonie Westfalen. Nicht einmal 80 Minuten dauert bei ihm der erste Akt. Für die gesamte Vorstellung benötigt er gerade einmal vier dreiviertel Stunden. In den großen orchestralen Ausbrüchen könnte er manchmal etwas mehr Rücksicht auf die Sänger nehmen, das Liebesduett des zweiten Aktes dirigiert er mit viel Sinn für die Aufschwünge und Ruhephasen der Musik.

Bei vielen Inszenierungen von „Tristan und Isolde“ ärgern sich die Zuschauer über die Einfälle des Regisseurs, in Gelsenkirchen besteht diese Gefahr aber nicht, weil sich Intendant Michael Schulz nur sehr wenig hat einfallen lassen. Zwar ist es ja lobenswert, wenn ein Regisseur das Stück in den Mittelpunkt stellt und die Geschichte verständlich erzählt, aber ein paar eigenständige Akzente wünscht man sich doch.

Das Bühnenbild von Kathrin-Susann Brose ist im ersten und letzten Akt so sparsam gehalten, dass man da vielleicht sogar noch weiter hätte reduzieren können. So ist im ersten Akt das Bühnenbild in Ober- und Unterdeck aufgeteilt. Sowohl die Requisiten im Unterdeck, als auch die mit Tüchern verhängten Gerüste auf dem Oberdeck sind aber verzichtbar.

Im zweiten Akt erlauben sich Regie und Bühne immerhin ein paar eigene Akzente: Das Liebesduett beginnt vor einer Sternenwand, dann begibt sich das Paar in ein Kinderzimmer und erträumt sich eine heile Familie. Zum Höhepunkt des Duettes darf ein Statistenpaar das erotische Potenzial von Wagners Musik auch in die Tat umsetzen, während Foster und Kerl dazu singen.

Immerhin kann man sich diese Aufführung, auch wenn man von ihr nicht begeistert ist, noch ein zweites Mal anschauen, weil sie Wagners Musik und den Sängerinnen und Sängern genügend Raum lässt. Ein weiterer Grund für ein Zweitbesuch ist die attraktive Zweitbesetzung: Ab April übernehmen Yanima Maamar und Gerhard Siegel die Titelrollen.

Rudolf Hermes 5.3.2017

Bilder (c) Karl und Monika Forster