Leipzig: „Rusalka“

Vorstellung: 9. Februar 2020 (Dernière für diese Spielzeit, 13. Vorstellung)

Das lyrische Märchen RUSALKA, uraufgeführt in Prag 1901 hat musikalisch nichts von seinem Charme, aber auch nichts von seiner Tragik verloren.

Im Gegensatz zu den Opern von E. T. A. Hoffmann und Albert Lortzing, die ebenfalls den Undine-Stoff behandeln, erzählt Dvořák die Geschichte der Wassernixe aus der Sicht der Elementargeister. Und dies macht das Werk heute, im Zeitalter der “Fridays for Future“, so aktuell. In Rusalka wird das Verhalten der Menschen gegenüber der Natur verurteilt, der Mensch hat in der Welt der Naturgeister einen sehr schlechten Ruf.

Aus diesem Grunde sind Menschen nur etwa zu einem Drittel der Zeit auf der Bühne. In der übrigen Zeit fangen Lieder und Szenen die märchenhafte Atmosphäre der Nixen- und Hexenwelt ein. Dabei hilft auch Dvorak’s Leitmotivtechnik welche mit wenigen Motiven in vielen Variationen auskommt. Dies im Gegensatz zu den späten Werken Richard Wagners.

Das Gewandhausorchester, geleitet von Christoph Gedschold, interpretiert die Komposition Dvořáks sehr dynamisch, dem Dirigat Gedscholds entsprechend. Leider sind einzelne Passagen einfach zu laut, so dass die Sänger auf der Bühne des Öfteren übertönt wurden. Dies ist speziell der Fall bei einigen Arien von Rusalka (Gal James), so zum Beispiel im ersten Akt >Wassermännchen Väterchen< oder auch im dritten Akt >Fühllose Flut ohne Mitleid< um nur zwei Bespiele anzuführen. Diese Kritik gilt auch teilweise für den Wassermann (Tuomas Pursio).

Die Personenführung von Michiel Dijkema ist sehr konventionell. Gerade diese Oper, man kann die Komposition Dvořák‘s auch als Naturoper bezeichnen, würde eine aktuellere Inszenierung mit wesentlich mehr direktem Bezug auf unsere Umwelt ermöglichen. Die in der Geisterwelt ungeliebte, ja gehasste (Hexe Jeziba) Spezies Mensch als Zerstörerin der Umwelt wird von den Wasser- und Waldgeistern kritisiert und verachtet. Dieser Aspekt wird von Dijkema nur am Rande gestreift. So entstand eine handwerklich gut erarbeitete, konventionelle Inszenierung, aber kein Highlight der Musiktheaterregie. Der Geschichte Rusalkas als Gesamtheit fehlt die emotionelle Spannung, der Bezug zu heute!

Als ausgezeichnete Rusalka agiert Gal James. Ihre subtil dargestellte Liebe zum Prinzen überzeugt sowohl durch ihren Gesang mit klarer Intonation, ausgezeichneten Höhen und gefühlten Emotionen, verstärkt durch zwingende Körpersprache, Mimik und Gestik. Brava!

Der Tenor Patrick Vogel als Prinz singt und spielt seine zwielichtige Rolle mit guter Intonation und sauberen Höhen ohne forcieren. Der finnische Bass-Bariton Tuomas Pursio singt hier in Leipzig einen sehr guten Wassermann.

Die amerikanische Mezzosopranistin Susan Maclean überzeugte als Hexe Jezibaba. Sie spielt und singt diese Rolle meisterhaft und glaubwürdig. Ihr komödiantisches Talent überzeugt!

Als fremde Fürstin erscheint auf der Bühne das Leipziger Ensemblemitglied Kathrin Göring auf der Bühne, auch in dieser Produktion überzeugend und mit sauber intoniertem Mezzosopran ohne aufgesetztes Vibrato mit starker Bühnenpräsenz, unterstrichen durch ein bei Sängerinnen und Sängern seltenes Talent für Schauspiel, genauso wie ich die Künstlerin in Carmen auf der Bühne in Leipzigt erlebt habe.

In weiteren Rollen zu sehen und hören: Der Heger Hinrich Horn mit seinem Küchenjungen und Neffen, gespielt und gesungen von Mirjam Neururer, die drei Waldelfen von Sandra Maxheimer, Sandra Fechner und Lenka Pavlovic und in der Rolle des Jägers Dan Karlström.

Die Bühne wurde entworfen vom Regisseur Michiel Dijkema. Seine Bühne ist gut gelungen. Interessant dabei sein Hexenhaus auf Hühnerfüssen, welches den Sagen von Baba Jaga nachempfunden ist.

Die Kostüme, gezeichnet von Julia Reindell sind stimmig. Etwas seltsam allerdings die Idee, die Waldelfen mit überdimensionierten, nackten Brüsten auf die Bühne zu bringen. Der Lacheffekt im Publikum war zu hören, doch wird so ein Frauenbild festgeschrieben, welches in der heutigen Zeit als unangemessen bezeichnet werden muss. Auch das abhäuten der Jagdbeute könnte der Regisseur ohne weiteres weglassen. Die Szene Heger-Küchenjunge trägt in ihrer Komik auch ohne unästhetische Regiemätzchen.

Das Publikum belohnte die Leistung des Teams auf, vor und hinter der Bühne mit dem verdienten Applaus. Etwas ärgerlich für den Berichterstatter waren die störenden Schwätzer und Schwätzerinnen!

Peter Heuberger, 14.2.20

© Kirsten Nijhof