Krefeld: Carmen

Premiere: 12.09.2020, besuchte Vorstellung 03.06.2021

Ein konzertanter Musikgenuss

Eigentlich stand der Besuch dieser Vorstellung bereits im letzten Herbst auf dem Programm, doch dann kam bekanntlich alles ganz anders. Umso schöner ist es nun, dass diese konzertante Aufführung mit Videoeinspielungen als eine der ersten Aufführungen nach Wiederaufnahme des Spielbetriebs erneut auf dem Spielplan am Theater Krefeld steht. Leider gab es dann aber am vergangenen Donnerstag unmittelbar vor Vorstellungsbeginn die Information, dass in dieser Vorstellung auf Grund von technischen Problemen leider auf die Videoeinspielungen von Kobie van Rensburg (Konzeption, Videoregie und Ausstattung) verzichtet werden muss. In diesen Einspielungen schlüpfen u. a. vier Mitglieder der Ballettkompanie in die Rollen von Carmen, Don José, Micaela und Escamillo. Zu erleben war stattdessen dann „nur“ eine konzertante Aufführung, für die allein sich aber die Anreise ebenfalls gelohnt hat.

Da nun hier leider nichts zu der, wie man an anderer Stelle hörte, sehr sehenswerten Umsetzung gesagt werden kann und die Oper „Carmen“ von Georges Bizet hinlänglich bekannt sein sollte, wollen wir den Blick kurz auf den bereits erwähnten musikalischen Genuss des Abends werfen. Gespielt wird in Krefeld die reduzierte Orchesterfassung von Gerardo Colella, für die rund 20 Musiker und Musikerinnen im hinteren Bühnenbereich platziert wurden. Unter der musikalischen Leitung von GMD Mihkel Kütson spielen die Niederrheinischen Sinfoniker auf bekannt hohem Niveau, so dass die bekannten Lieder der Oper auch in dieser kleinen Besetzung kraftvoll und voluminös erklangen. Allein die Ouvertüre war hierbei ein echter Genuss für die Ohren, den man so lange vermisst hat. Einmal mehr konnte auch das Musiktheater-Ensemble beweisen, wie gut es seit vielen Jahren aufgestellt ist. Bis in die kleinste Rolle, war die Aufführung stark besetzt. In der Titelrolle verkörperte die Mezzosopranistin Eva Maria Günschmann eine differenzierte Carmen. Manchmal eher verführerisch, doch meist die starke emanzipierte Frau mit großem Selbstbewusstsein. Ihr zur Seite steht mit dem Tenor David Esteban ein Don José, bei dem auch in dieser konzertanten Version deutlich wird, wie sehr er Camen verfallen ist. Der Bariton Rafael Bruck singt einen Escamillo an dem es wahrlich nichts auszusetzen gibt, im Gegenteil. Ganz hervorragend ist auch Sophie Witte als Micaela mit ihrem reinen, jugendlich wirkenden Sopran. Die weiteren Rollen haben in der besuchten Vorstellung Hayk Deinyan (Zuniga), Debra Hays (Frasquita), Janet Bartolova (Mercédès), Woongyi Lee (Remendado) und Guillem Batllori (Dancairo) übernommen. Letzterer ist noch Mitglied im Opernstudio Niederrhein, zeigt hier aber einmal mehr was in ihm steckt. Zum Finale erklang der Opernchor noch per Toneinspielung.

Die gut 90 Minuten (ohne Pause) vergingen auch ohne eine begleitende Inszenierung wie im Fluge, am Ende gab es einen langen und kaum enden wollenden Applaus der im Theater anwesenden Zuschauer. Zwei weitere Vorstellungen stehen noch am 12. Juni sowie am 29. Juni auf dem Spielplan, dann hoffentlich auch wieder ohne technische Probleme, so dass sich zum musikalischen auch der visuelle Genuss gesellen kann.

Markus Lamers, 04.06.2021
Fotos: © Matthias Stutte