Magdeburg: „Die Walküre“

Besuchte Vorstellung am 30. September 2018, Premiere am 8.September 2018

Gelungene Rollendebüts

Die Magdeburger Neuinszenierung von Richard Wagners „Walküre“ ist in jeder Beziehung sehens- und hörenswert. Zur Begründung dieser Aussage verweise ich zunächst auf die unten stehende, ausführlich und fundiert begründete Besprechung unseres „opernfreund“-Kollegen und Wagner-Experten Klaus Billand.

Ergänzend einige Anmerkungen: Als allzu zwanghaften Bezug zur Gegenwart empfand ich die Video-Einspielungen zu Beginn jeden Aktes und ganz am Schluss zum „Feuerzauber“, die gewalttätige Straßenkämpfe wie zum G 20-Gipfel in Hamburg zeigten. Sinnfällig dagegen war die Bekleidung Wotans, der im 1. Akt in ähnlichem Outfit wie Siegmund als Drahtzieher und Beobachter im Hintergrund zu sehen war, dann aber nach seiner Niederlage bei der Auseinandersetzung mit Fricka den von ihr mitgebrachten grauen Anzug eines Unternehmers anzog.

Julia Borchert/Lucia Lucas

Auch ich habe selten eine derart intensive und in jedem Moment gut nachvollziehbare Personenführung (Regie: Jakob Peters-Messer) erlebt, wie besonders im 1. Akt, aber auch z.B. bei der Schlussszene zwischen Brünnhilde und Wotan: Blicke und Gesten zwischen den handelnden Personen entwickelten sich sehr natürlich, was auch an dem großen Gestaltungsvermögen der ausgezeichneten Sängerdarsteller lag. Im Übrigen war es ein großer Vorteil der etwas nüchternen, ja fast durchgehend kargen Bühnenausstattung (Guido Petzold – auch verantwortlich für Lichtdesign und Videos) – wenn man von der atmosphärereichen „Todesverkündigung“ einmal absieht – ,dass die Beziehungen der Protagonisten zueinander und vor allem die Musik stets im Vordergrund standen.

Die musikalische Leitung lag beim scheidenden GMD Kimbo Ishii, der am Pult der weitgehend gut disponierten Magdeburgischen Philharmonie sicher für zügiges Vorwärtsdrängen sorgte. Allerdings war sein Dirigat nicht durchgehend sängerfreundlich, indem er das Orchester auch gerade in lyrischen Passagen teilweise zu sehr lärmen ließ. Einige „Blechschäden“ (Intonation! Unklare An- und Einsätze!) beeinträchtigten den sonst positiven Gesamteindruck.

Noa Danon/Richard Furman/Julia Borchert

Das Ereignis dieser Produktion ist die Bariton-Sängerin Lucia Lucas als Wotan, die bei ihrem Rollendebüt einen durchschlagskräftigen, recht hellen Bariton hören ließ. In der Mittellage und bei den bombensicheren Höhen fand sie zu ausgeglichener, abgerundeter Stimmführung, während die tiefere Lage nicht so sehr ausgeprägt war.

Ebenfalls ein Rollendebüt war für Julia Borchert – bisher noch nicht im dramatischen Fach zuhause – die Brünnhilde, die sie darstellerisch mit jugendlichem Eifer ausstattete. Ihr klarer, durchgehend intonationsreiner Sopran überzeugte mit leuchtenden Farben und guter Linienführung.

Lucia Lucas/Julia Borchert

Richard Furman gefiel als Siegmund durch heldentenorale Strahlkraft („Wälse“-Rufe und das lang ausgehaltene „Wälsungenblut“) und auffallend gutes Legato-Singen in den Lyrismen. Bei ihm ebenso wie bei Noa Danon als Sieglinde (auch ein Rollendebüt) fiel die stimmlich differenzierte Gestaltung positiv auf. Mit ihrem volltimbriertem Sopran und einfühlsamer Darstellung gab die israelische Sängerin ein rundum gelungenes Rollenporträt.

Der großvolumige schwarze Bass von Johannes Stermann passte gut zur Partie des Hunding. Als Fricka im geschäftsmäßigen Hosenanzug trat Undine Dreißig auf; darstellerisch in der Auseinandersetzung mit Wotan überzeugend, konnte ihr inzwischen reichlich unruhiger, in den Registerwechseln unausgeglichener Mezzo nicht so sehr gefallen. Ausgesprochen stimmkräftig präsentierten sich die Walküren Jeanett Neumeister, Raffaela Lintl, Uta Zierenberg, Monica Mascus, Isabel Stüber Malagamba, Emilie Renard, Lucia Cervoni und Henriette Gödde.

Das Publikum war begeistert und sparte nicht mit starkem, lang anhaltendem Applaus.

Fotos: © Andreas Leander

Gerhard Eckels 01.10.2018

Weitere Vorstellungen: 14.10.+3.,23.11.2018