Braunschweig: „Die lustige Witwe“

Premiere am 23.Februar 2019

Umjubelt

Mit der Neuinszenierung von Franz Lehárs Erfolgsoperette hat das Staatstheater Braunschweig wieder einen Renner in der Saison. Das totgesagte „Goldene Zeitalter“ dieser Gattung lebte durch Lehárs Operette „Die lustige Witwe“ 1905 als gelungener Start ins „Silberne Zeitalter“ wieder auf. Allerdings hatte sie bei der Uraufführung am Theater an der Wien noch nicht gleich den erwarteten großen Erfolg, aber seit 1906 verbreitete sie sich über Berlin und Hamburg bis nach Paris und London; so wurde

sie ein Welterfolg auch in Indien, Südafrika, China und Japan.

Am Staatstheater hatte man die neue „Witwe“ dem von Film und Fernsehen bekannten Schauspieler und Regisseur Klaus Christian Schreiber anvertraut, der eigens eine moderne Dialogfassung erstellte, die aber dem Affen stellenweise zu viel klamottigen Zucker gab und verknappt eher mehr Effekt gemacht hätte. Das glich die sehr lebhafte, geschickte Personenführung weitgehend aus. Die zeitlose Thematik des Stückes – Geld regiert die Welt und Gefühle bleiben oft auf der Strecke – wurde durch Handys und Ausdrücke aus der Jugendsprache betont, wie auch durch moderne Kostüme der Protagonisten, die allerdings beim Chor sehr skurril und plunderig wirkten (Ausstattung: Madeleine Boyd). Alle Spielorte waren mit Verwendung weniger, typisierender Versatzstücke unter dem Eiffelturm angesiedelt, eine gute Idee. Das gab Raum für die wunderbaren Tanzeinlagen des speziell zusammengestellten Ballettensembles, die von nun an fester, oft folkloristischer Bestandteil der Operetten wurden (Choreographie: Amy Share-Kissiov).

Erster Kapellmeister Iván López Reynoso hatte die musikalischen Fäden fest in der Hand; woran das Wackeln im Weiber-Marsch-Septett des 2.Aktes lag, ließ sich nicht feststellen. Im Übrigen sorgte er mit dem bestens vorbereiteten Staatsorchester für den nötigen Drive vom melancholischen Vilja-Lied über das flotte „Da geh ich zu Maxim“ und das süffige „Lippen schweigen“ bis hin zu mitreißenden, finalen „Ja, das Studium der Weiber ist schwer“ (da begann sogar das Publikum rhythmisch zu klatschen!).

Zu dem großen Erfolg des Abends trugen jedoch entscheidend die ausgesprochen lebendig agierenden Sängerdarsteller bei: Da ist zuerst Ivi Karnezi als elegante Hanna Glawari zu nennen, die mit großer Raffinesse ihren eifersüchtigen Danilo zu piesacken versteht, bis sie ihn da hat, wo er sein soll, an ihrer Seite. Ihr intensives Vilja-Lied wurde passend durch einen interpretierenden Pas-de-deux untermalt. Als Danilo kam Vincenzo Neri recht burschikos daher und nahm zwischendurch auch locker direkten Kontakt zum Publikum in der ersten Reihe auf, was gut ankam. Mit seinem schönen Bariton glaubte man dem Auftrittslied „Da geh ich zu Maxim“ sofort, dass ihm alle Damen dort zu Füßen lagen. Köstlich war Milda Tubelyté als heftig flirtende Valencienne, die sich dennoch ihren Verehrer vom Leib hielt und dann ganz große Komödie um den ominösen Fächer spielte. Ihr heller Mezzo passte sehr gut zu dem anfangs zu stark auftrumpfenden Tenor von Kwonsoo Jeon bei den Duetten „Ich bin eine anständ’ge Frau“ und „Wie eine Rosenknospe“. Dieser interpretierte den Camille de Rosillon teils draufgängerisch, teils wurde er von den übrigen Akteuren zum Spielball, der hin und her geschoben wurde, um deren Ehre und Ehe zu retten. Da hätte es der grünen Strähne im Haar nicht bedurft, um ihn zu charakterisieren. Als Mirko Zeta (Ehemann der Valencienne), der die Millionen der Witwe unbedingt zur Rettung des Staatshaushaltes in Pontevedro behalten will, war Michael Eder gut eingesetzt.

Die wie Zwillinge ausgestatteten Matthias Stier (Raoul de St.Brioche) und Michal Prószynski (Cascade) waren leider stimmlich zu ungleich besetzt, so dass Cascade nur wie ein Echo von Brioche wirkte. Ein Gewinn des Abends war Andreas Bißmeier als Njegus, der mit herrlich trockenen Kommentaren erheiterte. Der Opernchor in der Einstudierung von Georg Menskes und Johanna Motter gab sängerisch sein Bestes und brachte viel Spielfreude über die Rampe.

Langanhaltender Applaus und Jubel dankte allen Beteiligten für die unbeschwerte Unterhaltung.

Marion Eckels 24.2.2019

Bilder © Björn Hickmann

Weitere Vorstellungen: 28.02., 06./12./22.03. u.a.