Braunschweig, Konzert: „Mozart“, Staatsorchester Braunschweig unter Alexander Sinan Binder

Für Mozart-Fans – und nicht nur für diese – war das 2. Sinfoniekonzert der Spielzeit ein Fest, gab es doch ausschließlich Werke von ihm zu hören. Man hatte sich die sogenannten Akademiekonzerte zum Vorbild genommen, die Mozart gern in Wien und auch anderswo gab. Hier führte er seine Kompositionen auf, die er zum Teil sogar nur satzweise spielen ließ. So erklärt sich der zweite Teil des Konzerts im Großen Haus, in dem die Es-Dur-Sinfonie Nr. 39 die Konzertarie KV 505 umrahmte.

© Volker Conradus

Am Beginn stand zunächst die wirbelige Ouvertüre zu „Le nozze di Figaro“, die das Staatsorchester trotz zügigen Tempos mit klassischer Präzision präsentierte. Der neue 1. Kapellmeister des Hauses Alexander Sinan Binder überzeugte von Anfang an durch klares Dirigat und inspirierende Zeichengebung. Das setzte sich in der 1782 im Auftrag des Salzburger Bürgermeisters Sigmund Haffner komponierten, nach diesem benannten D-Dur-Sinfonie KV 385 fort. Hier gefielen besonders die blitzsauberen Holzbläser und die Genauigkeit der Streicher; dabei sorgte der souveräne Dirigent für stets transparentes Zusammenspiel. Nach dem ruhigen Andante und dem bodenständigen Menuetto ging es ins flotte, akzentreich servierte Finale, für das Mozart das Hauptthema der Arie des Osmin „Ha, wie will ich triumphieren“ aus der „Entführung aus dem Serail“ entnommen hatte. Auch hier blieb alles durchsichtig und sogar schön schwingend, obwohl nun ein wirklich rasantes Tempo angesagt war.

© Staatstheater Braunschweig

Nach der Pause erklang die erste der drei letzten „großen“ Sinfonien, die Mozart alle im Sommer 1788 komponiert hatte. In den ersten beiden Sätzen (Adagio-Allegro und Andante con moto) fiel der samtene, abgedunkelte Holzbläserklang auf, der durch die reduzierte Besetzung mit einer Flöte, je zwei Klarinetten und Fagotte entstand. Sinnfällig arbeitete der umsichtige Dirigent die Kontraste im Kopfsatz zwischen den nachdenklichen Figuren und der etwas plakativ festlichen Stimmung aus. Am Schluss des zweiten Satzes traten die beiden Solistinnen auf, so dass sich die Konzert-Arie Ch’io mi scordi di te? unmittelbar anschloss. Mozart hat die Konzertarie „Für Mademoiselle Storace (seine Susanna in der Uraufführung von „Figaros Hochzeit“) und mich“, also für sich selbst komponiert. Leider war der Text der Arie im Programmheft nicht abgedruckt; dank der starken Ausdruckskraft der Sängerin konnte man sich aber den Inhalt einigermaßen erschließen.

Eine der Braunschweiger Publikumslieblinge Milda Tubelyte hinterließ mit ihrer überaus kultivierten Singweise erneut einen tadellosen Eindruck. Sie führte ihren charaktervollen Mezzosopran intonationsrein und bruchlos durch alle Lagen, von dramatischer Attitüde im einleitenden Rezitativ bis zu den in wunderbarem Legato servierten lyrischen Passagen im Rondo der Arie. Mit sicherer Technik und perlenden Läufen absolvierte die Solo-Korrepetitorin Momoka Nishida ihren Part am Hammerklavier; dass die tüchtige Pianistin im Programmheft nicht genannt wurde, ist ein Unding.

Mit dem auch wieder recht bodenständigen Menuetto mit ausdrucksvollen Bläserklängen im Mittelteil und dem erneut sehr flotten Finale-Allegro endete ein bemerkenswertes Konzert, dessen Mitwirkende mit starkem, lang anhaltendem Beifall belohnt wurden.

Gerhard Eckels, 22. September 2024


Wolfgang Amadeus Mozart:
Le nozze di Figaro (Ouvertüre)
Sinfonie Nr. 35 in D-Dur KV 385 »Haffner«
Sinfonie Nr. 39 in Es-Dur KV 543
»Ch‘io mi scordi di te? – Non temer, amato bene.« KV 505

Konzert im Großen Haus des Staatstheaters Braunschweig

21. September 2024

Dirigent: Alexander Sinan Binder
Staatsorchester Braunschweig