Krefeld: „Queen’s Last Night“

Uraufführung: 04.09.2021

Im Kaufhaus geschehen seltsame Dinge…

Am Samstag, den 04. September 2021 startete das Theater Krefeld mit einer Uraufführung in die neue Spielzeit, die in den letzten Monaten zunehmend Gestalt annahm. Vor einigen Jahren fand beim jährlichen Theaterball bereits ein Auftritt von drei Schauspielerinnen statt, die als Königinnen kostümiert neu arrangierte Songs der britischen Rockband QUEEN sangen. Als auf Grund der Corona-Pandemie das Musical „Cabaret“ verschoben werden musste entwickelte das Theater Krefeld-Mönchengladbach diverse „coronataugliche Ersatzproduktionen“, bei denen sich die notwenigen arbeitsrechtlichen Vorgaben umsetzen ließen. So entstand in den vergangen Monaten aus einem vielumjubelten Auftritt beim Theaterball ein gut 90minütiges Songdrama, in dem 22 QUEEN-Songs ihren Platz gefunden haben, entwickelt vom Regisseur Frank Matthus und dem musikalischen Leiter Jochen Kilian. Neben den großen Klassikern wie „Bohemian Rhapsody“, „Killer Queen“, „Who Wants to Live Forever“, „We are the Champions“, „The Show Must Go On“ oder „I Want to Break Free“ – um nur einige zu nennen – fanden auch eher unbekanntere Werke den Weg in diese Produktion. Das besondere an diese Werk ist es, dass die großartige Musik der Band ohne großen Bandbombast eher in einer kammermusikalischen Form erklingt. Jochen Kilian sitzt hierbei allein im Orchestergraben, meist am Klavier, unterstützt wird er hierbei aber großartig von den sieben Darstellerinnen und Darstellern des Abends, die immer wieder Gegenstände finden, die in einem maroden Kaufhaus noch so rumliegen und die sich hervorragend zum Musizieren eignen.

Doch warum marodes Kaufhaus? Kommen wir kurz zum Handlungsrahmen der Geschichte. Das Kaufhaus „Queen´s“ muss leider schließen, da die Kunden zunehmend im Internet kaufen und der Slogen „Bei uns sind die Kundinnen Königinnen.“ auch nicht mehr zieht. Daher soll das altehrwürdige Haus nun abgerissen werden. Wehmütig dreht der langjährige Nachtpförtner nach dem letzten Ladenschluss seine Runde durch das Kaufhaus, vorbei an den Schaufensterpuppen, die zu großen Teilen als Königinnen verkleidet den Kunden ein besonderes Einkaufsambiente geboten haben. Die Arbeit hier im Kaufhaus war und ist (noch) sein Leben und auf seine „Königinnen“ hat er über all die Jahre ein waches Auge gehabt. Voller Abschiedskummer schlendert er durch die Gänge, doch plötzlich beginnt sich die Welt um ihn herum zu verwandeln und fantastische Dinge geschehen. It´s a Kind of Magic! Im Programmheft tätigt Jochen Kilian jedoch ein Versprechen: „Wer glaubt, dass er nach dem dritten Song verstanden hat, wie der Abend läuft, der hat sich sicher getäuscht.“ Und ja, dies ist nun der Punkt, der es einem Kritiker sehr schwierig macht, viel mehr über die Handlung zu schreiben, ohne etwas im Vorfeld zu verraten, denn die ein oder andere Wendung ist in der Tat so nicht unbedingt zu erwarten. Vielleicht so viel, freuen kann sich der Zuschauer sowohl auf ein bisher gänzlich unbekanntes Virus, auf royalen Besuch im Kaufhaus sowie bekannte Unterstützung aus Schweden. Und hiermit ist nicht ABBA gemeint, die aktuell mit ihrem neuen Album und ihrer neuen Show in London genug eigene Arbeit um die Ohren haben.

Das Schauspielensemble bestehend aus Bruno Winzen (als Nachtpförtner), Esther Keil, Jannike Schubert, Carolin Schupa, Paul Steinbach, Ronny Tomiska und Adrian Linke zeigte sich am Premierenabend bestens aufgelegt und präsentierte die vielen mehrstimmigen Songs ganz wunderbar. Wie Esther Keil die „Bohemian Rhapsody“ fast im Alleingang auf die Bühne bringt, ist ganz großes Theater. Den Zuschauer erwartet bei „Queen´s Last Night“ ein absolut unterhaltsamer Theaterabend, mit einer guten Portion (teilweise durchaus skurrilem) Humor. Nicht vergessen werden, sollen an dieser Stelle die prächtigen Kostüme der Königinnen, für die sich Anne Weiler verantwortlich zeichnet, die darüber hinaus auch die Bühne entworfen hat. Das Publikum vor Ort feierte die Darsteller und das Leitungsteam nach der ausverkauften Premierenvorstellung mit langem und lautstarken Applaus. Mit „Queen´s last Night“ könnte dem Theater Krefeld und dem hervorragenden Schauspielensemble ein weitere Publikumshit gelungen sein, ganz in der guten Tradition des Hauses, man denke hier beispielsweise an die grandiose „Rocky Horror Show“ (ebenfalls von Frank Matthus inszeniert) oder die „Blues Brothers“ zurück. Hoffentlich heißt es für diese Produktion noch lange: „The Show Must Go On“.

Markus Lamers, 05.09.2021
Fotos: © Matthias Stutte