Gelsenkirchen: „Un giorno di regno“, Giuseppe Verdi

Verdi gehört zwar zu den erfolgreichsten Opernkomponisten überhaupt, aber neben den Superhits gibt es eine ganze Reihe Werke, die wenig bis gar nicht gespielt werden. Dazu gehört seine zweite Oper „Un giorno di regno“ die in Deutschland zuletzt 2017 bei den Opernfestspielen in Heidenheim gezeigt wurde. Jetzt wagt sich das Gelsenkirchener Musiktheater im Revier an die Rarität und präsentiert das Stück als Produktion des Opernstudios NRW.

© Isabel Machado Rios

Das Melodramma giocoso, das auf einem Libretto von Felice Romani basiert, der immerhin auch die Texte für Rossinis „Der Türke in Italien“, Bellinis „Norma“ und Donizettis „Liebestrank“ geschrieben hat, erzählt eine turbulente Liebes- und Verwechslungsgeschichte. Der Cavaliere Belfiore muss sich als der polnische König Stanislaus ausgeben und kommt auf seiner Reise ins Schloss des Baron Kelbar, wo auch Belfiores ehemalige Verlobte die Marchesa del Poggio lebt. Die ist jetzt dem Grafen Ivrea versprochen. Zudem soll Giulietta, die Tochter des Barons, den Schatzmeister La Rocca heiraten, liebt aber in Wirklichkeit den Edelmann Edgardo di Sanval.

Regisseur Roman Hovenbitzer siedelt das Werk in dem von Verdi gestifteten Altenheim Casa di riposo an. Dort soll zu Ehren des alten Komponisten, der von Georg Hansen gespielt wird, sein „Falstaff“ aufgeführt werden. Zu den Eröffnungsklängen dieser Oper entspinnt sich ein Dialog zwischen Verdi und Dirigent Giuliano Betta, in dem der Komponist fordert, man solle doch mal seine andere komische Oper „Un giorno di regno“ aufführen. Nachdem der Komponist die Partitur übergeben hat, geht es auch schon mit der Ouvertüre los, und man erkennt bei dieser munter dahin galoppierenden Musik in jedem Takt Verdi als Komponisten. Es gibt aber auch viele Inspirationen von Rossini und Donizetti.

© Isabel Machado Rios

Man fragt sich dann aber, wer in Verdis Seniorenresidenz, die von Hermann Feuchter entworfen wurde, seine Oper aufführt? Sind es die Bewohner oder die Pfleger? Einige der Figuren holt sich Verdi aus einem Fundus im Keller des Gebäudes. Die stilisierten Kostüme von Johanna Ralser lassen die Figuren sehr unförmig erscheinen. Hovenbitzer inszeniert die Oper flott und unterhaltsam, und achtet auch darauf, so dass man die vertrackte Geschichte gut versteht. Zudem wird auch der von Alexander Eberle gut einstudierte Chor sinnvoll in das Geschehen eingebunden.

Zwar handelt es sich um eine Produktion des Opernstudios NRW, aber tatsächlich stehen hier nur drei aktuelle Mitglieder auf der Bühne: Sopranistin Heejin Kim, die in Gelsenkirchen schon eine eindrucksvolle Marie in Smetanas „Verkaufte Braut“ sang, ist nun als Marchesa del Poggio die Primadonna des Abends. Ihre Stimme besitzt viel Feuer, und in den Koloraturen glänzt sie mit großer Stimme, die in Richtung eines dramatischen Mezzo tendiert. Den Cavaliere Belfiore singt Oleh Lebedyev etwas einförmig, aber mit warmen Bariton. In der Partie des Schatzmeisters La Rocca überzeugt Yisae Choi mit ebenso kernigem wie beweglichem Bass-Bariton.

Die anderen Partien sind mit jungen Mitgliedern des Gelsenkirchener Ensembles und Gästen besetzt: Mezzosopranistin Lina Hofmann gefällt als Giulietta mit ihrer selbstbewussten und hellen Stimme. Als Baron Kelbar bleibt Yevhen Rakhemanin etwas blass. Tenor Benjamin Lee als Edgardo besitzt eine schöne Mittellage, klingt dann aber in der Höhe zu eng.

© Isabel Machado Rios

Das flotte Dirigat von Giuliano Betta und der stimmliche Einsatz des Ensembles bringen einen jugendlichen und starken Verdi zu Gehör. Da fragt man sich, warum andere Verdi-Raritäten wie „Stiffelio“, „Attila“ oder „Ernani“ immer wieder mal in den Spielplänen auftauchen, „Un giorno di regno“ aber so stiefmütterlich behandelt wird?

Rudolf Hermes, 13. Juni 2023


Giuseppe Verdi

Un giorno di regno

Musiktheater im Revier

Premiere: 9. Juni 2023

Musikalische Leitung: Giuliano Betta

Regie: Roman Hovenbitzer

Neue Philharmonie Westfalen