Köln: Kammermusikalische Raritäten

Alja Velkaverh (Flöte), Antonia Schreiber (Harfe)

„Wie stark ist nicht dein Zauberton“. Dieses „Zauberflöten“-Zitat kommt einem in den Sinn, wenn man die Flötistin Alja Velkaverh erlebt. Ihr Spiel besitzt enorme Wärme, ihre tonliche Formulierung samtige Einkleidung. Die Höhe leuchtet, die Tiefe vibriert nachgerade erotisch. Seit 2010 kennt man die slowenische Flötisten als Mitglied des Gürzenich-Orchesters, wo sie mit ihren Soli immer wieder auffällt.

Drei Jahre später stieß die Harfenistin Antonia Schreiber (Bild unten) zu diesem Klangkörper, nachdem sie zuvor bei den Wiener Philharmonikern eine gute, strenge Schule durchlaufen hatte. Es war faszinierend nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen, mit welcher Musikalität und Eleganz die Künstlerin ihr Instrument handhabte. Bei KammerMusikKöln hat man als Zuhörer im unterirdischen, intimen Sancta Clara Keller ja immer den besonderen Genuß, Musiker in Hautnähe zu erleben.

In der Regel ist die Harfe in den letzten Orchesterreihen plaziert. Soloauftritte wie die von Xavier de Maistre oder Emmanuel Ceysson gibt es so häufig nicht. Das liegt freilich nicht zuletzt an der Begrenztheit des einschlägigen Repertoires. Dabei hat die Duobesetzung Flöte/Harfe eine lange, bis in die Mythologie zurückreichende Geschichte. So sollen die Götter Pan und Apoll in einen musikalischen Wettstreit getreten sein, welcher unentschieden ausging. Was Alja Velkaverh und Antonia Schreiber betrifft, so war ihr gemeinsames Auftreten jedoch eine ganz und gar freundschaftlich wirkende Angelegenheit.

Zu den bekanntesten Werken für Flöte und Harfe gehört das Doppelkonzert von Mozart. Die dem Komponisten nachgesagte Aversion gegen beide Instrumente können bestenfalls punktuelle gewesen sein, sonst hätte diese Wundermusik nicht entstehen können. Das Gürzenich-Orchester sollte das Werk mit beiden Interpretinnen unbedingt einmal in Planung nehmen.

In kammermusikalischer Hinsicht gibt eine Spurensuche nach Werken für Flöte und Harfe besonders in Frankreich viel her, freilich erst seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Und selbst da war von den Interpretinnen umfänglich und penibel nach Vorhandenem zu recherchieren. Kein Wunder, daß die beiden Damen planen, ihr Programm auch auf CD zu veröffentlichen. Von dieser Stelle aus dringliche Empfehlung.

Jean Cras (1879-1932) war ein durchaus erfolgreicher Komponist, nicht zuletzt mit seiner Oper „Polyphème“ (dem heutigen Spielplan freilich gänzlich entschwunden). Seine Eltern drängten auf eine Karriere als Marineoffizier, die Cras brav und erfolgreich absolvierte. In seiner Kajüte stand aber immer ein Klavier, und in dieser Abgeschiedenheit entstand auch seine „Suite en Duo“. Sie enthält schöne Aufgaben für die beiden Instrumente und ihre individuellen Farben. Ohrenfreundlich sind auch die 45 Jahre später entstanden „Deux Impressions“ von Eugène Bozza (1905-1991) mit ihren vielen Soloherausforderungen. Noch stärker an die Gegenwart heran rückt „Toward the Sea“ von Toru Takemitsu (1930-1996), eine Komposition, welche dezidiert eine Altflöte erfordert. Daß Marc Berthomieu (1906-1991) auch Operetten schrieb, scheinen die „Trois Thémes“ zu unterstreichen. Harmonische Modernismen halten sich in Grenzen. Im Klangausdruck geht Bernard Andrès (*1941), selber Harfenist, entschieden weiter. Bei „Algues“ von 1988 läßt er durch eine besondere Zupftechnik „sein“ Instrument sogar fast wie ein Xylophon klingen. Die „Naiades“ von William Alwyns (1905-1985) führen in sanftere Gefilde zurück, was der Werktitel bereits andeutet.

Ein schöner, animierender Abend, welcher bei den Zuhörern sich auch zum Nachdenken anregt. Beiden Musikerinnen für ihre interpretatorische Vielseitigkeit höchstes Lob. Eine Wiederholung des Konzertes tags drauf in Bonn ist längst üblich.

Christoph Zimmermann 25.2.2019

Bilder (c) Gürzenich Orchester