Potsdam: „Theodora“

Vorstellung am 29. 11. 2018

Die Potsdamer Winteroper in der Friedenskirche

Musikalischer Glanz bei Händel

Seit 2005 veranstalten das Hans Otto Theater und die Kammerakademie Potsdam gemeinsam die Winteroper – in den ersten Jahren im Schlosstheater des Neuen Palais, danach wegen Restaurierungsarbeiten in diesem Gebäude in der Friedenskirche im Park Sanssouci. In diesem Jahr gab es mit Theodora wieder ein Oratorium von Händel in szenischer Realisierung durch die Regisseurin Sabine Hartmannshenn. Matthias Müller hatte ihr in der Mitte des Kirchenschiffes einen langen erhöhten Laufsteg gebaut, der in der Mitte auch eine Vertiefung aufweist, welche als unterirdisches Verlies dient. Hier wird die Geschichte der Christin Theodora erzählt, die ihrem Glauben treu bleibt und sich weigert, die römischen Götter anzubeten, wofür sie mit dem Zwang zur Prostitution bestraft werden soll. Mit dem römischen Offizier Didymus, der sie liebt und ihren Glauben annimmt, geht sie am Ende in den Tod. Dafür findet die Regie ein eindrucksvolles Bild, wenn beide gemeinsam durch die sich öffnenden Kirchentore schreiten und den Raum verlassen. Irritierend freilich, dass Theodora schon vorher von einer aufgebrachten Menge massakriert wird und danach auf der Orgelempore als Engel mit Heiligenschein sichtbar wird. Edith Kollath hat die Christen und Heiden (Chor der Potsdamer Winteroper, bestehend aus dem Vocalconsort Berlin und der Vokalakademie Potsdam) in einen wüsten Kostüm-Mix aus Versace-Imitationen mit reichlich Goldapplikationen, Leder, Sport-Trikots und diversen Trash gekleidet. Da wird der Laufsteg sogar zum Catwalk für eine exzentrische Modenschau. Auch der häufige Gebrauch der Smartphones verweist ins Heute, das Tragen von Sonnenbrillen auf Abschottung. Wenn am Schluss an alle Bibeln verteilt werden und auch der Statthalter von Antiocha, Valens, eine erhält, nimmt er erstmals die Brille ab. Plötzlich verlöscht das Licht und im Dunkeln hört man nur noch sein grelles, höhnisches Lachen.

Die Winteroper ist für ihre Aufführungen von hoher musikalischer Qualität bekannt und bestätigte dies auch am Abend des 29. 11. 2018. Mit Konrad Junghänel stand ein ausgewiesener Spezialist der Alten Musik am Pult der Kammerakademie Potsdam. Schon in der Ouvertüre setzte er mit energischen Akkorden starke Akzente, favorisierte stets einen schlanken, flexiblen Klang und war den Sängern ein aufmerksamer, inspirierender Begleiter. Wie er Theodoras Air im 2. Akt, „With Darkness, deep“, mit lieblich-zarten Tönen umspielen ließ, verdient besondere Erwähnung. Ruby Hughes mit ihrem reinen Sopran von klarer Höhe war eine Idealbesetzung für die Titelrolle. Sie berührte in ihren Soli mit innigem Gesang und im Duett mit Didymus mit ätherisch-delikaten Gespinsten, die wunderbar mit der Stimme von Christopher Lowrey verschmolzen. Der amerikanische Counter war ein weiterer Trumpf der Besetzung. Stets war sein Gesang von Wohllaut getragen, zeichnete sich durch schwebende Töne, eloquente Koloraturen und feine Triller aus. In großem Kontrast dazu der walisische Bassbariton Neal Davies als Valens mit grimmig-dröhnendem Bassbariton von starkem Nachdruck und bedrohlichem, rasendem Furor. Vokal eindrucksvoll auch Hugo Hymas als römischer Offizier Septimius mit klangvollem, jugendlichem Tenor und Ursula Hesse von den Steinen als Christin Irene mit energischem Mezzo. Am Ende sahen sich alle Mitwirkenden von Publikum begeistert gefeiert. Im nächsten Jahr wird die Winteroper ins Schlosstheater im Neuen Palais zurückkehren und Mozarts Tito unter Trevor Pinnock aufführen. Da ist mit Sicherheit wieder ein musikalischer Hochgenuss garantiert.

Bernd Hoppe 30.11.2018