Genf: Tanztheater von Reinhild Hoffmann

am 13.10.2017

Wenn Metaphern zur ästhetischen Bildsprache werden und die Musik mit einer legendären längst vergangenen Diva besetzt wird, dann entstehen Glücksgefühle die berühren. Reinhild Hoffmann erarbeitete mit dem Ballett du Grand Théâtre sehr subtile, einfühlsame und ästhetisch bemerkenswerte Bilder. Vor 34 Jahren erschuf sie dieses Werk für die Oper Bremen mit ihrer eigenen Truppe. Damals waren es achtzehn Tänzerinnen und Tänzer die sie führte und über die Jahre gut kannte. Hier in Genf sind es zweiundzwanzig Tänzerinnen und Tänzer die sie neu kennen lernen durfte und die mit ihrem Charme und enormen Talent zu überzeugen vermochten mit ihr dieses Experiment anzugehen, neu zu erfinden und auf der Bühne zu verwirklichen.

Die Arien ab Band waren manchmal etwas laut, die alten Aufnahmen etwas monoton, einige Passagen repetitiv und einige Gesänge mehrfach gewollt wiederholend. Das Tanztheater Callas ist absolut kein biographisches Werk einer legendären Opernsängerin. Reinhild Hoffmann würde sich nie anmassen das Leben der Callas auf das Parkett transportieren zu wollen, eine polarisierende Lebens- und Leidensgeschichte zu erzählen. Was sie interessierte und faszinierte ist die Musik. Das Leben der einzigartigen Künstlerin ist für sie ein Abbild aller Menschen, übersteigert auf der Bühne gezeigt, geprägt von einem intensiven öffentlichen Leben einer allzu prägenden Künstlerin.

Die Choreographin zeichnete sehr präzise ein soziales Umfeld, indem alles auf der Theaterbühne stattfand; in der Oper, auf der Bühne, im Zirkus oder in einer Bar. Für sie ist der Narzissmus ein aktuelles Gesellschaftsthema welches intensiver nicht sein kann. Callas vereinigt Themen die ewig währen, zeitlos sind, welche nur der wortlose Tanz ausdrücken kann. Diese extreme Form der Visualisierung, verlangte von den Tänzerinnen und Tänzer eine rigorose Genauigkeit um die beste und ehrlichste Ausdrucksform zu finden und nicht in Übertriebenheit und Pantomime zu verkommen.

Das Ballettkorps vertraute ihr voll und bot eine beindruckende Leistung, gepaart mit einer intelligenten, präzisen und berührenden Darbietung. Das Ganze begann mit dem krampfhaften Suchen zweier Opernbesucher nach ihren Sitzplätzen im bereits voll besetzten Opernsaal, begleitet von den Arien; Lakmé von Leo Delibes „Où va la jeune indou“ (die am Schluss in der Barszene erneut gegeben wurde) und „Je veux vivre dans ce rève“ aus Romeo und Julia von Charles Gounod.

Gefolgt von zwei weisse Frauen welche mit blutverschmierten roten Schuhen Verdis Lady Macbeth aufführten. Mit einer makellosen Maria Callas als Lady; „Nel di della vittoria“ und „una macchia è qui tuttora“.

„A vous jeux, mes amis permettez-moi de grâce, de prendre part“ begleitete das Zirkusbravourstück „Dressur“.

Die Szene „Flügel“ wurde beseelt durch Gildas Arie „Caro nome“ und die Szene „Puppe und Flügel“ erlebte eine temperamentvolle Carmen, mit „L’amour es tun oiseau rebelle“ und „Près des remparts de Séville“, abschliessend eine Lucia die zum Tanzen animierte; „Il dolce suono – Ardon gl’incensi – Spargi d’amaro pianta“.

Bei der einfühlsamen Tischszene wurde von der Divina Callas „Christoph Willibald Gluck“ gegeben; „Divinités du Styx“ und „J’ai perdu mon Eurydice“.

Zum Schluss in der Schaukelszene wurde es dramatisch bei Verdis Il Trovatore „Tacea la notte placida – Di tale amor“.

Die Tänzerinnen und Tänzer verkörperten fabelhaft alle Facetten, sie reflektierten innig und grazil die Realität des Theaters. Die Bühne ein Saal mit seinem prachtvollen, roten und schweren Vorhang, wurde zum grossen Theater. Und grosses Theater wurde von Reinhild Hoffmann geboten und einmalig bemerkenswert umgesetzt.

Die Tänzerinnen; Yumi Aizawa, Céline Allain, Louise Bille, Ornella Capece, Diana Duarte, Lée Mercurol, Tiffany, Pacheco, Sara Shigenari, Lysandra von Heesewijk, Madeline Wong.

Die Tänzer; Valentino Bertolini, Natan Bouzy, Zachary Clark, Armando Gonzales Besa, Xavier Juyon, Juan Perez Cardona, Simone Repele, Sasha Riva, Geoffrey Van Dyck, Nahuel Vega.

Bilder (c) Gregory Batardon

Marcel Paolino 26.10.2017

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