Bremen: „Hoffmann“ – ein Offenbach-Projekt

Premiere am 08.02.2017

Kleine Zwischenmahlzeit

Als kleine Zwischenmahlzeit wurde „Hoffmann – Ein Offenbach-Projekt“ zusätzlich in den Musiktheater-Spielplan aufgenommen. Der im Schauspielhaus mit siebzig Minuten Spieldauer realisierte Abend hinterließ allerdings zwiespältige Eindrücke. Das von Levin Handschuh (Regie) und Riccardo Castagnola (musikalische Bearbeitung) konzipierte Projekt ist keine richtige Oper, aber auch kein richtiges Schauspiel. Wer Offenbachs „Les contes d’ Hoffmann“ nicht kennt, dürfte nur schwer Zugang gefunden haben, auch wenn sich die Hauptfiguren der Oper in diesem experimentellen Stück wiederfinden. Hoffmann und Niklausse befinden sich hier auf einer Silvesterparty, von der es drei Variationen gibt. Als Zeitpunkt der Handlung wird jedes Mal „Silvester, 23:43 Uhr“ angegeben. Bevor es losgeht, wird das Wort „Ende“ projiziert, so als hätte es schon zuvor eine Episode gegeben.

Castagnola arbeitet mit elektronischen Klängen, die unter der Leitung von Tommaso Lepore live gespielt werden. Hämmernde Rhythmen oder Orgelklang, Geräusche und Melodiefetzen wechseln sich ab. Offenbachs Musik wird dabei als Steinbruch benutzt. Aber es sind doch einige von Offenbachs Arien, die den musikalischen Fortgang bestimmen, wenn auch in verfremdeter Art. „Habe Brillen“ von Coppelius, die Arie der Olympia oder Hoffmanns Trinklied sind ebenso enthalten wie Antonias Arie. Die Barcarole erklingt teilweise als Vocalise und wird mit der Spiegelarie gekoppelt. Die gesanglichen Leistungen von Christian-Andreas Engelhardt (Hoffmann), Pauline Jacob (Nicklausse), Iryna Dziashko (Olympia, Antonia, Giulietta) und Christoph Heinrich (Coppelius, Mirakel, Dapertutto) sind unterschiedlich, wobei Dziashko und Heinrich ihre Aufgaben noch am besten bewältigen.

Alle drei Szenen markieren Party-Ende. Ein langer Tisch bestimmt das Bühnenbild von Nanako Oizumi. Hoffmann scheint im Alkohol- oder Drogenrausch zu sein. Seine Erinnerungen an die tatsächlichen Ereignisse der Silvesternacht sind verschwommen. Aber immer bleibt seine Annäherung an die drei Frauen ohne Erfüllung. Zuletzt verlässt ihn auch Nicklausse, um sich mit Dapertutto zu vergnügen. Regisseur Handschuh hat die unwirkliche Atmosphäre der Szenen gut eingefangen. Dennoch – ein Abend, an dem vorwiegend Insider ihre Freude haben dürften.

Wolfgang Denker, 09.02.2017

Fotos von Jörg Landsberg