Aufführung am 13.7.18 (Premiere am 11.7.) – Teatro del Maggio Musicale Fiorentino
Konzertant, aber spannend
Das 1928 gegründete Festival Maggio Musicale Fiorentino wurde von Größen wie Vittorio Gui, Mario Rossi, Bruno Bartoletti, Riccardo Muti und Zubin Mehta geleitet und liegt nun in den Händen von Fabio Luisi. Die Veranstaltung (deren Ehrendirigent auf Lebenszeit Mehta ist) erlebte viele Höhen und Tiefen und scheint nun einen neuen Anlauf zu nehmen, um programmatisch wieder an andere bedeutende europäische Festspiele anzuschließen.
Das mit Hindemiths „Cardillac“ eröffnete Programm schloss mit der Feier zum 50. Jahrestag, an dem der 27-jährige Riccardo Muti erstmals in Florenz aufgetreten war, nämlich im Juni 1968 im damaligen Teatro Comunale mit einem Konzertprogramm. Nun konnte er den Jahrestag im 2011 eröffneten neuen Florentiner Opernhaus begehen und wählte dafür eine seiner Lieblingsopern aus Giuseppe Verdis Gesamtwerk, das er in konzertanter Form präsentierte.
Der Dirigent entschied sich, wie fast immer in seiner Laufbahn, für die Pariser Fassung von 1865, der Verdi Kostbarkeiten wie etwa „La luce langue“ für die Lady geschenkt und den gesamten 4. Akt überarbeitet hat. Meiner Ansicht nach hätte man den Schluss der ersten Fassung von Florenz 1847 einfügen können, die Macbeth mit der Erkenntnis seiner Missetaten („Mal per me che m’affidai“) einen charaktervollen Abgang gönnt. Außerdem wurde die für Paris komponierte Ballettmusik gespielt, die dramaturgisch einen starken Spannungsabfall bedeutet und musikalisch nicht so exquisit ist, dass man sie konzertant unbedingt hören möchte. Muti hat sich in seiner langen Kariere vielmals mit „Macbeth“ beschäftigt und zeigte auch diesmal wieder, wie progressiv Verdis Musik schon in den frühen Jahren des Komponisten war. Orchestra und Coro des Maggio Musicale Fiorentino folgten ihm mit größter Konzentration und ließen sich von Höhepunkt zu Höhepunkt führen. Der von Lorenzo Fratini einstudierte Chor erbrachte mit „Patria oppressa“ eine schwer zu überbietende Leistung.
In der Titelrolle beeindruckte Luca Salsi, derzeit Lieblingsbariton des Maestros. Der symbiotischen künstlerischen Bindung der beiden entsprang ein starkes künstlerisches Erlebnis, das auf Beachtung aller Vorschriften des Komponisten beruhte (welche mezzevoci, welche piani!), aber immer kraftvoll und vollsaftig blieb. Auch Vittoria Yeo arbeitet eng mit Muti zusammen, doch ihr blieb es verwehrt, ein perfektes Porträt der machtgierigen Lady zu schaffen. Das lag einerseits an ihrem Material, denn obwohl sie auch mutig attackierte, ist die Stimme grundsätzlich lyrisch, andererseits an einer zwar guten Diktion, der aber noch die Vertiefung der von Verdi verlangten „parola scenica“ fehlt. Dennoch eine gute Leistung. Prachtvoll sang Francesco Meli die Arie des Macduff, brachte sich aber auch in den großen Ensembles hervorragend ein. Mit weich timbriertem Bass war Riccardo Zanellato ein ausgezeichneter Banco. Aus den Reihen des Nachwuchses waren die erfreulichen Stimmen von Antonella Carpenito (Dama) und Adriano Gramigni (Medico) zu hören, während Riccardo Rados (Malcolm) noch etwas wackelig klang. Tadellos besetzt waren die Kleinstrollen mit Chorsolisten und bestens vorbereitet auch die Kinderstimmen bei den Erscheinungen der Könige,
Die um 20 Uhr begonnene Vorstellung endete erst nach Mitternacht, was aber dem allgemeinen Jubel und dem Triumph von Riccardo Muti keinen Abbruch tat.
Eva Pleus 22.7.18
Bilder: Pietro Paolini Terra Project / Contrasto