Lüttich: „Die Zauberflöte“, Wolfgang Amadeus Mozart


Lieber Opernfreund-Freund
zur Weihnachtszeit haucht die Opéra Royal de Wallonie-Liège nach achtjähriger Pause ihrer mittlerweile 13 Jahre alten Produktion von Mozarts Zauberflöte wieder Leben ein.

(c)  J. Berger – ORW Liège

Das Regie-Duo Cécile Roussat und Julien Lubek entführt die Zuschauer dabei in eine Traum Taminos, der sich in ein Abenteuer zur Rettung seiner Puppe Pamina träumt. Dabei wird Sarastros Reich kurzerhand ins Bücherregal verlegt, Gegenstände erwachen zum Leben und werden Teil der bekannten Handlung. Das ist natürlich eine Steilvorlage für jeden Kostüm- und Bühnenbildner und Elodie Monet und Sylvie Skinazi spielen ihre Trümpfe trefflich aus. Dank Ihrer Arbeit und der originellen Ideen des Regieteams gelingt eine märchenhafte, familientaugliche Produktion, die ihren ganz eigenen Charme entfaltet und das oft gesehen Werk immer wieder spannend hält.

Das gelingt auch Christopher Franklin im Graben des opulent ausstaffierten Lütticher Hauses: „seine“ Zauberflöte zeichnet sich durch exzellente Klarheit aus, fast schnörkellos präsentiert er Mozarts Erfolgsoper, überrascht durch variantenreiche Tempi und ausgewogene Klangkomposition.

(c)  J. Berger – ORW Liège

So ausgewogen geht es gesanglich leider nicht immer zu. Gerade der Prinz von Giulio Pelligra will mir so gar nicht gefallen. Zwar spielt der Italiener den Tamino ganz vorzüglich, doch führt er seinen an sich klangschönen Tenor mit dermaßen viel Kraft, dass keinerlei Emotion entstehen kann. Erschwerend hinzu kommt noch die schlechteste Artikulation des Abends. Wie schade! Mit der Klangfarbe hat auch Tanja Kuhn als Pamina da und dort Schwierigkeiten, gerade in der Höhe wird ihr ansonsten zu bezaubernden Lyrismen fähiger Sopran oft ein wenig scharf. Ein gesundes Maß an Schärfe steht der tadellosen Königin der Nacht von Lucie Kaňková hingegen ausgezeichnet: die Tschechin lässt die atemberaubenden Koloraturen scheinbar mühelos aus sich heraus perlen und bringt das nötige Feuer für die Rolle der rachsüchtigen Mutter mit. Ihr Gegenspieler Sarastro findet im jungen Bass Aleksei Kulagin ebenfalls einen würdigen Gestalter.

Paul-Armin Edelmann ist ein Papageno wie aus dem Bilderbuch voller ansteckender Spielfreude und mit gefällig-samtigem Bariton bringt er den Vogelhändler auf die Bühne, während ich nach Adèle Lorenzis Auftritt als Papagena traurig bin, dass deren Rolle nur so vergleichsweise klein ist. Ihrer pure Wärme verströmenden Stimme hätte ich gerne länger zugehört. Überhaupt sind es die kleineren Rollen, die aufhorchen lassen: Dušica Bihelić, Julie Bailly und Marie-Juliette Ghazarian sind drei hinreißende Damen, die Chormitglieder Jules-César Murengezi und Bruno Silva Resende stellen als Wächterpaar ihre Solistenqualitäten unter Beweis und beim Monostratos des jungen Franzosen Olivier Trommenschlager mag man gar nicht wegschauen und -hören, so brillant ist sein komödiantisches Talent und so farbenreich seine Stimme.

(c)  J. Berger – ORW Liège

Der von Denis Segond hervorragend präparierte Chor singt von den Rängen und hüllt die Zuschauer so ganz und gar ein in seine exzellent austarierten Stimmen. Am Ende des Abends ist das ausverkaufte Haus begeistert und auch ich habe mich von dieser im wahrsten Wortsinne traumhaften Zauberflöte verzaubern lassen.

IhrJochen Rüth 29. Dezember 2023


Die Zauberflöte
Wolfgang Amadeus Mozart


Premiere: 15. Oktober 2010
Wiederaufnahmepremiere: 19. Dezember 2023
besuchte Vorstellung: 28. Dezember 2023


Inszenierung: Cécile Roussat & Julien Lubek 
Musikalische Leitung: Christopher Franklin
Orchestre d’Opéra Royal de Wallonie-Liège

Produktions-Trailer